Gerhard Zeiler, der bis 2012 an der Spitze der RTL Group stand, ehe er zu Turner wechselte und inzwischen das internationale Geschäft für ganz WarnerMedia leitet, sah im Talk mit DWDL-Chefreporter Torsten Zarges bei den Medientagen München schwarz für das zentrale Zukunftsprojekt seines ehemaligen Arbeitgebers. "Wenn Sie mich fragen, ob ich persönlich Geld in Joyn oder TVNow investieren würde, würde ich sagen: Nein, das Risiko wäre mir zu groß."

Er glaube, dass es nicht nur Joyn und TVNow hierzulande, sondern generell lokale Anbieter im Wettbewerb der Streaming-Anbieter "sehr sehr schwer" haben würden, weil sie nicht genug Geld investieren könnten. Die angekündigten Summen, die RTL und ProSiebenSat.1 für ihre jeweiligen Streaming-Dienste ausgeben würden, seien zwar "beachtlich" in Bezug auf das Gesamt-Budget der jeweiligen Konzerne, "aber das ist nichts im Vergleich zu Netflix, Disney oder uns", so der WarnerMedia-Manager. Stattdessen schlägt er den deutschen Medienkonzernen einen anderen Weg vor: Die globalen Anbieter seien auf lokale Inhalte angewiesen - also gebe es die Chance, die eigenen Inhalte an die großen internationalen Anbieter zu lizenzieren und so weitere Einnahmen zu erzielen. Das dürfte auf Dauer allerdings wohl eher ein tragfähiges Geschäftsmodell für Produzenten als für Sender sein.

Immerhin: Auf Konkurrenz durch HBO Max, den Streamingdienst von WarnerMedia, müssen sich Joyn und TVNow auf absehbare Zeit hierzulande nicht einstellen. Zwar ist neben einer Erweiterung um eine zumindest teilweise werbefinanzierte Variante in den USA auch der internationale Rollout geplant, in Deutschland, Großbritannien und Italien gibt's aber eine langfristige Partnerschaft mit Sky. "Wir sind damit sehr zufrieden, der Deal geht auch noch einige Jahre", so Zeiler. "Deutschland wird eines der Länder sein, wo wir mit HBO Max noch warten müssen, in anderen europäischen Ländern wird es das Angebot früher geben." Im Umkehrschluss heißt das aber auch: Irgendwann will man dann auch in Deutschland direkt an die Nutzer ran mit einem eigenen Streaming-Angebot.

In einer nachfolgenden Panel-Runde kamen bei Senta Krasser dann übrigens auch die Vertreter der deutschen Konzerne zu Wort - und die gaben sich erwartungsgemäß sehr optimistisch, trotz des Wettbewerbs mit Netflix und Co. weiter bestehen zu können. Henrik Pabst, CCO von Seven.One Entertainment sieht Joyn bestens gerüstet, weil man auf "starke Content-Marken" aus den linearen Kanälen bauen könne und es auch schon eigene Programm-Marken bei Joyn aufgebaut habe. "Ich glaube, lokale Player werden nicht verschwinden. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir gefunden und gesehen werden aufgrund der starken Inhalte", so Pabst.

Hennig Tewes von der Mediengruppe RTL glaubt ebenfalls, sich nicht hinter Netflix und Co. verstecken zu müssen. "Wir haben für nächstes Jahr neben den 47.000 Stunden Content, die wir jetzt schon haben, jede Woche mindestens ein Original geplant", gibt er einen Ausblick. Die Flughöhe als vollständiges Streaming-Angebot will er im Herbst kommenden Jahres erreicht haben, wenn dann auch die True Crime-Offensive, und die zahlreichen Fiction-Projekte gestartet sind und zudem auch Europa-League-Spiele bei TVNow zu sehen sein werden. Streaming sei ein Wachstumsmarkt - und er sei "sehr zuversichtlich, dass wir mit dem sehr breiten Angebot, der Vielfältigkeit und der Qualität, die wir anbieten, auch besonders stark vom Wachstum profitieren können."

Elke Walthelm, EVP Content bei Sky Deutschland, sieht sich sowieso anders aufgestellt: Sky sei "viel mehr als Streaming". "Wir bieten Zugang zu unseren Angeboten, aber auch zu Angeboten anderer Marktpartner über Sky Q, wer sich nicht binden möchte, kann Sky Ticket nutzen, wir bieten alles linear an, wir bieten alles on demand an", so Walthelm. "Unser Job ist, es dem Kunden einfach zu machen, den Content zu finden, der ihn interessiert" - und das gelinge mit der Kombination aller Angebote gut. "Deswegen sehe ich der Zukunft voller Freude entgegen."