Frau Behrends, zu Beginn der Pandemie haben die Menschen so viel ferngesehen wie lange nicht. Gilt das auch fürs Pay-TV?

Das gilt ganz besonders für das Pay-TV, das einen starken Zuwachs in der Nutzung verzeichnen konnte. So ist zu Beginn der Corona-Krise zwischen März und April die Free-TV-Nutzung ohne Pay-TV um etwa 20 Prozent angestiegen, das Wachstum in der Sehbeteiligung im Pay-TV lag - ohne Sport - zwischen 21. März und 19. April bei 32 Prozent. Aber auch unabhängig von Corona steigt die Pay-TV-Nutzung: Nach der aktuellen Pay-TV-Studie unseres Branchenverbandes Vaunet stieg die Zahl der Pay-TV-Abonnenten im zurückliegenden Jahr erstmals auf 8 Millionen und die von AGF-lizenzierten Pay-TV-Programme erreichten 2019 eine durchschnittliche Reichweite von 16,4 Millionen Pay-TV-Sehern im Monat, das sind durchschnittlich 400.000 mehr als noch 2018.


Worauf führen Sie das zurück?

Ich führe den Anstieg auf die inhaltliche Breite und die konvergente Nutzungsmöglichkeit des Pay-TV-Spektrums zurück. Während das Free-TV insbesondere im Informations- und Newsbereich gewachsen ist, wurden die Pay-TV-Angebote vorwiegend genutzt, um von der harten Realität Abstand zu gewinnen und hatten eine eskapistische Funktion. Die besondere Stärke des Pay-TV liegt im herausragenden Angebot seines Unterhaltungssegments. Insbesondere das Crime-Genre erfreute sich dabei großer Beliebtheit. Nicht umsonst ist unser Channel 13th Street im ersten Halbjahr wieder der marktführende Entertainment Pay-TV-Sender gewesen. 

Allerdings leben wir durch Corona in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. Sinkt dadurch nicht die Zahlungsbereitschaft des Publikums? 

Das sehen wir nicht. Neben der erhöhten Nutzung stellen wir nach wie vor eine gesteigerte Zahlungsbereitschaft für außergewöhnlichen und exklusiven Content bei den Zuschauern fest. So sind die Umsätze aus Pay-TV und Paid-Video-on-Demand in Deutschland nach der Pay-TV-Studie des Vaunet von 3,5 Milliarden Euro 2018 auf circa 3,9 Milliarden Euro 2019 gestiegen. Und Pay-TV bedient optimal die individuellen Nutzungsvorlieben der Zuschauer mit immer weiter ausdifferenzierten Angeboten. Der Pay-Markt bleibt dynamisch und wächst. Insbesondere bei der Nutzung, aber auch weiterhin in der Abonnentenzahl und den Umsätzen. Wie dynamisch der Markt ist, lässt sich beispielsweise am Markteintritt von neuen Playern wie Disney+ erkennen.

Könnte die Vielzahl der Angebote nicht zum Problem werden? Oder anders gefragt: Rechnen Sie perspektivisch mit einer Bereinigung des Marktes?

Die Anzahl der Anbieter hat sich in letzter Zeit nicht mehr deutlich erhöht. Es geht jetzt in erster Linie darum, dass die einzelnen Player noch weiter in hervorragende Inhalte, außergewöhnliche Eigenproduktionen, crossmediale Zusatzangebote und eine klare Markenstrategie investieren. Die Vielzahl und Vielfältigkeit der konvergenten Angebote sehe ich als Vorteil für die Kunden.

In den USA ist mit Peacock gerade erst ein neuer Streamingdienst von NBCUniversal gestartet. Werden wir Peacock bald auch in Deutschland sehen?

Peacock ist ein sehr innovativer Service, der zunächst auf den amerikanischen Markt zugeschnitten wurde, der ganz andere Vorrausetzungen hat als der deutsche. Weitere Pläne sind bislang nicht bekannt. NBC Universal Global Networks konzentriert sich auf seine vier klar definierten Channel Brands 13th Street, Syfy, Universal TV und E! Entertainment und die eigenen SVoD-Angebote, die seit Jahren sehr erfolgreich im Markt etabliert sind. Wir setzen auf eine enge Zusammenarbeit mit unseren Plattformpartnern, die in diesem Jahr noch intensiviert wurde. 

Was meinen Sie damit? 

