Bekannte Schauspieler-Familie bekommt eigene Reality-Serie bei aufstrebendem Pay-TV-Anbieter! Das hätte ein ziemlicher Knaller werden können – und genau so ist "Diese Ochsenknechts" vor drei Wochen bei Sky ja auch losgegangen: mit wuseligem Familiengeburtstag, überraschendem Auftritt einer vermeintlichen Steuerfahndung und vielversprechenden Ankündigungen, u.a. von Tochter Cheyenne Savannah ("Ich möchte genauso rüberkommen wie ich bin: einfach scheiße") und Sohn Wilson Gonzalez ("Ich mag Kunst, Kultur und Kartoffeln mit Kräuterquark").

Aber schon in Woche zwei sind Ochsenknechts – übrigens ohne Beteiligung von Vater Uwe – mit erhöhtem Tempo falsch abgebogen, weil der erste Teil der Episode zur Aufklärung benötigt wurde, dass der Cliffhanger aus der vorigen ein selbst gezimmerter Fake war, um die eigene Familie (und das Publikum) zu foppen; und der zweite, um in einer Aneinanderreihung von Boulevard-Schlagzeilen und Insta-Stories den zur Drehzeit aktuellen Schlammschlachtstatus der Beziehung von Jimi Blu und dessen Auswirkungen auf den Familienfrieden aufzuarbeiten.

An diesem Montag findet der Clan wieder ein bisschen zu sich, referiert Chips essend die unschönsten Beleidigungen, die über Social Media so eintrudeln, geht in der Toskana Zuchtbullenkaufen für Ninos und Cheyennes Hof in Österreich, schickt Mutter Natscha zum Osteopathen und lässt sie erzählen, wie sie nach einer Bauch-OP vor Jahren mal dem Beinahe-Tod entkommen ist: "Plötzlich ändert sich alles um 100 Grad.“

Das ist manchmal ganz amüsant, zwischendurch sehr ärgerlich – und in der Bilanz leider nichts, wofür man geneigt wäre, mindestens 9,99 Euro im Monat auszugeben, um mal reinzuschauen, wie's eigentlich der schrecklich netten Promi-Familie mit den fantasiereichen Vornamen so geht.

Aber das ist ja klar, schließlich sind Ochsenknechts noch ganz frisch im Reality-Business – und können ein bisschen Nachhilfe von den Profis gut gebrauchen. Seit elf bzw. 18 (!) Jahren tummeln sich die in die Welte entlassenen Geissens (ehemals aus Köln) und die Reimanns (ehemals aus Hamburg) regelmäßig im deutschen Fernsehen, um sich dabei zusehen zu lassen, wie sie Yachten beliegen oder übertrieben große Bauprojekte in die Tat umsetzen. Und jede bzw. jeder, der das regelmäßig verfolgt, weiß, wie wichtig es ist, für den Erfolg authentisch zu bleiben. Hier sind die wichtigsten Regeln auf einen Blick:

1. Neiddebatten vermeiden

Ein Tag ohne Lächeln ist ein verlorener Tag, wusste schon Charlie Chaplin – aber der kannte ja auch Millionärsgattin Carmen Geiss nicht, die weiß: "Es schmerzt mich, wenn man irgendwo rausgeht und nix gekauft hat." Also machen Geissens sowas einfach nicht (außer beim Shoppingbummel im Rolex-Store sind wie neulich wieder die Uhren aus). Getreu ihrem Motto – Ein Tag ohne Shoppen ist noch viel verlorener – bereist die Familie den Globus, um beim Wedeln mit der Kreditkarte weder Flagshipstores für Luxusmarken noch billigste Souvenirshops mit Tourismusschund auszulassen. "Kann man hier keinen VIP-Pass kaufen?", fragte Tochter Shania aus der Black-Friday-for-Future-Generation in der aktuellen Staffel während des Kurztrips in ein Outlet-Dorf bei New York, wo sich die Kaufwütigen gegenseitig auf den Füßen standen – und Geissens nach mehrstündiger Uber-Anfahrt wegen defekten Plastikgelds unverrichteter Dinge wieder abziehen mussten, um sich abends im Steak-House von einem Rindvieh auf dem Teller trösten zu lassen.

Wahrscheinlich hat im Fernsehen nie jemand effektiver fürs Nichtreichsein geworben, dem man sich augenblicklich auf immer verpflichten möchte, um nie, nie, niemals so unzufrieden werden wie die fantastischen Vier auf ihren sisyphoshaften Kommerzstreifzügen.

Die Geissens © RTLzwei/Niklas Niessner Immer für eine Lebensweisheit gut: Die um den Globus jettenden Geissens bei RTLzwei.

