Mit zwielichtigen Deals und fragwürdigem Verhalten hat RBB-Intendantin Patricia Schlesinger in den vergangenen Wochen nicht nur beim Rundfunk Berlin-Brandenburg für Unruhe gesorgt. Die Meldungen über die Fehltritte der Intendantin und die zögerliche Aufklärung kratzten zunehmend auch am Image der ARD, der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands. In den anderen ARD-Anstalten wuchs - zuletzt nicht mal mehr nur hinter vorgehaltener Hand - der Unmut über das Bild, welches die ARD abgibt, weil Schlesinger nicht nur RBB-Intendantin ist sondern seit Januar auch als ARD-Vorsitzende den Verbund als Ganzes vertreten soll.

Angesichts der im Raum stehenden Vorwürfe und der Zeit für die benötigte Aufklärung, sei es - ganz frei von Befindlichkeiten, wie Beteiligte betonen - unmöglich von Patricia Schlesinger zu erwarten, die medienpolitischen Aufgaben als ARD-Vorsitzende weiter wahrzunehmen. Der Rückhalt innerhalb der ARD bröckelte mit jeder neuen Schlagzeile ein Stück weit mehr. Und noch am Donnerstagabend soll das Theater ein Ende bekommen, wenn auch nur ein vorläufiges. Nach Informationen des Medienmagazins DWDL.de verbrachte die Runde der ARD-Intendantinnen und -intendanten den Donnerstag mit einer Terminfindung für eine dringliche Telefonschalte noch am heutigen Abend.

In dem Telefonat erwarten mehrere Intendantinnen und Intendanten der ARD nach DWDL.de-Informationen den Rücktritt von Schlesinger im Amt der ARD-Vorsitzenden, um einer Abwahl durch das Gremium zuvor zu kommen und damit weiteren Image-Schaden von der ARD abzuwenden. Unklar ist, ob das mit sofortiger Wirkung geschieht und wie die Nachfolge geregelt wird. Ebenso ist nicht klar, ob Patricia Schlesinger auch von ihrem Amt als RBB-Intendantin zurücktreten wird. Fürsprecherinnen und Fürsprecher wird sie dafür nach Einholung der Stimmungslage in diversen ARD-Anstalten zwar kaum haben, doch das ist keine Entscheidung, die der Intendanten-Runde obliegt.

"System aus gegenseitigen Gefälligkeiten"

Ins Rollen geraten war die Debatte um Schlesinger nach mehreren Berichten von "Business Insider". Das Springer-Magazin hatte über ein "System aus gegenseitigen Gefälligkeiten" zwischen der RBB-Intendantin und dem RBB-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf berichtet, der sein Amt derzeit ruhen lässt. In seiner Funktion als Aufsichtsratschef der Messe Berlin habe Wolf Schlesingers Ehemann "lukrative Aufträge" zugespielt, so der Vorwurf.

Darüber hinaus geht es um das geplante Digitale Medienhaus des RBB, das bis 2026 verwirklicht werden soll. Auch hier stehen Vorwürfe gegen den RBB im Raum, die sich unter anderem auf die Beschäftigung von Beratern für das millionenschwere Immobilienprojekt beziehen. In diesem Fall hatte der Sender kürzlich eine vorläufige Unterbrechung der Planungs- und Umsetzungsarbeiten beschlossen. "Alle sollen sicher sein, an einem zweifelsfrei korrekt aufgesetzten Projekt mitzuwirken", erklärte Schlesinger den radikalen Schritt vor wenigen Wochen.

Die Liste der Vorwürfe gegen die Intendantin ist aber noch länger. So geht es etwa um dienstliche Abendessen, die Patricia Schlesinger in ihrer privaten Wohnung veranstaltet haben soll. Und neuerdings steht auch noch ihr Dienstwagen im Zentrum der Kritik, den sie laut "Business Insider" auch nicht nur dienstlich in Anspruch genommen haben soll. In dem Bericht ist die Rede von einem Audi mit Massagesitzen im Wert von 145.000 Euro, der zum sogenannten "Regierungspreis" angemietet worden sein soll. Demnach soll der Autohersteller ihr einen Nachlass von fast 70 Prozent gewährt haben – wohl auch in der Hoffnung, im Gegenzug einen Marketingeffekt zu erzielen.

"Wir sind froh, dass wir den Dienstwagen der Intendantin, der in Wirklichkeit ihr zweites Büro ist, auf diese Weise vergleichsweise günstig finanzieren können", rechtfertigte der RBB das Vorgehen und sprach von einem "branchenüblichen Firmenrabatt". Doch selbst wenn dem so sein sollte - dem ohnehin angekratzten Vertrauen in die RBB-Intendantin haben die jüngsten Recherchen ganz sicher nicht geholfen.

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