Es braucht keine zwei Sekunden, bis der erste Bagger im Bild ist. Und kaum länger dauert es, bis auch der Letzte vor dem Fernseher verstanden hat, dass sich RTL an diesem Samstagabend mehr oder weniger dreist an einer Kopie von "Wetten, dass..?" versucht. "Was braucht man für eine amtliche Wetten-Show?", fragt Guido Cantz direkt zu Beginn und arbeitet sogleich seine Strichliste ab: Bagger, Brille, Buntstifte, blonde Haare – alles da, kann also losgehen.

Aber kann das auch was werden?

Ea entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet jener Sender, der sich vor mehr als einem Jahrzehnt anschickte, die Samstagabend-Unterhaltung zu revolutionieren und mit Quoten-Hits wie "Deutschland sucht den Superstar" und "Das Supertalent" am TV-Denkmal "Wetten, dass..?" sägte, nun mit einer Show namens "Ich setz auf Dich" um die Ecke kommt, in der nichts passiert, was man so nicht auch im offensichtlichen, jüngst mit großem Erfolg wiederbelebten ZDF-Vorbild mit Thomas Gottschalk hätte erwarten können.

Da ist etwa Heiko Hügel aus Hannover – ja, der Mann heißt wirklich so -, der behauptet, 20 unterschiedliche Matratzen erkennen zu können, indem er sich schlicht ein paar Minuten lang auf ihnen hin- und herwälzt. "Eine unglaubliche Wette", schwärmt Cantz, auch wenn der Mann als Besitzer eines Bettengeschäfts von Haus aus einige Expertise in diesem Segment mitbringt. Glücklicherweise kann sich die neue Show in den folgenden drei Stunden noch steigern.

Allzu viel Neues kann "Ich setz auf Dich" dem Genre trotzdem nicht hinzufügen. So bringt ein sportlicher junger Mann nach einem Sprung auf dem Trampolin zehn Luftballons mit Dartpfeilen zum Platzen, und am Ende der Show treten zwei Frauen auf, die Liebeslieder nur anhand von für den Bruchteil einer Sekunde eingespielten "Love"-Schnipseln erraten. Zwischendrin ertasten zwei junge Eltern ein paar Kinderfiguren mit ihren Füßen und natürlich darf auch besagter Bagger nicht fehlen. Den steuert an diesem Abend ein Mann namens Giovanni, dessen Aufgabe es ist, mit der Baggerschaufel einen Tisch zu decken.

Ein anderer Mann brät derweil ein Spiegelei, indem er eine Pfanne aus dem Fenster seines auf nur zwei Reifen fahrenden Autos über eine riesige Gasflamme hält. Das ist nett anzusehen, wirkt vor dem Hintergrund der Gas-Krise aber etwas deplatziert. Am beeindruckendsten ist zweifelsohne der spätere Sieger, der als stärkster Rollstuhlfahrer der Welt gilt und einen in Regenbogen-Farben geschmückten Truck mit 50 Personen an Bord zieht – ein schönes Detail an diesem Kölner Pride-Wochenende.

Mario Barth statt Udo Lindenberg

Gewiss, Constantin Entertainment hat für RTL eine sehr ansehnliche Show produziert, die noch dazu mit einem ordentlichen Tempo zu gefallen weiß. Und doch wirkt "Ich setz auf Dich" immer wieder wie eine Spar-Version von "Wetten, dass..?", zumal eben nicht ABBA, Udo Lindenberg und Helene Fischer die Premieren-Show schmücken, sondern im Promi-Panel mit Motsi Mabuse, Sonja Zietlow und Mario Bath die üblichen Verdächtigen sitzen, die man ohnehin auf den Fluren der MMC-Studios vermutet hätte.

Ein Pluspunkt im Vergleich zum Original ist allenfalls das Spielen mit echten Wetteinsätzen: Vor jeder Wette müssen sich die Promis entscheiden, wie viel Geld sie auf den möglichen Sieg des nächsten Kandidaten oder der nächsten Kandidatin setzen wollen. Liegen sie richtig, steigt der Kontostand für den guten Zweck. Liegen sie falsch, wird die Kohle abgezogen. Doch das war's dann auch schon mit neuen Impulsen für altbekannte Show-Idee, bei der am Ende nicht der Wettkönig ermittelt wird, sondern der Liebling des Abends. Den bestimmt übrigens das Publikum im Studio und nicht vor dem Fernseher, weil "Ich setz auf Dich" im Gegensatz zu "Wetten, dass..?" aus der Konserve kommt. 

Und Guido Cantz? Der Host moderiert sich unauffällig durch den Abend wie einst schon bei "Verstehen Sie Spaß?". Am Ende bekommt er Blumensträuße zugeworfen, die er an die Damen auf der Bühne verteilt. Auch hinter dieses Detail kann Cantz also einen Haken auf seiner Strichliste setzen.