Das aktuelle Filmfördergesetz läuft Ende des Jahres aus, bis Anfang 2025 muss also eine Neuregelung her. Claudia Roth, die als Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) dafür zuständig ist, hat nun in Berlin einen Entwurf basierend auf drei Säulen vorgestellt: Der Novellierung des Filmförderungsgesetzes, die schon am weitesten gediehen ist, dazu die Einführung eines Steueranreizmodells und einer Investitionsverpflichtung.

Claudia Roth sieht hier nach eigenen Aussagen die Chance auf einen "großen Wurf": "Mit dieser Reform wollen wir die Filmförderung des Bundes neu und zukunftsfähig aufstellen. Damit werden die Rahmenbedingungen für das Filmschaffen in Deutschland deutlich verbessert und der Produktionsstandort Deutschland im verschärften internationalen Wettbewerb gestärkt. Ziel ist es, den deutschen Film wie den Filmstandort Deutschland und damit die Filmbranche insgesamt hierzulande noch besser und wirkungsvoller zu unterstützen."

Lange geforderte Steuer-Anreize

Dabei will man von anderen Ländern lernen, wo man schon seit Jahren sehr gute Erfahrungen mit einem steuerlichen Anreizmodell macht. Dem Entwurf zufolge sollen künftig 30 Prozent der förderfähigen Produktionskosten steuerlich abgesetzt werden können – wobei es keine Deckelung nach oben gibt. Damit soll es gelingen, das weitere Abwandern deutscher Produktionen ins Ausland aus steuerlichen Gründen zu stoppen und idealerweise auch ausländische Produktionen anzulocken.

Claudia Roth: "Damit würde eine überjährige Förderung ermöglicht und für Filmproduktionen mehr Sicherheit und Planbarkeit geschaffen. Denn mit einem Steueranreizmodell passt sich die Höhe der Förderung dynamisch an den Förderbedarf an.  Dazu werde ich nun Gespräche mit den Ländern führen. Mit diesem Modell könnten die Länder verstärkt große deutsche wie internationale Filmproduktionen in ihre Region holen – und davon insgesamt jeweils wirtschaftlich stark profitieren." Dass die steuerliche Förderung kommen muss, darin herrscht in der Branche Einigkeit, sie wird unisono von vielen Seiten seit langem gefordert. Björn Böhning, Vorstandssprecher der Produzentenallianz, sprach angesichts dessen gegenüber der dpa von einem "Meilenstein" und einem "Booster, den die deutsche Film- und Fernsehwirtschaft braucht".

Umstrittene detaillierte Investitionsverpflichtungen

Ganz anders sieht es bei den geplanten Regelungen zur Investitionsverpflichtung aus. Sowohl in- als auch ausländische Betreiber von Mediendiensten sollen 20 Prozent des hierzulande damit erzielten Umsatzes wieder in europäische Produktionen investieren. Dabei gilt es auch noch eine Reihe an Subquoten zu erfüllen: Mindestens 70 Prozent davon sollen in deutscher Sprache sein, bei mindestens 60 Prozent soll es sich um neue Produktionen handeln, mindestens 15 Prozent davon sollen in Kinofilme gehen, mindestens 70 Prozent sollen an Produktionsfirmen gehen, die vom Auftraggeber unabhängig sind, wobei hier auch noch ein Rechterückbehalt für die Produktionsfirmen gesetzlich vorgeschrieben werden soll.

Daran stört sich VAUNET als Verband privater Sender und Plattformen - sowohl an der Höhe insgesamt, vor allem aber auch an den detaillierten Regelungen mit Subquoten. "Die heute von der BKM vorgestellten Vorschläge sind unausgewogen und lassen wiederholt die Anliegen der privaten Medienanbieter als wesentlichen Teil der Wertschöpfungskette weitgehend unberücksichtigt", heißt es in einer Mitteilung. "Auch auf Sender- und Streaming-Seite besteht die erhebliche Gefahr einer Vielfaltsgefährdung, wenn Anbieter ihre Investitionen in einem sich entwickelnden, hochintensiven Wettbewerbsmarkt der Abrufangebote nicht mehr wirtschaftlich nachhaltig gestalten können." Sprich: Man erwartet, dass sich manch Anbieter eher ganz aus Deutschland zurückziehen würde als diese Regelungen zu erfüllen.

