WDR-Intendant Tom Buhrow will ein breiteres Meinungsbild im Fernsehen abbilden. "Wir sind von allen bezahlt und wollen für alle Programm machen", sagte Buhrow, der noch bis zum Jahresende als ARD-Vorsitzender fungiert, in einem am Donnerstag im "Handelsblatt" erschienenen Interview. "Als wir jüngst erstmals im 'ARD-Zukunftsdialog' die Menschen befragten, hörten wir sehr oft, wie wichtig ihnen Meinungs- und Informationsvielfalt sind. Dass wir unvoreingenommen und aus vielen Perspektiven berichten sollten. Das dürfen wir nicht ignorieren."

Dass die "Tagesthemen" zuweilen einen Pro- und einen Kontra-Kommentar zu einem Thema bringen, sei ein "guter Anfang", so Buhrow. "Wir müssen da weiter experimentieren. Ich empfand einst das Links-rechts-Format mit Hauser & Kienzle im ZDF als demokratiebildend. Die Meinungsfarbe der beiden Journalisten war klar, aber sie mussten danach miteinander klarkommen. So etwas fehlt in der gereizten Stimmung in Deutschland. Wir überlegen, wie wir diese Anregung des Publikums 2022 umsetzen können. Retro ist okay, aber es muss für heute sein."

Verändern will sich die ARD aber auch im Hinblick auf die Mediathek, die weiter gestärkt werden soll. Ob dafür ein Extra-Budget von 25 Millionen Euro reicht, um mit Netflix und anderen internationalen Playern mithalten zu können? "Man kann immer sagen: Man braucht noch mehr. Das ist der Startschuss für unsere digitale Programmoffensive", erklärte Buhrow im "Handelsblatt". "Und jede ARD-Anstalt hat sich verpflichtet, ins Gemeinschaftsprogramm zu investieren. Ein Riesenschritt!"

Dass ARD und ZDF - bei allen Bemühungen um Reformen - perspektivisch unter einem Dach arbeiten werden, glaubt der WDR-Intendant indes nicht. "Die ARD wird nicht das ZDF, das ZDF wird nicht die ARD. Klar ist, dass wir unsere Reformbemühungen fortsetzen und dass die beiden Sendergruppen jetzt viel besser kooperieren", betonte Buhrow. "Wichtig ist doch, dass die Nutzerinnen und Nutzer das Öffentlich-Rechtliche als ein Universum erleben. Das stellt die zwei Sendergruppen und die Vielfalt, die das mit sich bringt, nicht infrage. Die ARD ist ein Netzwerk von regionalen Einheiten, auch im Radio. Wir kommen nicht aus einer Sendezentrale, sondern sind schon da."