"Ist das so einfach, wie ich denke, oder ist da ein Trick dahinter?", fragte Pierre M. Krause am Mittwochabend sichtlich konsterniert hinter seinem Ratepult, dessen Monitor ihn bat, den fehlenden Buchstaben im Wort "PU_ERTÄT" zu ergänzen. Und damit wäre vielleicht auch schon alles über Jörg Pilawas neue Show "Quiz für Dich" in Sat.1 gesagt – wenn es nicht so viel Spaß machen würde, noch ein bisschen mehr dazu zu sagen.

Also, zum Beispiel: War das euer Ernst?

Zweiundzwanzig Jahre nach seinem Quiz-Debüt beim damaligen Heimatsender ist Pilawa gerade bekanntlich wieder zur alten Wirkungsstätte zurückgekehrt, um mal wieder "zu ruckeln" und sich "selber wieder einen Tritt zu geben", weil er beim NDR bislang ein bisschen zu "liebevoll eingebettet mit viel Programm" war.

Stussfragen und Standbilder

Das wird dem 56-Jährigen bei seinem neuen Arbeitgeber nicht so schnell passieren, zumal der sich schon zum Einstand große Mühe gab, die Zusammenarbeit nicht all zu aufregend beginnen zu lassen. "Wir machen was ganz Verrücktes: Prominente spielen für einen guten Zweck", erklärte Pilawa anfangs die Spielregeln der Show, in der von SWR, NDR, RTL und ProSieben entweder entliehene oder gänzlich wegakquirierte Gäste Geldbeträge für richtig gegebene Antworten erwirtschaften, um diese dann ehrenamtlich Engagierten aus der Normalbevölkerung zukommen zu lassen, die nachher mit dem plötzlichen Geldsegen überrascht werden.

Schon die Premiere ließ zahlreiche Fragen offen: angefangen damit, warum sich zwar jeweils zwei Promis hinter einem Ratepult gegenüber sitzen, zum Schluss aber doch alle erspielten Geldbeträge auf einen Haufen kommen, oder wie Pilawa erklärte: "Ihr spielt zwar im Team zusammen, aber jeder für sich."

Quiz für Dich © Sat.1 / Julia Feldhagen Im Team zusammen, aber jede für sich: Gäste Linda Zervakis und Jeannine Michaelsen mit Jörg Pilawa.

Die meisten Fragen waren so supersimpel, dass dies zwar dem Erspielen einer möglichst hohen Geldsumme entgegenkam, dem Zuhausemitraten aber jeglichen Reiz nahm. Hätten Sie gewusst, dass Klaas Heufer-Umlauf ursprünglich mal Friseur gelernt hat, das kleinste gemeinsame Vielfache von vier und sechs zwölf ist und sich im Anagramm "Nah der See" Ed Sheeran versteckt? Ja, natürlich hätten Sie.

Am irrsten ist aber vielleicht, dass die Unbeteiligten, in deren Besitz die erspielten Beträge später übergehen, während der Sendung mehrheitlich nur im Standbild oder per farbentsättigter Versteckkamera an einem Lockvogelort zu sehen sind, um dort nachher vor den Fernseher gezerrt zu werden – und Pilawa ihnen zur Auflösung nicht mal in die Augen sehen kann.

Aus der "Ideen-Schmiede" einer "Fernseh-Legende"

Im niederländischen Original "Deze quiz is voor jou" sitzen die nichtsahnenden Gewinnerinnen und Gewinner immerhin direkt im Publikum und lassen sich nach gemeinsamem Singen der Titelmelodie und Bekanntgabe der bzw. des Spontanbeschenkten von Moderatorin Linda de Mol auf der Bühne freudentränenreich in den Armen ihrer Verwandten direkt befragen. Warum Sat.1, einst powered by Emotion, ausgerechnet auf diese Komponente verzichtet, ist ein großes Rätsel – und ein noch größeres bloß die Tatsache, dass in Unterföhring ernsthaft jemand Lizenzgebühren für "Quiz für Dich" bezahlt haben könnte.

Genau so wird's aber gewesen sein, denn die Idee zur Sendung stammt, wie im Vorfeld berichtet, aus der "Fernseh-Werkstatt" bzw. der "Ideen-Schmiede" von "Fernseh-Legende" John de Mol, der in beschriebener Örtlichkeit offensichtlich noch einen ganzen Berg Alteisen gewordener TV-Ideen rumfliegen hat, um die notdürftig zusammengelötet als teuren Modeschmuck an treudoofe TV-Sender zu verscherbeln.

Aber gut, wenn das so einfach ist … – muss es sich doch ausnutzen lassen.

Sie werden verzeihen, dass die Kolumne an dieser Stelle abrupt endet und zum Pitch Deck für meinen absoluten Lieblingsprivatsender wird, den ich gerne für ein paar Ideen aus meinem eigenen Format-Atelier begeistern würde, damit der in einer zunehmend kompetitiveren Bewegtbildlandschaft zu alter Stärke zurückfinden kann.

