Für seinen ersten öffentlichen Auftritt als CEO von ProSiebenSat.1 hat sich Bert Habets das Mediensymposium der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) ausgesucht. Dort, vor Vertretern aus Politik, Medien und Aufsicht, hielt Habets am Mittwoch eine Keynote, deren Kernaussage auch den ARD-Vorsitzenden überraschte. „Da hat er echt einen rausgetan“, sagte Kai Gniffke in der anschließenden Podiumsdiskussion und meinte Habets' Vorschlag, die hauseigene Streamingplattform Joyn zum zentralen Dreh- und Angelpunkt der öffentlich-rechtlichen und privaten Medienanbieter in Deutschland zu machen.

Habets greift einen Gedanken auf, der in Unterföhring schon in der Vergangenheit verfolgt wurde. Doch vor dem Hintergrund der Debatte um die Zukunft von ARD und ZDF, die zuletzt an Fahrt aufnahm, sieht der neue starke Mann bei ProSiebenSat.1 offenbar eine gute Gelegenheit, um es noch einmal zu versuchen. „Die Idee einer branchenverbindenden Plattform ist nicht neu“, räumte der CEO in Berlin ein. „Doch der Zeitpunkt ist günstiger denn je. Und der Grundstein ist mit Joyn schon gelegt.“ Habets weiter: „Wir haben mit Joyn die Entwicklung eines Streamingdienstes 'made in Germany' in der Hand. Zusammen können wir für Vielfalt und Qualität stehen.“

Kai Gniffke © SWR/Patricia Neligan Kai Gniffke
Zugleich zeigte sich Bert Habets offen für Gespräche und kündigte an, das Joyn-Angebot erweitern zu wollen. „Und das Schöne am Markennamen: Joyn steht für das Gemeinsame“, erklärte er in seiner Keynote. Der ARD-Vorsitzende Kai Gniffke machte wenig später deutlich, einer gemeinsamen Plattform einiges abgewinnen zu können. „Das finde ich einen großartigen Gedanken“, erklärte Gniffke und schon schmunzelnd hinterher: „Hätte fast von mir sein können.“ Einen Schulterschluss mit den Privaten hält Gniffke offenbar vor allem mit Blick auf die internationale Konkurrenz für denkbar. „Wir haben nur eine Chance, wenn wir eher in Richtung Kooperation denken“, sagte er.

In seiner Rede forderte Habets zuvor aber auch eine Reform von ARD und ZDF. „Wer Geld von fast jedem Haushalt bekommt, muss sich fragen lassen dürften, wie er das Geld ausgibt und natürlich auch, ob effizient damit gewirtschaftet wird.“ Er sei „fest überzeugt, dass wir einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk brauchen“, wichtig sei jedoch, dass die Politik nun die Weichen stelle. Der kürzlich vorgestellte Zukuftsrat sei ein „guter erster Schritt“, erklärte Habets. „Ich hoffe, dass der Zukunftsrat mutig genug ist, wirklich out of the box zu denken. Dafür sollte der Rat auch nicht mit vorgefertigten Denkverboten starten.“

Man selbst wolle sich in den offenen Dialog einbringen, „denn im dualen System hat jede Veränderung an einer Säule Auswirkungen auf die andere Säule und damit auf die Vielfalt in unserem Land“, sagte Habets – und liefert mit dem Vorschlag, Joyn weiter zu öffnen, einen ersten konkreten Vorschlag. Gleichwohl stellt sich die Frage, wie viel andere Anbieter dem Gedanken abgewinnen können. Das ZDF steht schon einer gemeinsamen öffentlich-rechtlichen Mediathek kritisch gegenüber und RTL Deutschland verfolgt seit Jahren das Ziel, mit RTL+ einen eigenständigen Netflix-Konkurrenten aufzubauen, der jüngst auch um Musik und Hörbücher angereichert wurde.

ProSiebenSat.1-CEO Bert Habets stellte indes auf dem Mediensymposium klar, dass es ihm „in Summe nicht um Wettbewerb zwischen Privaten und Öffentlich-Rechtlichen“ gehe. „Es geht um den Wettbewerb gegen die Flut der Desinformation.“ Zusammen könne man „einen verlässlichen Gegenpol bilden“. Habets: „Je mutiger wir sind, desto besser sind die Chancen auf gemeinsamen Erfolg.“