Seiner Präsenz konnte man sich schwer entziehen, egal ob in persönlichen Gesprächen, am Telefon oder als Zuschauerin bzw. Zuschauer einer der Polit-Talkshows, für die Michael Spreng regelmäßig von seinem Wohnsitz auf Mallorca einflog und die politische Lage aus seiner Sicht einordnete. Natürlich ist es nicht das Äußere, was eine so lange Karriere definiert, aber die markante Stimme und sein undurchsichtig durchdringender Blick sorgten für die Unverkennbarkeit im Konzert der Köpfe, die das aktuelle politische Geschehen kommentierten.

Diese Woche ist Michael Spreng nach langer Krankheit verstorben, wie der Medienberater Kurt Breme am Donnerstag im Auftrag von Sprengs Familie mitteilt. Lange bevor Michael Spreng, geboren 1948 in Darmstadt, einmal Politberater und später sogar Politblogger wurde, war er als Journalist bei zahlreichen Medien der alten Bonner Republik tätig. Nach Stationen bei "Welt", "Bild" und "Bild am Sonntag" nahm er 1983 das Angebot von Alfred Neven DuMont an und wurde Chefredakteur des "Express" in Köln. 1989 wechselte er zurück zum Axel-Springer-Verlag und wurde dort Chefredakteur der "Bild am Sonntag".

Er blieb es für mehr als elf Jahre, länger als alle anderen auf diesem Posten. Doch im Sommer 2000 wurde Spreng dort ersetzt durch Claus Strunz. Der Journalist Spreng wechselte nach der Trennung auf die Berater-Seite, wurde 2002 zum Wahlkampfmanager von Edmund Stoiber, beriet zwei Jahre später den Chef der CDU NRW, Jürgen Rüttgers. Danach konzentrierte sich Spreng auf die Kommentierung des politischen Geschehens und entdeckte die Lust am Journalismus wieder, war kurzzeitig Redaktionsleiter bei "Menschen bei Maischberger".

Im Sommer 2007 lernte ich Michael Spreng persönlich kennen, der fasziniert war vom Medienmagazin DWDL.de als verlagsunabhängigem Medium und dem Internet gegenüber aufgeschlossener als mancher Medienmacher seiner Generation damals. Für mich 24-jährigen Geschäftsführer einer jungen Firma wurde Michael Spreng ein eloquenter, besonnener Ratgeber und im Dezember 2007 auch Gesellschafter der DWDL.de GmbH. Er übernahm 20 Prozent der Anteile. Der Jungspund und der alte Haudegen, was für ein Duo.

Bei akuten Themen griffen wir gelegentlich zum Telefon, trafen uns sonst regelmäßig in Berlin-Charlottenburg, wo er einst wohnte, oder im Cafe Einstein unter den Linden. Das politische Berlin ließ ihn nie los. Es waren keine tagesaktuellen Diskussionen, die wir führten. Es ging bei unseren Gesprächen mehr um die Zukunft des Journalismus allgemein, aber natürlich auch konkret um die von DWDL.de. Als alter Haudegen aus der Zeitungswelt wünschte sich Spreng stets mehr Print-Berichterstattung, aber verstand letztlich auch, dass die Fokussierung auf TV eine für uns unverwechselbarere Positionierung war.

Bei unseren Unterhaltungen ging es einst auch einmal darum, wie er selbst in der Öffentlichkeit wahrgenommen werde. Noch immer wurde bei seinen Talkshow-Auftritten, mit Vorliebe bei "Markus Lanz" oder "Hart aber fair", untertitelt mit "Ex-Politberater". Würde er aber seine politische Kommentierung unter eigener Website im Netz fortführen, so unser Gedanke, könnte er sich als Politblogger präsentieren. In Folge dessen entstand seine Website sprengsatz.de, auf der er bis zum Februar diesen Jahres das politische Geschehen aber auch das Wirken von Julian Reichelt bei der "Bild" kommentierte. Noch Anfang Juli jedoch stand er in Radio-Interviews, etwa mit dem Deutschlandfunk, zu aktuellen politischen Themen Rede und Antwort.

Seinen letzten Besuch bei uns hatte Michael Spreng im Oktober vergangenen Jahres: Nach knapp zwölf Jahren als Gesellschafter der DWDL.de GmbH verkaufte er seine Anteile an den stv. DWDL-Chefredakteur Uwe Mantel und DWDL-Redakteur Alexander Krei. Damals sagte er: "Als langjähriger Anteilseigner durfte ich Teilhaber einer sehr erfolgreichen Entwicklung sein, die DWDL.de zum wichtigsten Mediendienst des Landes gemacht hat. DWDL.de hat sich in dieser Zeit mit dem Wandel der Medien zum unverzichtbaren Informationsmedium der gesamten Branche verändert. Ich wünsche weiterhin viel Erfolg."

Lieber Herr Spreng, herzlichen Dank für Ihren Rat und Ihre Besonnenheit.
Und den Angehörigen und Freunden mein herzliches Beileid.