Wie das wohl funktionieren kann und soll, war sicher eine der meistgestellten Fragen im Vorfeld des Starts der neuen ProSieben-Show "The Masked Dancer", ein Ableger des erfolgreichsten deutschen Showneustarts im Privatfernsehen der jüngeren Vergangenheit, "The Masked Singer". Und potentielle Zweifel im Vorfeld waren gar nicht so unberechtigt. Zwar macht "The Masked Dancer" vieles genauso wie das Mutterformat, das zentrale Kernelement aber fehlt – und es fehlt wirklich. Denn gesungen wird bei "The Masked Dancer" logischerweise nicht. Während die Stimme zentrales Erkennungsmerkmal der Mitmachenden beim Gesangsformat sind, lässt sich an Hand von Bewegungen und möglichen "Signature Moves" kaum ablesen, wer sich unter den wieder einmal hervorragend und aufwändig gezauberten Kostümen verbirgt.



Gestützt wird "The Masked Dancer" daher von einem Gerüst, das altbewährt ist: Matthias Opdenhövel führt in souveräner Art und Weise und natürlich nie um einen Spruch verlegen auch durch diese Show. Und im Ratepanel hat Ruth Moschner, die bei "The Masked Singer" stets ihr Telefonbuch rauf- und runterarbeitet, als Gast-Rätslerin direkt für vertraute Momente gesorgt. Dass ProSieben mit Moschner eine weitere Parallele zu "TMS" zieht, ist sicher gewollt, doch böte sich gerade bei den Rategästen die Möglichkeit, etwas mehr Abwechslung ins Spiel zu bringen und diese Stühle mit Promis zu besetzen, die sonst nicht ganz so oft in ProSiebenSat.1-Formaten vorkommen.

Gut eingefügt hat sich (vielleicht auch deshalb) Alexander Klaws, der als "Mülli Müller" zurückliegenden Herbst bei "TMS" gewann und nun am Ratepult Platz nahm. Erwartungsgemäß entpuppte sich auch die Verpflichtung von Steven Gätjen als Ratepanelmitglied als gute Entscheidung, was nicht zuletzt an seinem harmonischen Interagieren mit Matthias Opdenhövel lag.

Auch das ist nicht neu, sondern dank Rea Garvey und anderen auch bei "The Masked Singer" Staffel für Staffel der Fall. Auch die grundsätzlichen Abläufe der Show, etwa die Indizien vor jedem Auftritt und das wie üblich etwas langatmige Raten nach der Performance und obendrein die jedes Mal aufs Neue beeindruckenden Haupt-Performances hat "The Masked Dancer" von "The Masked Singer" übernommen.

Eindrucksvoll etwa die farbenfrohe Performance des Zottel, dem in nichts nachstehend war zudem der Auftritt von Maximum Power – und einen Buntstift tanzen zu sehen, ist herrlich verrückt – und kann somit eine tolle Möglichkeit bieten, den Alltag mal Alltag sein zu lassen und in eine unbeschwerte Welt abzutauchen.

Der Kniff mit den Decodern

Das Kernproblem dieses Ablegers aber bleibt, dass es eine "andere Art des Ratens" bedarf, um die Identität zu enttarnen, wie es ProSieben-Chef Daniel Rosemann im Vorfeld des TV-Starts nannte. Es mag eine umständlichere Art des Ratens sein, da die eigentliche Performance so gut wie nichts über den Promi aussagt. Dies vermutlich wohl wissend, hat "The Masked Dancer" Voice- und Indizien-Decoder eingeführt – insgesamt drei Mal pro Show kann einer der beiden Decoder zum Einsatz kommen. Entweder ist dann die Stimme des Tanzenden für einen Bruchteil eines Moments zu hören – oder der Promi erklärt mit verzerrter Stimme Hintergründe zu einem gezeigten Indiz.

The Masked Dancer © ProSieben / Willi Weber Zottelig und farbenfroh: Das Zottel auf der "The Masked Dancer"-Bühne.

ProSieben und Produzent Endemol Shine Germany müssen an dieser Stelle beim Raten also schon auf die Sprünge helfen; das zeigt den Nachteil gegenüber "The Masked Singer". Man kann es drehen und wenden; die Stimme fehlt einfach. Und so hat "TMD" einen ganz natürlichen Schwachpunkt aufgrund dessen selbst das optisch stark produzierte Format nicht an das Original heranreichen wird.



Dass ProSieben die Show dennoch macht, ist nachvollziehbar, kamen die Rechte schließlich auf den deutschen Markt – und alles andere als ein promptes Zuschlagen wäre leichtsinnig gewesen. Dass das Maskenspektakel mit oder ohne Gesang in diesem Jahr nun aber an 16 (oder mit weiterem Weihnachtsspecial 17) Abenden laufen wird, zeigt auch, dass eine weitere Ausdehnung nicht mehr möglich ist, ohne dass der Eventcharakter verloren geht. So ist es, nicht zuletzt aufgrund der entscheidenden Schwäche, nämlich dem verminderten Ratespaß,  also folgerichtig, dass "The Masked Dancer" in seiner deutschen Debütstaffel nur vier Folgen umfasst. Dann sind alle Tanzmoves gemacht und die Bühne in Köln kann vorbereitet werden für das große Raten, welche Sängerinnen und Sänger sich unter neuen Masken verstecken. 

"The Masked Dancer", donnerstags um 20:15 Uhr, ProSieben.