Die Vorwürfe über Vetternwirtschaft kosten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk die nächste Führungsperson das Amt: Sabine Rossbach, seit 2010 als Direktorin an der Spitze des NDR-Landesfunkhauses Hamburg, lässt in den kommenden Wochen ihre Arbeit dort zunächst ruhen, bis die Prüfergebnisse der im Raum stehenden Vorwürfe vorliegen. Doch auch darüber hinaus werde sie nicht dauerhaft auf ihre Position zurückkehren, wie es in einer Mitteilung des NDR heißt.

Das dürfte vor allem damit zu tun haben, dass sich die Belegschaft gegen sie gestellt hat: In einem Offenen Brief an NDR-Intendant Joachim Knuth bezeichneten sie nicht nur die öffentlich gewordenen Vorwürfe der Vetternwirtschaft als "schwerwiegend", sondern widersprachen auch "ausdrücklich" ihrer Einlassung, die Redaktion sei frei in ihrer Entscheidung gewesen, die fraglichen Beiträge zu senden. Obendrein wurde ein "Klima der Angst" und das fehlen von Diskussionen auf Augenhöhe bemängelt. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit könne man sich nicht mehr vorstellen, so die 70 Unterzeichnerinnen und Unterzeichner.

"Business Insider" hatte den Stein mit einem Bericht ins Rollen gebracht, dass sie Themen der PR-Agentur ihrer älteren Tochter in NDR-Sendungen platziert habe. Wie der NDR auch selbst berichtet, seien von ihr Mails mit Anmerkungen wie "Mit der Bitte um Berichterstattung" weitergeleitet worden seien, was Redaktionsmitglieder als "klaren Auftrag" verstanden hätten. Im Fall ihrer jüngeren Tochter wird zudem kritisiert, dass diese eine Festanstellung bei NDR Kultur erhalten habe. Die Anti-Korruptionsbeauftragte des NDR prüft die Vorgänge derzeit.

Rossbach bestreitet nicht, dass sie auch Themenangebote der PR-Agentur ihrer Tochter weitergeleitet habe, betont aber, dass sie das genauso auch mit Angeboten anderer Agenturen und Veranstalter gemacht habe. "Zu keinem Zeitpunkt habe ich Redaktionen aufgefordert, gegen journalistische Standards zu entscheiden", so Rossbach. Und weiter: "Sollte in der Redaktion der Eindruck entstanden sein, dass die Kunden meiner Tochter bevorzugt behandelt werden sollen, bedaure ich das." Am Einstellungsverfahren ihrer jüngeren Tochter sei sie nicht beteiligt gewesen und habe auch keinen Einfluss genommen.

Doch unabhängig wie das Ergebnis der Prüfung ausfällt scheint das Verhältnis zwischen Rossbach und der Redaktion so zerrüttet, dass ein Weiter-so keine Option mehr war. Nun übernimmt zunächst Ilka Steinhausen die kommissarische Leitung. Sie war bislang Rossbachs Stellvertreterin und ist zugleich Hörfunkchefin von NDR 90,3. Bei Steinhausen liegt damit nun auch die journalistische Verantwortung für alle Programme.

Steinhausen verantwortet zudem gemeinsam mit der stellvertretenden Intendantin Andrea Lütke die Aufklärungsprozesse. Zusätzlich zur Untersuchung durch die Anti-Korruptionsbeauftragte des NDR soll ein unabhängiges Team aus Kolleginnen und Kollegen außerhalb des Hamburger Funkhauses die journalistische Aufarbeitung der im Raum stehenden Fälle und der redaktionellen Abläufe vornehmen.

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Sabine Rossbach ist seit 1981 für den NDR tätig, zunächst als freie, später als festangestellte Mitarbeiterin bei NDR2. 1998 wurde sie stellvertretende Direktorin und Leiterin des Programmbreichs Fernsehen im NDR-Landesfunkhaus Mecklenburg-Vorpommern, seit Oktober 2010 ist sie nun Direktorin des NDR-Landesfunkhauses Hamburg. Seit September 2016 fungierte sie gleichzeitig auch als Programmchefin des "Hamburg Journals".