Herr Hellmann, wie nervös ist ein Sportmoderator, wenn mal wieder wichtige Sportrechte vergeben werden?

Viele meiner Kolleginnen und Kollegen sind Freelancer und wenn die Lizenzen auslaufen, sind wir natürlich besonders gespannt, schließlich geht’s ja auch um die eigene Existenz. Ich persönlich war bei den ersten drei, vier Rechtevergaben ziemlich aufgeregt, habe aber über die Jahre hinweg versucht, etwas gelassener zu werden. Ich kann den Poker schließlich nicht beeinflussen und besitze bedauerlicherweise auch nicht genug Geld, um die Fußballrechte selbst zu kaufen. (lacht)

Sie sind seit mehr als 20 Jahren bei Sky und dem Vorgänger Premiere. Ab der neuen Saison kommt für Sie die Champions League bei Amazon dazu. Was wird sich dadurch für Sie ändern?

Der größte Unterschied besteht darin, dass wir bei Prime Video mit der Champions League ins Stadion gehen werden. Wir haben uns vorgenommen, die Spiele so nah und emotional wie möglich zu präsentieren - da ist eine Sendung aus dem Stadion sicher eine gute Entscheidung. Denken Sie nur an die Stimmung an der Anfield Road. Wenn es uns gelingt, davon ein bisschen was zu transportieren, dann ist das auch fürs Publikum gut.

Empfinden Sie das Senden aus dem Stadion als Vorteil?

Ach, wissen Sie, mal ist das Studio das Maß aller Dinge, dann wieder das Stadion. Das ist eine Glaubenssache, bei der es kein Richtig und kein Falsch gibt. Ich mag das Stadion sehr. Das Unmittelbare, das da passiert, dieser Jubel und das Leid der Spieler, kann ich aus dem Studio bei Weitem nicht so gut aufnehmen wie im Stadion, wo die Arbeitsbedingungen jedoch wiederum deutlich rougher sind. Und es ist auch keineswegs so, dass wir im Stadion nicht immer nur mit Freudengesängen empfangen wurden. „Hey super Sebastian Hellmann“ wird da eher selten gesungen.

Zuletzt haben wir bei der EM wieder volle Stadien? Welches Gefühl haben Sie dabei vor dem Hintergrund von Corona?

Ich bin ein Fußball-Romantiker und bin ja auch auf der Bielefelder Alm groß geworden. Es war also für mich prägend, zusammen mit anderen Fans im strömenden Regen in einem Stadion ohne Dach zu stehen und die Mannschaft anzufeuern. Diese Nähe ist in der Corona-Zeit leider völlig abhandengekommen. Ich will nicht sagen, dass ich mich über die lange Zeit an die Stadien ohne Fans gewöhnt habe, aber ein Stück weit abgefunden habe ich mich damit schon. Aber jetzt, da allmählich wieder Fans ins Stadion gelassen werden, wird allen noch klarer, wie sehr das einfach zusammengehört, wie eng der Bund zwischen Fußballsport und Fans ist. Gleichzeitig hoffe ich natürlich, dass die Leute gesund bleiben, wenn sie wieder, wie jüngst bei der EM, zu Zehntausenden zusammenkommen.

Was war Ihr eindringlichstes Erlebnis, das Sie als Reporter im Stadion erlebt haben?

Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als wir auf dem Rasen, als Borussia Dortmund mit Matthias Sammer Meister wurde und das Stadion plötzlich von den Fans geflutet wurde. Das war ein Gedränge, ein Jubel, ein Gleichsein von Fans, Spielern und Journalisten. Eine echte Fußballtraube. So etwas vergisst man einfach nicht. Das ist Fußball pur und das Schöne ist, dass das jeder nachvollziehen kann. Egal, ob man Meister in der Kreisliga, Landesliga oder Bundesliga wird - es ist jedes Mal der gleiche Stolz. Deswegen funktioniert Fußball auch trotz all der Kommerzialisierung so gut.

Mit der neuen Saison benötigen Fans so viele Abos wie nie zuvor, um alles sehen zu können. Ist das nicht eine Gefahr für die Beziehung zwischen den Fans und dem Fußball?

Dieser Rechte-Split, der jetzt vorhanden ist, wird sich kaum zurückentwickeln, und die Leute sind es inzwischen ja gewohnt, für die Übertragungen, die sie sehen mögen, zu bezahlen. Aber egal, ob wir das gut finden oder nicht: Wir werden diese Entwicklung nicht aufhalten können.

Wenn Sie künftig für Amazon und Sky arbeiten - haben Sie die Sorge vor einem Versprecher und im Eifer des Gefechts aus Versehen mal den falschen Anbieter zu nennen?

Ich hatte mal eine Schulung bei Kurt Bromme, bei dem ich das Kommentieren ein wenig lernte. Er sagte damals: „Das einzige, das Ihnen nicht passieren darf, ist, dass sie die Mannschaften verwechseln.“ Und da habe ich beim Probekommentar prompt die blauen und weißen Spieler miteinander vertauscht. Wird schon schiefgehen. (lacht)

Herr Hellmann, vielen Dank für das Gespräch.