"Die Dinge sind ernst", ließ RTLzwei-Geschäftsführer Andreas Bartl am Mittwoch anlässlich der Roadshow des Vermarkters El Cartels ausrichten. Und: "Akuten Anlass zur Heiterkeit sehen wir nicht." Bartl bezog sich auf die aktuelle Krisensituation in der Welt – doch auch sein Sender befindet sich derzeit keineswegs in einfachem Fahrwasser. Die Zurückhaltung der Werbekunden sorgt auch in Grünwald für Anspannung und die rückläufigen Quoten, die jüngst in bittere Flops zweier Neustarts mündeten, drücken ebenfalls auf die Stimmung. Dennoch gab sich Bartl optimistisch und sagte, man habe sich "Gelassenheit und Entspanntheit verordnet".

Die war dann auch tatsächlich bei der Roadshow zu spüren, die allerdings streng genommen gar keine war, immerhin begaben sich die Verantwortlichen von El Cartel um Geschäftsführer Stephan Karrer gar nicht auf Reisen, sondern gewährten Agenturen und Werbekunden erneut in einem Livestream vom Senderstandort einen Einblick in die Programmpläne der nächsten Monate. Das Reisen überlässt man lieber Joey Kelly, den das Publikum demnächst bei seinem Trip auf der Panamericana im Programm von RTLzwei begleiten kann – gewissermaßen eine echte Roadshow, ebenso wie das anstehende "Grip"-Jubiläum.

Abseits davon ging es bei El Cartel am Mittwoch unter anderem um den Retro-Trend, der schon bald auch bei RTLzwei greifbar sein wird. "Alles Gute kommt wieder – nur besser", lautet das Motto, an dem sich der Sender wird messen müssen. Und zwar voraussichtlich schon im Dezember, wenn das "Glücksrad"-Comeback mit Thomas Hermanns und Sonya Kraus in der Primetime sein Comeback feiern soll. Erst nach dem Jahreswechsel sollen dann auch die bereits im Sommer angekündigten neue Ausgaben von "Genial daneben" mit Hugo Egon Balder folgen.

Stephan Karrer © RTLzwei/Magdalena Possert Stephan Karrer
In "herausfordernden Zeiten" wie diesen biete der Nostalgiefaktor "Geborgenheit und erinnert an vermeintlich bessere Zeiten", begründete El-Cartel-Chef Stephan Karrer den Schritt hin zu mehr Familienunterhaltung mit bekannten Marken beim sonst so jung positionierten RTLzwei. Vor diesem Hintergrund ist wohl auch die Rückkehr des "Trödeltrupps" zu sehen, der bereits in den Startlöchern steht. Und mit den neu produzierten Folgen von "X Factor" mit Jonathan Frakes reaktiviert der Sender pünktlich zu Halloween eine weitere bekannte Marke, zu der auch noch ein Podcast entwickelt wurde.

Zu den Neustarts zählt im kommenden Jahr außerdem eine Adaption der "Hollywood Game Night", die über einige Jahre hinweg erfolgreich beim US-Sender NBC zu sehen war und inzwischen in 19 Ländern läuft. Darin spielen zwei Teams, bestehend aus Promis und jeweils einem "Normalo", in mehreren Runden gegeneinander. Ebenfalls neu angekündigt wurden die "Promi-Schnäppchenhäuser", bei denen unter anderem Reality-Star Matthias Mangiapane mitwirken wird. Und Cathy Hummels, die auch die Roadshow präsentierte, wird nicht nur eine weitere Staffel des "Kampfs der Realitystars" moderieren, sondern sich auch in einer eigenen Dokusoap begleiten lassen. Am Mittwoch versprach sie schon mal "die ungeschminkte Wahrheit – im wahrsten Sinne des Wortes".

Neue Formate für den Vorabend

Mit neuen Formaten will RTLzwei darüber hinaus auch am Vorabend punkten, wo man mit "Mieten Kaufen Live" gerade erst einen weiteren Flop hinnehmen musste. Größere Hoffnungen setzt man in die "Südklinik am Ring", die ab der kommenden Woche übernimmt. Dazu kommt im nächsten Jahr der Start von "Music Drive In", einem skurrilen Musik-Format, das seinen Ursprung in Südkorea hat und unter anderem mit Guildo Horn das deutsche Publikum begeistern soll (DWDL.de berichtete). Weitere Vorabend-Neustarts für 2023 sind "Übern Zaun", eine Dokusoap über Nachbarn, und "Die Holiday-Crew", die auf unterhaltsame Weise deutsche Reiseziele unter die Lupe nimmt.

Bemerkenswert ist jedoch auch, was bei der Roadshow von El Cartel kaum eine Rolle spielte: Die einst das Programm dominierenden Sozial-Reportagen fanden keine Erwähnung. Stattdessen machte die ernste Seite, die RTLzwei in der jüngeren Vergangenheit gerne bei solchen Veranstaltungen nach außen stellte, Platz für Eskapismus. Es ist wohl der Versuch, eine Antwort zu finden auf die ernsten Zeiten, die nicht nur Senderchef Andreas Bartl umtreiben.