In seiner über 30-jährigen Karriere als Fernsehjournalist hat Bastian Schlüter für nahezu alle großen Medien des Landes gearbeitet, sei es ARD, ZDF, Spiegel TV, Sat.1, RTL, WamS, BamS, Bild – Schlüter ist einer der bekanntesten Crime-Reporter des Landes und doch dürfte er jetzt noch einmal bekannter werden. Denn RTLzwei hat dem Journalisten ein eigenes True-Crime-Format auf den Leib geschneidert, das ihn als eine Art ermittelnden On-Air-Reporter inszeniert. "Für mich ist es wichtig, dass ich etwas mache, das andere nicht machen. Dass ich etwas Besonderes mache. Und das hat tatsächlich sehr häufig Erfolg", sagt Schlüter gleich zu Beginn seiner Fernsehsendung, in der er anfangs einige Minuten lang mit dem Auto durch dichte Wälder hindurchfahren darf. Eingefangen bildgewaltig unter anderem von einer Drohne. Ohnehin ist Schlüter, wie sich im Verlauf der Sendung darstellt, ein Mann, der unglaublich viel mit dem Auto unterwegs ist. Zum Tatort. Zum Gericht. Zu Betroffenen. Zum nächsten Fall.

 

Man kann nun wahrlich nicht behaupten, dass der erfahrene Gerichtsreporter einen zu kleinen Aufschlag in seinem neuen und von der Firma Karlsbridge hergestellten Format bekommen hat. Manchmal wird man als Zusehender in den folgenden knapp 90 Minuten noch den Eindruck haben, Schlüter und seine Arbeit sind fast wichtiger als die zugrunde liegenden Fälle. Schlüter ist vor Ort aktiv, kommentiert andere Szenen aber auch in klassischen Interviewpassagen. Er gibt Einblicke in die Recherche und schafft es - dank seiner jahrelangen Erfahrung in dem Metier wohl auch wenig überraschend - wirklich in den Bann zu ziehen.

Dass er bei seiner Arbeit vor allem das menschliche Leid, die Schicksale, die Hinterbliebenen in den Fokus rückt, daraus macht er nicht wirklich einen Hehl. Und so ist auch "Bastian Schlüter – Der Crime Reporter" ein Format, dem es nicht an Emotion mangelt. Es zeigt in der ersten Folge die Geschichten zu Taten an jungen Menschen. Dabei durchforstet Schlüter auch die Social-Media-Accounts der Getöteten - unverpixelt. Und so ist die Sendung auch ein Austesten von Grenzen, die für manche an diesem Punkt schon überschritten sein dürften. 2021 wurde die Altenpflegerin Bianca ermordet, in einem kleinen Waldbunker. Dort wurde auf sie eingestochen, wie in Reenactments dargestellt wird. Ihre Leiche wird erst vier Tage später entdeckt, bis heute sei ihr Todestag nicht bekannt, wie Schlüter nachdenklich erwähnt, während sein Kamera ein kleines Kreuz abfilmt, auf dem wirklich eine Spanne von fünf Tagen als möglicher Todeszeitpunkt eingraviert ist.  

Dass direkt am Tatort geschehene Leid, die Brutalität, Panik, den Schmerz und die Trauer in Worte zu fassen – das ist Schlüters Aufgabe als Crime-Reporter. Das macht er ebenso einfühlsam, wie schonungslos. Schonungslos vor allem dann, wenn er ein am Bunkereingang aufgehängtes T-Shirt mit einer Abschiedsbotschaft des kleinen Sohnes der Getöteten umdreht, um es in die Kamera zu halten, in der Hand eine kleine Taschenlampe, die man als guter Reporter-Ermittler wohl auch am hellichten Tag braucht. Vorne drauf auf dem T-Shirt jubelt eine Micky Mouse. Dreckspritzer zeigen, dass es schon den ein oder anderen Regenfall überstanden hat. Das Shirt verdeutlicht: Anders als in fiktionalen Krimis steckt hinter jedem echten Mordopfer eine reale Geschichte. Ein echtes Leben, das nun zu Ende ist – und andere Menschen, die mit diesem Verlust umgehen müssen.

Von Minute zu Minute ein genaueres Bild

Szenenwechsel: Schlüter trifft sich mit der Oma der Getöteten, einer Oma, die eher wie eine Mutter war, wie der fast schon wie ein Kommissar auftretende Journalist verbildlicht. Dank geschickter Fragen schafft er es, von Minute zu Minute ein genaueres Bild zu zeichnen einer jungen Frau, die diese Darstellung ihrerselbst nun eben nicht mehr mitverfolgen kann. Das gelingt – später auch bei einem weiteren Fall um die Ermordung einer 18-Jährigen – sehr gut.

 

Das neue RTLzwei-True-Crime-Format mag "nur" Bastian Schlüter als USP haben; und hat noch dazu im derzeit boomenden True-Crime-Genre, das nicht nur in visuellen Medien, sondern insbesondere in Podcasts stark bedient wird, große Konkurrenz. Doch die Fähigkeit Geschichten verständlich, spannend und in Teilen (zu) emotional zu erzählen, macht den Unterschied aus. Schlüter versteht sein Handwerk. Ob er aber auch die RTLzwei-Reihe zum TV-Erfolg macht, dürfte nicht zuletzt davon abhängen, ob Zuschauerinnen und Zuschauer so flexibel sind, sich auf die Programmfarbe auf einem Sendeplatz einzulassen, der bisher für Sozialreportagen aus Problemvierteln bestand.

"Bastian Schlüter - Der Crime-Reporter": Dienstag, 14. Juni, 20:15 Uhr bei RTLzwei.