Es gibt einen neuen Spitzenreiter in unserem Frische-Index: Erstmals haben wir nicht für einen öffentlich-rechtlichen Sender, sondern für RTL die geringste Wiederholungsquote im Abendprogramm zwischen 20:15 Uhr und Mitternacht ermittelt. Für unseren Frische-Index werten wir für jeden Tag des Jahres den Anteil des Programms aus, der aus Erstausstrahlungen oder Free-TV-Premieren besteht. Bei RTL war das bei 88 Prozent des Abendprogramms der Fall, womit sich der Anteil im Vergleich zum Vorjahr sehr deutlich um 9 Prozentpunkte erhöhte.

An der Spitzenposition änderte sich auch dadurch nichts mehr, dass man im Dezember deutlich zurückhaltender war als noch ein Jahr zuvor - was freilich teils auch an der Fußball-Weltmeisterschaft lag, gegen die man in der Regel Wiederholungen zeigte. Dieses Bild zeigt sich übrigens annähernd quer durch die Senderlandschaft - auch beim Ersten und dem ZDF, die an spielfreien Abenden ebenfalls nur Wiederholungen zeigten. Aufs Jahr gesehen behielten das ZDF und Das Erste ihren Wiederholungs-Anteil annähernd unverändert bei 84 bzw. 81 Prozent bei, rutschten damit aber nun auf die Plätze 2 und 3 ab. Dass RTL so stark auftrumpfte lag vor allem daran, dass man anstelle von Wiederholungen lieber Info-Programme sendete.

Die beiden großen Privatsender von Seven.One Entertainment spielten eine ganze Liga tiefer, sie kamen auf Jahressicht gleichauf auf rund 54 Prozent Frische-Anteil. Die Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr blieben in überschaubarem Rahmen, ProSieben zeigte etwas weniger Wiederholungen, Sat.1 minimal mehr. Auch bei Vox gab's nur wenig Bewegung, der Frische-Anteil steigerte sich leicht auf 42 Prozent, das Schlusslicht bildete wie üblich Kabel Eins, das nur rund ein Viertel seines Abendprogramms mit frischen Inhalten befüllte. Dort sind weiterhin häufig ältere Spielfilme zu sehen - und auch im US-Serien-Bereich setzt man eher auf das Konzept, bekannte Serien zu wiederholen statt mit neuen Serien um Aufmerksamkeit kämpfen zu müssen.

RTLzwei fiel im Jahr 2022 nun knapp unter die Marke von einem Drittel frischem Primetime-Programm, der Frische-Anteil lag bei 31 Prozent. Im Dezember fuhr der Sender wie kein zweiter seinen Frische-Anteil zurück, er fiel hier auf marginale 4 Prozent, weil man erst während der WM-Wochen kein neues Programm verpulvern wollte und dann vor Weihnachten lieber auf bekannte Filme setzte - und das aus Quotensicht durchaus mit Erfolg.

    FIX-Punkte
Dezember 2022
Vergleich zum
Vormonat
Vergleich zum
Dezember 2021
Jahresschnitt '22
(vs 01-12/21)
ZDF 75 von 100 -18 -20 84
(+0)
Das Erste 74 von 100 -14 -9 81
(+0)
RTL 69 von 100 -5 -18 88
(+9)
ProSieben 46 von 100 -1 -13 54
(+3)
Sat.1 42 von 100 -23 -13 54
(-1)
VOX 18 von 100 -5 -23 42
(+2)
kabel eins 14 von 100 -6 +1 25
(+1)
RTLzwei 4 von 100 -13 -16 31
(-2)

Frische-Index-Verlauf bis Dezember 2022

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Quelle: DWDL.de-Recherche
dwdl.de/zahlenzentrale

Zum Schluss wie immer ein paar Anmerkungen zu den Daten: Über die Qualität des Programms sagt der Anteil der Erstausstrahlungen natürlich nicht unbedingt etwas aus, doch es ist trotzdem eines von mehreren Indizien, mit welchem Aufwand ein Programm derzeit betrieben wird. Zu beachten ist zudem: Der Frische-Index gibt einen Trend an, bildet die Situation aber nicht ganz genau ab. So gibt es beispielsweise einen systembedingten "Nachteil" für Das Erste und das ZDF: Aufgrund der Werbefreiheit müssen sie mehr eigenes Programm produzieren, um die Zeit zu füllen, während die Privatsender einen gar nicht so geringen Teil des Abends mit Werbeblöcken füllen. Eine Stunde Erstausstrahlung ohne Werbung im Ersten haben wir aber genauso gewertet wie eine Stunde Erstausstrahlung bei den Privaten mit Werbung. Dazu kommt, dass einige Privatsender tendenziell etwas weniger Werbung zeigen als andere - so etwa Vox, das Serien anders als beispielsweise RTL nicht immer bis zu einer festen Anfangszeit um "viertel nach" streckt.