Eigentlich ist die Festsetzung der Höhe des Rundfunkbeitrags ganz klar geregelt. Die Sender melden selbst an, welchen Finanzbedarf sie für die kommende, vier Jahre umfassende Beitragsperiode sehen, um den von der Politik vorgegebenen Programmauftrag zu erfüllen. Eine unabhängige Kommission aus Finanzexperten, die KEF, nimmt diese Anmeldung unter die Lupe – und streicht alles, was man dort für überflüssig und überzogen hält, heraus. Daraus ergibt sich die Summe, die den Sendern verfassungsgemäß zusteht, und umgerechnet auf die einzelnen Haushalte dann die entsprechende Beitragshöhe. Heraus gekommen ist bei diesem Verfahren diesmal eine Erhöhung um 86 Cent auf 18,36 Euro.

Was noch fehlt, ist Schritt 3: Die Absegnung durch die Politik. Zwar haben die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten im Juni allesamt den neuen Staatsvertrag über die Erhöhung unterschrieben, nun müssen allerdings auch noch alle Länderparlamente einzeln zustimmen. Und ob das bis zum Jahresende geschieht, ist weiterhin unsicher. Insbesondere Politiker aus Sachsen-Anhalt sehen sich offenbar auf einer Art Basar, auf dem jeder noch schnell eine Forderung loswerden kann, die ARD und ZDF doch gefälligst zu erfüllen haben, wenn sie die Zustimmung zur Beitragserhöhung haben wollen.

Dass das gemeinsame ARD-Kulturangebot der ARD in Sachsen-Anhalt angesiedelt werden wird, kommt ja nicht von ungefähr, sondern hängt damit zusammen, dass Ministerpräsident Rainer Haseloff die Zustimmung seines Landes zur Beitragserhöhung recht unverblümt mit der Forderung einer solchen oder ähnlichen Einrichtung verknüpft hatte. Dass die ARD hier Defizite hat, ist gar nicht von der Hand zu weisen – doch nicht nur BR-Intendant Ulrich Wilhelm stieß eine solche Verknüpfung sauer auf. Der ließ im Vorfeld schon wissen, dass er hier einen „unangemessener Umgang mit der Rundfunkfreiheit“ sehe – und verweigerte schließlich als einziger in der ARD seine Zustimmung, weil man verfassungsrechtliche Grenzen ziehen und nicht überschreiten wolle. Nun gibt‘s das ARD-Kulturangebot also ohne den BR – Sachsen-Anhalt sei Dank.

Doch falls man gehofft hatte, damit sei die Kuh vom Eis, hat man sich bei den öffentlich-rechtlichen Sendern getäuscht. Erst vor kurzem ließ Sven Schulze, Generalsekretär der CDU Sachsen-Anhalts, im Zusammenhang mit einem Satire-Video von Funk, in dem es um Racial Profiling der Polizei ging, wissen, dass die Rundfunkbeitragserhöhung „jetzt erst recht nicht“ komme. Zwar ruderte er wenig später zurück und wollte es dann doch nicht so verstanden wissen, dass die Ablehnung der Beitragserhöhung etwas mit dem Video zu tun habe, sondern vielmehr mit dem Koalitionsvertrag, doch einen dumpferen Versuch der Einflussnahme auf öffentlich-rechtliche Inhalte als diese Drohung hat man trotzdem schon länger nicht mehr gesehen.

Und nun meldete sich also auch noch die Linke zu Wort. Stefan Gebhardt, parlamentarischer Geschäftsführer und Medienpolitiker der Linken im Landtag von Sachsen-Anhalt, forderte, dass die Intendanten auf eine künftige Erhöhung ihrer Gehälter verzichten, wenn die Linkspartei zustimmen soll. Das habe man in einer Videkonferenz Tom Buhrow, Karola Wille, Thomas Bellut und Stefan Raue gegenüber deutlich gemacht und warte nun offenbar auf eine entsprechende Reaktion.

Man kann nur hoffen, dass ARD und ZDF darauf nicht eingehen werden, und zwar völlig unabhängig davon, ob man die Gehälter der Intendanten nun für zu hoch hält oder nicht. Denn wo soll das hinführen? Schon dass die Ansiedlung des Kulturangebots in Sachsen-Anhalt – die an sich ja nicht in Frage zu stellen wäre – in einem unguten Zusammenhang mit den Drohungen stehen, sonst der Erhöhung nicht zuzustimmen, lässt die ARD erpressbar erscheinen. Zumindest aber sendet es das Signal in alle anderen Bundesländer: Wer nichts fordert, ist selbst schuld.

Genau dem hat das Bundesverfassungsgericht ja eigentlich einen Riegel vorschieben wollen. Denn die Politiker sind in der Frage der Zustimmung zur Beitragserhöhung nicht so frei, wie sie anscheinend zumindest in Sachsen-Anhalt glauben. Zur Erinnerung: Schon einmal waren die Länder der KEF-Empfehlung nicht gefolgt. Damals bekamen sie vom Bundesverfassungsgericht schwarz auf weiß, dass sie damit Verfassungsbruch begangen haben. Dieses Theater, das insbesondere die CDU in Sachsen-Anhalt gerade aufführt, ist dementsprechend ein angekündigter erneuter Verfassungsbruch – sehenden Auges von einer Partei, die sich sonst so gerne Recht und Ordnung auf ihre Fahnen schreibt.

Das Verfassungsgericht stellte damals unmissverständlich klar, dass eine Abweichung von der KEF-Empfehlung zwar nicht ausgeschlossen sei, "doch kommen dafür nur Gründe in Betracht, die vor der Rundfunkfreiheit Bestand haben. Programmliche und medienpolitische Zwecke scheiden, wie dargelegt, in diesem Zusammenhang aus. Die Abweichungsgründe werden sich daher im Wesentlichen in Gesichtspunkten des Informationszugangs und der angemessenen Belastung der Rundfunkteilnehmer erschöpfen", heißt es wörtlich im Urteil.

Die Politiker müssten nun also schon detailliert begründen, dass 86 Cent mehr pro Haushalt eine „angemessene Belastung der Rundfunkteilnehmer“ überschreitet oder dadurch manchen der Zugang zu Informationen verwehrt werde. Insbesondere durch die Tatsache, dass sozial besonders schwache Haushalte vom Rundfunkbeitrag ohnehin ausgenommen sind, dürfte das ziemlich schwer werden. Und die Höhe der Intendantengehälter mag zwar immer für einen Aufreger gut sein, schlägt sich in der Höhe des Rundfunkbeitrags aber nur im Bruchteil eines Cents nieder, scheidet als Begründung für eine Ablehnung also sowieso aus. Eine Verknüpfung mit anderen Forderungen, wie sie etwa mit der Ansiedlung des Kulturangebots stattfand, war per se schon nicht von der Verfassung gedeckt.

Und bevor es nun heißt, ARD und ZDF seien dann ja gar nicht zu kontrollieren: Der Politik steht es frei, den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender neu zu formulieren, ihn zu verändern und auch zu beschneiden. Das hat man auch in den letzten Jahren einmal mehr nicht umfassend getan. Nun einfach die Erhöhung des Beitrags rechtswidrig zu verweigern, ist keine Medienpolitik, sondern billiger Populismus.