Das Gesetz würde aus VAUNET-Sicht "tief in die Angebotshoheit der betroffenen Anbieter eingreifen" und den Filmstandort Deutschland auch nicht nach vorne bringen. "Eine Investitionslenkung mit mehr Bürokratie und (Über-)Regulierung ist kontraproduktiv und verkennt die Marktrealitäten.“ Und weiter: „Auf zusätzliche, in den Entwürfen ebenfalls vorgesehene Belastungen der Rundfunkanbieter durch Begrenzung des eigenen Finanzierungsanteils an steuerbegünstigten Filmvorhaben oder durch Abschaffung der höchst effektiven Medialeistungen zur Bewerbung von Kinofilmen sollte verzichtet werden."

Bündelung bei der Filmförderungsanstalt

Bleibt noch ein Blick auf die geplante Novelle des FFG. Hier soll die Filmförderung des Bundes unter dem Dach der Filmförderungsanstalt FFA gebündelt werden, was das ganze Verfahren übersichtlicher machen dürfte. Die FFA wird künftig sowohl die abgabefinanzierte Förderung nach dem FFG als auch die steuerfinanzierte jurybasierte Filmförderung durchführen, die insbesondere die kulturelle Filmförderung umfasst. Die Förderung soll unabhängig, transparent und effizient sein. Wesentliche Neuerungen sind dabei die Konzentration des FFG auf die drei Förderbereiche Produktion, Verleih und Kino bei weitgehender Automatisierung der Förderinstrumente. Zudem gibt es eine stärkere Verankerung von Diversität und Inklusion.

Kinos sehen sich benachteiligt

Kritik kommt auch von Christian Bräuer, Vorstand der AG Kino-Gilde: "Der Reformentwurf kommt zum richtigen Zeitpunkt, ist aber in dieser Form für die Kinos völlig unzureichend. Nach unserem derzeitigen Kenntnisstand findet eine massive Verschiebung von Kino zu Streaming und TV statt. Die Produktion erhält unbegrenzte Mittel und wird von Verpflichtungen entbunden, während die essenzielle Rolle der Kinos in der kulturellen Landschaft nicht nur vollkommen vernachlässigt wird, sondern Schutz und Förderung sogar abgebaut werden sollen. Das kann und wird nicht funktionieren!"

Zwar sei ein ganzheitlicher Ansatz richtig, zum Erhalt deutscher Filmkultur seien aber Kinos bei der Allokation öffentlicher Mittel stärker zu berücksichtigen, die das Fundament für den Erfolg von Filmkunst bilden würden. "Das Ungleichgewicht im Reformentwurf ist nicht nachhaltig – es ist, als würde man nur den Bau von Elektroautos fördern, ohne sich um Ladesäuleninfrastruktur und Straßennetze Gedanken zu machen", so Bräuer. Und weiter: "Die noch offene Lücke in der kulturellen Filmförderung – der vierten Säule der angestrebten Reform der Bundesfilmförderung – muss nun dringend geschlossen werden, um Klarheit zu schaffen. Sollte auch hier eine Schwächung der Kinos erfolgen, sehen wir das Reformvorhaben insgesamt mit großer Sorge." Konret fordert man eine planbare Investitionsförderung, eine verlässliche Programmförderung und verbindliche Auswertungsfenster für Kinos.

Wie geht's weiter?

Während es sich bei der Novelle des FFG bereits um einen Referentenentwurf handelt, der nun ins Gesetzgebungsverfahren gehen kann, handelt es sich bei Steueranreizmodell und Investitionsverpflichtungen noch um "Diskussionsentwürfe" - und besonders in letzterem Fall gibt es augenscheinlich noch einiges zu diskutieren.