"Am 23. Januar werden rund neun Millionen Menschen in Wuhan eingesperrt, mehr als zwei Monate lang. Kaum jemand weiß, was in der Zeit wirklich passiert ist. Die Story im Ersten rekonstruiert die Chronik eines Ausbruchs – Von der Entdeckung und Ausbreitung des Virus bis zur Lockerung der Maßnahmen" - so kündigte der SWR die Dokumentation "Wuhan - Chronik eines Ausbruchs" an, die eigenltich heute um 22:45 Uhr im Ersten ausgestrahlt werden sollte. Und weiter: "Exklusive Interviews mit Epidemiologen aus China, die der Zentralregierung zum Lockdown geraten haben, geben Einblicke in eine beispiellose Kette aus radikalen Entscheidungen. Krankenhäuser werden aus dem Boden gestampft, Intensivstationen füllen sich. Das Militär schreitet ein."

Das Problem daran: Die ARD hatte gar kein eigenes Kamerateam in China vor Ort - was während des Lockdowns ohnehin kaum möglich gewesen wäre. Stattdessen griff man auf Filmmaterial des China Intercontinental Communication Center (CICC) zurück, die zum Informationsbüro des chinesischen Staatsrats gehört - kurz gesagt also: Material aus dem Propaganda-Apparat Chinas, wie in der vergangenen Woche zuerst die "SZ" berichtete. Trotz der Kritik nach Bekanntwerden der Herkunft der Bilder hielt der SWR zunächst an der geplanten Ausstrahlung fest und verteidigte das Vorgehen.

So erklärte man, dass die Gebrüder Beetz Filmproduktion, die die Wuhan-Doku produzierte, einen vorgeschnittenen Film der CICC mit ausgewählten Interviews abgelehnt und sich stattdessen das 67 Stunden lange Rohmaterial gesichert habe. Darin hätten sich überraschende Aufnahmen wiedergefunden - wie etwa Interviews mit chinesischen Virologen und Ärzten, die auch eine Zurückhaltung von Informationen bestätigen, Berichte von überfüllten Krankenhäusern und weitere Dinge, die die chinesische Führung nicht im besten Licht darstellen ließen. In der Folge habe man eigene Recherchen und Hintergrundgespräche geführt, um die Aufnahmen zu überprüfen und einzuordnen. Allerdings räumte man auch ein, dass das CICC weiter als "Berater" an Bord blieb, wenngleich das redaktionelle Entscheidungsrecht über die Auswahl des Materials allein beim SWR gelegen habe.

Nun, erst wenige Stunden vor der geplanten Ausstrahlung, kam nun der überraschende Rückzieher. Als Grund gibt der SWR ein Rechteproblem an. In der Erklärung des Senders heißt es nun: "Bis zuletzt hat der Sender gemeinsam mit der Produktionsfirma für die Realisierung dieses wichtigen Projekts gekämpft. Bei der intensiven redaktionellen und rechtlichen Prüfung war es dem SWR wichtig, dass der Film allen journalistischen und juristischen Ansprüchen genügt. Wie der SWR erst am gestrigenSonntag erfahren hat, kann die  beauftragte Produktionsfirma dem SWR nicht die erforderlichen Rechte am verwendeten Filmmaterial des China Intercontinental Communication Center (CICC) einräumen. Damit fehlt eine Grundvoraussetzung für die beim SWR gültigen journalistischen Standards für das Verwenden von fremdem Rohmaterial. Da eine einvernehmliche und für den SWR akzeptable Rechteklärung zwischen dem Produzenten und CICC leider nicht erreichbar erscheint, plant der SWR derzeit keine Ausstrahlung. Der SWR bedauert diese kurzfristige Absage und bittet dafür um Verständnis."

Ersatzweise zeigt Das Erste heute um 22:45 Uhr nun stattdessen die Doku "Sneaker - Der große Deal mit Turnschuhen".