2. Unnötige Spannungsbögen weglassen

Sie kennen das sicher aus Filmen und Serien: Spannungsbögen, die nerven, wie Holle – weil man beim Zusehen aufpassen muss, nichts zu verpassen, das sich im Nachhinein als wichtig herausstellen könnte. Das Reality-Familienfernsehen kümmert sich glücklicherweise nicht darum.

Und so lässt sich Konny Reimann zur Ablenkung vom allgemeinen Weltgeschehen in aller Seelenruhe dabei zuschauen, wie er fast eine ganze Episode von "Willkommen bei den Reimanns" damit verbringt, den von der Gattin angeforderten 50-Quadratmeter-Pools zu planen, mit dem Bagger auf dem fußballfeldgroßen Hanggrundstück im hawiianischen Dschungel eine riesige Grube aushebt, beim rückwärts Rausfahren mit dem Trekker umkippt, Spundwände errichtet und mit dem "Einschlämmen" beginnt ("Ist ja so 'ne Spezialität von mir") – um am Ende der letzten Folge dann vor besagtem Loch stehen gelassen zu werden und nicht zu erfahren, wie der verdammte Pool denn jetzt aussieht, weil – huch!: Staffelende. So gehen Cliffhanger!

3. Leidenschaft demonstrieren

Die Geiss'sche (Geissen'sche?) Laune ist eine ständige Amplitude zwischen dem Drang, etwas zu erleben ("Action"), und der sofortigen Verdammung, sich besagte Aktivität zugemutet zu haben, anstatt sich direkt davon erholen zu können ("Chillen"). So wie im Urlaub in der Dominikanischen Republik, wo der Pferderitt zum Wasserfall derart strapaziös ausfiel, dass augenblicklich feststand: "Morgen machen wir mal'n Relaxtag." Und zwar am Strand, wo dann voller Begeisterung auf Pferden geritten wurde! Es ist eben nicht leicht, den Kreislauf aus Shoppen und Relaxen so auszutarieren, das er die Laune jedes Familienmitglieds minutengenau abzubilden weiß. Oder um es mit Carmen Geiss am menschenleeren Traumstrand zu formulieren: "Schatz, genieß doch mal die Natur." Worauf Schatz antwortet: "Ich hab schon genossen."

Eine alternative Art der Leidenschaft treibt "Handwerkerkönig" Konny um, der ("Ich hab 'ne eingebaute Wasserwaage im Auge") jede freie Minute seiner Zeit was "ausbuddeln" oder zusammennageln mag bzw.: "Warum soll ich eine kleine Hütte bauen, wenn auch ein 1000-Quadratmeter-Haus geht?" Manchmal reicht glücklicherweise auch schon ein Elektrozaun, um den Wildschweinen aus dem Dschungel eins mitzugeben.

4. Mensch bleiben

Wer hat sich nicht schon mal für den Privatjet-Freiflug ins wohltemperierte Miami mit einer Kiste feinstem Lady-Gaga-Champagner beim Gastgeber revanchiert? Eben! Familie Geiss weiß, dass sie es nicht notwendig hat, sich beschenken zu lassen – aber das ändert nix dran, dass Robert "The Man" trotzdem große Genugtuung empfinden kann, wenn er mit der Staten Island Ferry kostenlos (!) ganz nah an der Freiheitsstatue vorbeigefahren wird – oder am Entsetzen des Nachwuchses über die Lebensmittelpreise am Times Square ("Ich hab noch nie so teuer Nutella gekauft!" – "Dann lass es doch!" – "Papa, wir müssen frühstücken!"). Auch das Scheitern der Inbetriebnahme einer mitgebrachten Trockenhaube mangels passendem Steckdosenadapter schafft eine Nahbarkeit, die gewöhnliche Millionäre ohne eigene Reality-Sendung im Alltag oft schmerzlichst vermissen lassen (Günther Jauch z.B.).

5. Harmonie zelebrieren

Selbst zwischen Reimanns kann es schon mal zu einer sanft-scharfen Bemerkung kommen, wenn der besseren Hälfte, ohne zu gucken, eine noch zu verarbeitende Holzlatte knapp übern Schädel geschwungen wird. Anschließend lachen Konny und Manu aber auch schon wieder darüber, dass es sie beim Dachanschrauben fast von der neuen Beachhouse-Terrasse geweht hat, weil: ohne Humor geht's halt nicht. Deshalb sind die Exil-Hamburgerin und der Exil-Hamburger eigentlich immer ein Herz und eine Seele, und wahrscheinlich geht das auch gar nicht anders, wenn man erfolgreich zwei Kinder und einen Hahn großgezogen bzw. mit dem eigenen Auswanderer-Format dreimal den Sender gewechselt hat (um am Ende – ausgerechnet – bei Kabel Eins zu landen).