Das Jahr steht bislang sehr im Zeichen von Flexibilität, Kreativität und Partnerschaften. Durch die höhere Nachfrage im Zuge der Corona-Krise haben wir kreative Lösungen entwickelt, wie wir unseren Content noch besser den Zuschauern zugänglich machen können. Beispielsweise realisieren wir mit einigen Plattformpartner Free-Streaming-Initiativen bei ausgewählten TV-Premieren. So wurde die exklusive TV-Premiere einer Syfy-Serie auf dem #Dabei-TV-Kanal der Telekom ausgestrahlt, nonlinear in der Megatkek sowie in deren VR-App kostenlos angeboten.

"Bei unserer nächsten Serie wollen wir uns wieder auf 13th Street konzentrieren."
Katharina Behrends

Blicken wir auf Ihr Haus: Vor einiger Zeit wurde Sky von Comcast geschluckt und Sie sitzen mit NBCUniversal seit einem Jahr unter dem Dach von Sky. Was hat sich seither verändert? 

Da unser bisheriger Mutterkonzern Comcast Sky übernommen hat und unser Businessmodell unverändert geblieben ist, hat sich grundsätzlich außer dem Firmenstandort nicht sehr viel geändert – erst recht, da wir noch immer im Homeoffice sind (lacht). Die enge Partnerschaft mit Sky, die auch vorher schon bestand, ist natürlich durch unsere gesellschaftliche Verknüpfung noch einmal positiv intensiviert worden. Die strategische Ausrichtung unserer erfolgreichen Channel Brands bleibt aber wie sie ist: eine Multiplattformstrategie mit größtmöglicher Verbreitung im deutschen Markt. Daher hat sich durch die noch größere Nähe zu Sky an unserem guten Verhältnis zu anderen Partnern auch nichts geändert.

Sky will verstärkt in eigenproduzierte Serien investieren und auch Sie haben in diesem Feld immer wieder experimentiert. Welche Strategie wollen Sie hier in Zukunft verfolgen?

Mit dem Syfy-Original "Spides" haben wir in diesem Jahr bereits eine einzigartige Eigenproduktion auf Syfy gezeigt. Bei unserer nächsten Serie wollen wir uns wieder auf 13th Street konzentrieren. Durch Corona konnten wir uns etwas mehr der Entwicklung von Stoffen für Crime-Serien widmen. Uns ist wichtig, die eine, passgenaue Produktion für unser jeweiliges Genre zu finden – die Schlagzahl, in der wir neue Eigenproduktionen realisieren, ist dabei eher zweitrangig. Sie müssen Pay-TV-Value bieten, der perfekt zur jeweiligen Brand passt, und eine Geschichte erzählen, die man so noch nie gesehen hat.  

Zum Schluss ein Ausblick: Was erwarten Sie für den Pay-TV-Markt mit Blick auf die nächsten zwölf Monate?

Ich bin optimistisch hinsichtlich einer weiteren Umsatzsteigerung. Der Trend geht eindeutig Richtung Paid Content. Da haben uns die SVoD-Player wie Netflix und Amazon in den vergangenen Jahren eher geholfen, weil das Abonnieren von qualitativ hochwertigen Inhalten selbstverständlich geworden ist. Außerdem wird es zunehmend darauf ankommen, sowohl horizontal als auch vertikal integrierte Wertschöpfungsketten anzubieten. Ein interessantes Beispiel ist, dass Amazon Prime Video nun neben SVoD auch vermehrt in lineares TV integrieren will. Daher gehe ich auch davon aus, dass durch die zunehmenden Partnerschaften die Wertschöpfungsketten erweitert werden. 


Allerdings ist es durch Netflix & Co. auch ein Stück weit selbstverständlich geworden, dass sich die Zuschauer nicht mehr so lange binden wollen wie früher. Ist das nicht von Nachteil für Sie?

Für uns ist das vielmehr ein Ansporn, noch stärker in hochwertige und einzigartige Inhalte zu investieren, um den Zuschauern gute Gründe zu liefern, unsere Sender langfristig zu abonnieren. Tatsächlich lässt sich in den vergangenen Jahren ja auch noch einmal ein weiterer Qualitätssprung der Inhalte und des Production Values, insbesondere im Serienbereich, feststellen. Der Kreativität sind kaum noch Grenzen gesetzt und davon profitiert der Zuschauer. 

Frau Behrends, vielen Dank für das Gespräch.