Der WDR muss bekanntlich sparen und will nun das Geschichtsformat "Stichtag" von WDR 2 streichen. In dem Format werden wichtige Ereignisse der Geschichte in wenigen Minuten noch einmal nacherzählt. Pro Tag entstehen so vier Minuten Sendung, das alles kostet den WDR laut DJV-Informationen nur rund 158.000 Euro. Und doch soll nun Schluss sein. Dagegen protestieren nun 102 Prominente in einem offenen Brief, in dem sie sich direkt an WDR-Intendant Tom Buhrow sowie Valerie Weber, Direktorin für NRW, Wissen und Kultur, wenden. 

Die Unterzeichner sehen neben "Stichtag" zudem noch eine weitere Geschichtssendung des WDR-Radios in Gefahr: "Zeitzeichen". Durch die geplante Abschaffung der ersten Sendung werde auch das tägliche Geschichtsfeature "Zeitzeichen" auf WDR 3 und WDR 5 gefährdet, so die Unterstützer des offenen Briefs, der vom langjährigen ARD-Korrespondenten Horst Kläuser initiiert wurde. 

"Für viele ist der Stichtag eine radiophone Oase auf WDR 2, das Zeitzeichen zum medialen Ritual geworden", heißt es in dem offenen Brief, der am Dienstag im "Kölner Stadtanzeiger" erschienen ist. "Beide Sendungen sind akustische Wegmarken, sie gehören zu den beliebtesten Podcasts der ARD und sprechen damit auch ein junges Publikum an. Wenige Programme erfüllen den öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrag so punktgenau wie die Geschichtssendungen im WDR-Hörfunk. Seit einem halben Jahrhundert ist das Zeitzeichen ein Aushängeschild des Westdeutschen Rundfunks, seit 23 Jahren auch der Stichtag." In einer Pressemitteilung zum offenen Brief heißt es darüber hinaus: "Flaggschiffe dürfen nicht untergehen".

Trotz der Tatsache, dass sich der WDR zur Sendung "Zeitzeichen" bekannt hat, befürchten die Unterstützer des offenen Briefs auch hier Einschnitte und den "Anfang vom schleichenden Ende". Denn: "Das Zeitzeichen steht finanziell auf schwachen Beinen. Nur weil die Autorinnen und Autoren bisher beide Sendungen parallel produzieren, können sie historisches Radio höchster Qualität liefern. Fällt die eine Sendung weg, muss die andere leiden. Notgedrungen."

Von Jauch bis Leutheusser-Schnarrenberger

Zu den Unterzeichnern des offenen Briefs gehören auch viele bekannte Medien-Persönlichkeiten. Darunter Günther Jauch, Kai Diekmann, Micky Beisenherz und Christian Ehring. Weitere Unterstützer des Anliegens sind Alice Schwarzer, Mariele Millowitsch, Jan-Gregor Kremp, Peter Urban oder auch Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Der Streit um die zwei Radiosendungen ist auch ein Konflikt zwischen WDR und NDR. "Zeitzeichen" wird vom WDR produziert, bislang überwies der NDR den Kollegen für die Ausstrahlung im eigenen Programm aber 145.000 Euro im Jahr. Wegen Einsparmaßnahmen kündigte der NDR aber schon vor Monaten das Ende von "Zeitzeichen" bei NDR Info an - und damit eben auch ein Ende der Zahlungen an den WDR. Um die Sendung nun zu retten, will man den "Stichtag" einstellen. Zusätzlich will der WDR das "Zeitzeichen" künftig auch bei WDR 5 wiederholen - das bringt den Autoren 20 Prozent zusätzliches Honorar. Das wiederum ist dem Deutschen Journalisten-Verband ein Dorn im Auge. "Schon allein das ist eigentlich eine Frechheit – und ein Tarifbruch obendrauf",  sagt Frank Stach, Landesvorsitzender des DJV in NRW. Normalerweise würden für diese Wiederholung laut geltendem Tarifvertrag 50 Prozent Honorar fällig.