Konny und sein "Engelchen" wissen ganz genau, was sie an sich haben, wenn beide tagsüber ihren eignen Projekten nachgehen können, ohne dem anderen reinzureden: nämlich einen Abend, an dem man sich immer noch ganz gut gegenseitig leiden mag. Schlammschlachten braucht da wirklich kein Mensch, außer vielleicht, Konny hebt wieder irgendwo ein riesiges Loch aus und der hawaiianische Zweistundenregen füllt es wie bestellt mit Matsch.

Willkommen bei den Reimanns © Kabel Eins/LucieXYZ Die Auswanderer Manu und Konny Reimann senden seit diesem Jahr bei Kabel Eins für ihre Fans weiter.

6. Vorbild sein

Wenn das Töchterchen Pinball-ballernd im Golfcaddy durch den teuren "Lifestyle Holidays Vacation Club" heizt, um ihn farblich zu verschönern, dann muss Vater Geiss auch mal deutlich werden und "Ihr kommt ins Gefängnis!" brüllend ankündigen, der Gattin auf keinen Fall was von dem Vorfall erzählen zu wollen, weil die ihn sonstwo hinhängt, zumal dem Papa der (legale!) Joint-Konsum während der Kutschfahrt durch den Central Park ja noch nicht ganz verziehen ist. Gut, dass Erziehung manchmal auch einfach aus der Weitergabe des eigenen Wissens besteht, zumindest dem von Robert Geiss: "Mach mal den Pool sauber!" – "Wie geht das?" – "Indem du den Roboter auf 'An' machst! Was soll aus dir mal werden, Shania?"

Auf Hawaii fallen die Methoden sogar noch eine Spur drastischer aus: Hahn Ernst hat wegen Dauerkacken Terrassenschlafverbot bekommen, während Konny dem Enkel bedenkenlos die Kokosnuss mit der Machete öffnet und sämtliche Bauarbeiten konsequent barfuß verrichtet ("Hier im Gelände – was soll schon passieren?"). Vorbilder sind so wichtig für die Kleinen.

7. Den Alltag positiv sehen

Wenn im neu eingerichteten Apartment in Monaco wieder das Steak in der Pfanne verbrutzelt, weil beim Einbau der Luxusküche niemand an die Abzugshaube gedacht hat, dann ist das keine Katastrophe, sondern Grund, sich mit Carmen "Ach du Schnitzel!" Geiss zu freuen: "Wir können von Glück reden, dass wir kein Restaurant haben." Der Ausflug nach "Paradise Island" war ätzend, weil um den kleinen Sandfleck noch haufenweise andere Millionäre Jetski gefahren sind? Macht nix, Hochprozentiges aus dem Strohhalm hilft gewiss. Und natürlich kostet das was extra, wenn die Kinder mit dem Helikopter vom Stadtbummel nach Hause zurückkehren – aber dafür sind sie ja auch wohlbehalten wieder daheim! Jeder Alltagsmoment hat seine positive Seite, man muss bloß lange genug danach fahnden.

8. Die Bilder selbst in die Hand nehmen

So ein Kamerateam kann ja auch nicht rund um die Uhr dabei sein, wenn sich gerade am anderen Ende der Welt potenzielles Reality-Gold ereignet. Und genau deshalb ist technisches Geschick Voraussetzung, um überraschende Momente auch ohne TV-Team in der Nähe festhalten und in den späteren Sendungsablauf einweben zu können – zum Beispiel, wenn Konnys neuer V8-Motor für den alten Schulbus geliefert wird. Oder Geiss-Tochter Davina wegen Verdachts auf Lebensmittelvergiftung früh morgens in den vorsorglich gerufenen Krankenwagen geschoben wird und der Papa ("Bis später!") geistesgegenwärtig mitfilmt, bevor er sich mit Tochter zwei zur Ablenkung im Casino dem Black Jack hingibt und dann Ananas-essend im Pool den ersten Weißwein bestellt.

Es ist ja eigentlich nicht zuviel verlangt, diese einfachen Grundregeln zu befolgen, um eine erfolgreiche Karriere als Reality-Fernsehfamilie zu starten. Vielleicht müssen Natascha, Cheyenne Savannah, Jimi Blu und Wilson Gonzalez nochmal ganz genau hinsehen.

Und damit: zurück nach Köln.

Sky1 zeigt neue Folgen von "Diese Ochsenknechts" immer montags sowie bei SkyQ und Sky Ticket; ebenfalls montags (ab 20.15 Uhr) laufen "Die Geissens" bei RTLzwei, online bei RTL+. Die erste Staffel von "Willkommen bei den Reimanns" ist bei Joyn abrufbar.