Casting und Talk, aber with a twist!

Zum Beispiel mit einer neuen Castingshow, aber with a twist! Denken Sie, verehrte Sat.1-Programmgeschäftsführung, an eine Reihe live ausgestrahlter Sendungen, in denen das Publikum eigenmächtig entscheidet, welche der vorgestellten Talente Woche für Woche weiter gewählt werden, um im Finale als Sieger hervorzugehen. Das mag Ihnen bekannt vorkommen, der Clou ist aber: Diesmal werden nicht nur einzelne Sängerinnen und Sänger gesucht, sondern auch talentierte Gruppen, Stand-up-Comedians und Instagrammer, die Potenzial haben, in den sozialen Medien groß rauszukommen. Für diesen Knaller (Arbeitstitel: Insta Search) bräuchte es freilich einen Moderator, der sich für gutes Geld von der Konkurrenz weglocken ließe und im Fach auskennt, einen wie – Kai Pflaume, der sich ja schon hobbymäßig immer wieder ein bisschen ins Ruckeln bringt.

Falls das noch nichts für Sie ist, hätte ich da noch einen Polittalk in petto, aber with a twist! Denken Sie, geschätzte Sat.1-Programmgeschäftsführung, an eine wöchentliche Gesprächssendung, für die die politische Elite des Landes wochenends mal nicht in einen seelenlosen Studiokomplex am Stadtrand von Berlin verfrachtet wird – sondern in ein exklusives Luxushotel an der Auffahrt zu A562 in Bonn, wo man sich wöchentlich live zu konfrontativen Themen in der Piano Bar unterhält, um nach Sendungsende im Bistro "La Merée" noch einen Happen zu essen und den Abend in der hoteleigenen Sauna ausklingen zu lassen! So eine Art Talk im Turm hat es im deutschen Fernsehen noch nicht gegeben (jedenfalls nicht in den vergangenen Jahren) – und was läge näher, als Sandra Maischberger dafür zu verpflichten, bevor die demnächst wie von der ARD angedroht unter der Woche gleich zweifach in direkte Konkurrenz zu Markus Lanz ins Programm gekettet wird?

Reality und Late Night, aber ganz neu!

Vielleicht kickt Sie auch mein Vorschlag für eine nagelneue Reality-Show, aber with a twist! Denken Sie, hochgeachtete Sat.1-Programmgeschäftsführung, an ein wöchentliches Live-Format, für das reumütige Männer in eine Art TV- Besserungsanstalt ziehen, um dort Ruhe und Manieren beigebracht zu kriegen und so ihre Partnerinnen zurückzuerobern, die sie zuvor mit Faulheit, Ignoranz und Ausfälligkeiten vergrault haben. Andrea Kiewel dürfte dieser Wettbewerb – mal ganz ins Unreine gesprochen: Kämpf um deine Frau! – sicher reizen, um der sehr guten, sehr liebevollen Programmeinbettung ihres bisherigen Arbeitgebers ZDF zu entfliehen.

Immer noch nichts dabei gewesen?

Wie wär's mit einer werktäglichen Late Night Show, aber with a twist! Statt eines älteren verbitterten Vielleicht-Impfskeptikers als Moderator, der vor allem bei nicht quotenrelevanten Feuilleton-Redakteuren gut ankommt und einen Wanderbücher verfassenden Sidekick mitbringt, ließe sich alternativ – eine Frau für den Job verpflichten! Damit rechnet niemand, und sagen wir: Anke Engelke arbeitet sicher vertrauensvoll und gerne mit Ihnen zusammen.

Bitte den Überweisungsträger bereithalten

Oder eine richtig seriös gemachte Nachrichtensendung zur besten Sendezeit, aber with a twist! Weil die nämlich nicht erst um Punkt acht beginnt, sondern schon fünf Minuten zuvor, damit das Publikum noch schneller über das große Weltgeschehen und die kleinen Ereignisse im Alltag informiert ist, kompetent recherchiert, spannend aufbereitet und präsentiert von einem, der die Authentizität der seriösesten Nachrichtenschule im deutschen Fernsehen mitbringt: Marc Bator.

Besser noch: Wir machen das mit den Nachrichten superkompakt in fünf Minuten bis genau 20 Uhr und zeigen dann, während anderswo noch eine Viertelstunde der ganze Vorabendschrott läuft, Top-Filme, Super-Serien und Hammer-Shows – volle Stunde, volles Programm! Die Konkurrenz wird Augen machen.

Hey Sat.1, das ist deine Chance, lass mich nicht hängen, und du brauchst zur Vergütung des warmen Formatregens schließlich noch meine Bankverbindung. Bitte melde dich!

Und damit: zurück nach Köln.

"Quiz für Dich" läuft mittwochs um 20.15 Uhr in Sat.1.