Für den Journalismus in Österreich ist das Jahr 2022 kein einfaches gewesen. Im Pressefreiheits-Ranking von Reporter ohne Grenzen ist das Land von Platz 17 auf den 31. Rang abgerutscht. Zeitungen geraten wegen hoher Papierkosten unter Druck. Sowohl Online als auch im TV gibt es zweifelhafte Angebote, die am äußersten rechten Rand nach Klicks und Zuschauenden fischen. Zuletzt mussten auch noch zwei alteingesessene Chefredakteure im ORF und bei der "Presse" ihren Hut nehmen, weil ihre Chats mit Politikern öffentlich wurden und diese sie in keinem guten Licht dastehen ließen. Und dann gibt es da ja auch noch einen bekannten Boulevard-Verleger, der erneut strafrechtlich verurteilt wurde. 

Zum Glück aber gibt es eine Journalistin, die einen nicht mit peinlichen Schlagzeilen in eigener Sache belästigt: Corinna Milborn. 

Die 49-jährige Journalistin ist das Aushängeschild der privaten Sendergruppe ProSiebenSat.1Puls4 und schon seit 2012 im Unternehmen. Ein Jahr später wurde sie Informationsdirektorin der Gruppe. Das ist sie, neben ihren Tätigkeiten on Air, bis heute. Und egal ob Bundespräsidentenwahl mit kuriosen Bewerbern, die nächsten Wechsel in der Regierung, die Impfpflicht, die erst eingeführt und dann doch wieder abgeblasen wurde, oder der bereits angesprochene Verleger, der seine Position gegenüber früheren Mitarbeiterinnen missbrauchte: All das verhandelt Corinna Milborn bei Puls 4 und dem dazugehörigen Nachrichtensender Puls 24 in verschiedenen Sendungen. Im Wechsel mit Kolleginnen und Kollegen präsentiert Milborn unter anderem das Diskussionsformat "Pro & Contra" (zuletzt aus einem besetzten Uni-Hörsaal), mit "Milborn" gibt es ein weiteres Talk-Format, das sogar ihren Namen trägt. All das macht sie zu einer der wohl wichtigsten und bekanntesten Journalistin in Österreich, außerhalb des ORF trägt sie diesen inoffiziellen Titel ohne Wenn und Aber.

Corinna Milborn ist aber eben nicht nur auf dem TV-Bildschirm präsent. Als Infochefin ihrer Sendergruppe ist sie maßgeblich für den Auf- und Ausbau des noch recht jungen Nachrichtensenders Puls 24 verantwortlich. Dieser startete erst im September 2019, aufgrund der Corona-Pandemie konnte die Reichweite aber schnell signifikant gesteigert werden. Vergleiche mit der Boulevard-Konkurrenz von oe24.TV hört man bei der Sendergruppe nicht gern, liegen aber dennoch nahe, schließlich handelt es sich dabei auch um einen News-Sender im weiteren Sinne. Noch liegt Puls 24 aus Quotensicht hinter der Konkurrenz, oe24.TV ist aber auch schon einige Jahre länger auf Sendung. Vor allem beim jungen Publikum agiert Puls 24 mittlerweile immer öfter auf Augenhöhe und erreicht durchschnittlich fast 1,0 Prozent Marktanteil. Das ist natürlich auch ein Verdienst von Corinna Milborn, die den Sender auf Seriosität und Aktualität getrimmt hat - und weniger auf Clickbait bzw. Effekthascherei. Und während man sich bei der Konzern-Mutter in Unterföhring müht, den deutschen Sendern einen Info-Anstrich zu verpassen, ist das in Österreich längst Realität. 

Seit April dieses Jahres kooperiert Puls 24 mit CNN und bietet diverse Inhalte des News-Senders an, um vor allem internationale Themen so besser covern zu können. Als oe24.TV im Jahr 2016 an den Start ging, tönte Verleger Wolfgang Fellner noch, der Sender solle ein österreichisches CNN werden. Heute könnte der Kanal nicht weiter von diesem Ziel entfernt sein - im Gegensatz zu Puls 24, das auch immer mal wieder Ausrufezeichen setzt, die für Diskussionen sorgen. Einen großen Aufschlag legte man etwa im Mai dieses Jahres hin, als man den ehemaligen FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache nach Ibiza verfrachtete, wo ihn Corinna Milborn in der Oligarchen-Villa interviewte, in der er sich einige Jahre zuvor um Kopf und Kragen redete. Das vor drei Jahren öffentlich gewordene Video kostete Strache bekanntlich seine Karriere und brachte die damalige Bundesregierung zu Fall. Aus Quotensicht war der Ibiza-Abend für Puls 24 ein voller Erfolg (DWDL.de berichtete), journalistischer Scoop inklusive.

Wie uneitel Milborn (im Gegensatz zu einigen ihrer Kollegen) ist, zeigt sich übrigens bei einem kurzen Blick auf ihre Webseite. Dort hat die Journalistin Auszeichnungen aufgelistet, die sie in der Vergangenheit erhalten hat. Der letzte Eintrag datiert aus dem Jahr 2014. Danach hat Milborn aber viele weitere Preise eingeheimst. Alleine in diesem Jahr die Romy sowie den Axel-Corti-Preis. In beiden Fällen überschlagen sich die Jurorinnen und Juroren mit Lob: Milborn trete für Demokratie und Pressefreiheit ein und wolle die Gesellschaft nachhaltig verbessern. Sie setze sich zudem gegen Fake News und für seriösen Journalismus ein und sei das "journalistische Aushängeschild einer konsequenten Informationsoffensive der Sendergruppe". Und weiter: Corinna Milborn stehe für "vertrauenswürdige, glaubwürdige und faktenbasierte Information im Dienste der Aufklärung".

Dass Österreich im Pressefreiheitsindex von Reporter ohne Grenzen (RoG) so weit abgerutscht ist, dürfte Milborn schmerzen. In ihrer Rolle als stellvertretende RoG-Präsidentin trug sie die bitteren Ergebnisse vor einigen Monaten vor und legte schonungslos offen, wo es in Österreich hapert - und erklärte auch, was andere Länder besser machen. "Ohne Journalismus wären wir dem ausgeliefert, was Mächtige verschleiern wollen", erklärte Milborn in ihrer Romy-Rede. Und verschleiern wollten in Österreich in den vergangenen Jahren viele Personen, allen voran Politikerinnen und Politiker. Zuletzt konnte man den Eindruck bekommen, dass sich einige Journalisten mit der zweifelhaften Situation im Land angefreundet und es sich mit ihr sogar gemütlich gemacht haben - und vielleicht sogar vom System profitieren. Nicht aber Corinna Milborn, bei der kein Zweifel daran besteht, dass sie gegen Filz Freunderlwirtschaft und sonstige Missstände in Politik und Medien ankämpft.