Die Serie "Dark", die Wiedemann & Berg für Netflix produziert, gehört zu den wenigen internationalen Erfolgsgeschichten in Sachen deutsche Serie. Netflix gibt wie üblich zwar keine genauen Nutzungszahlen bekannt, doch schon allein das Kritikerlob aus vielen Ländern ist beeindruckend. Auf der Seite "Rotten Tomatoes", die Beurteilungen professioneller Kritiker und Nutzer zusammenfasst, kommt die zweite Staffel auf 100 Prozent positive Bewertungen bei Kritikern, 97 Prozent bei den Nutzern - bei insgesamt rund 1.800 abgegebenen Bewertungen. Jüngst ging sie bei einer Abstimmung des Portals gar als beste Netflix-Serie durch. Zumindest hat sie also eine begeisterte, loyale Fanbase.

Bei der Jury des Deutschen Fernsehpreises hat die komplizierte weil über mehrere Zeitebenen verschlungene Story hingegen offenbar weniger verfangen: "Dark" ging in Sachen Nominierung diesmal leer aus. Auch beim "Grimme-Preis" gab's in diesem Jahr übrigens keine Nominierung, allerdings wurde die Serie hier schon nach der ersten Staffel mit einem Preis geehrt. Das war beim Deutschen Fernsehpreis 2018 nicht möglich, weil die Stifter (ARD, ZDF, RTL und Sat.1) die Preisverleihung erst in diesem Jahr für Streaming-Produktionen geöffnet haben.

Dafür hielt die Dramaserien-Kategorie in diesem Jahr andere Produktionen bereit, die viele nicht auf dem Zettel gehabt haben dürften. Die funk-Serie "Druck" beispielsweise. Es handelt sich um die gelungene Umsetzung des norwegischen Vorbilds "Skam" durch Bantry Bay, die schon allein durch seine jugendliche Zielgruppe viele gar nicht auf dem Schirm gehabt haben dürften. Oder auch "MaPa", eine kleine feine Serie von Readymade Films, die erst Mitte April und damit kurz vor Ende des Beobachtungszeitraums bei Joyn online ging und später auch noch beim RBB laufen wird. Die "Sadcom" überzeugt mit ihrer erfrischenden "Echtheit" und der Sprengung von Genres.

Dass sich die Jury nicht nur naheliegende Hits vorgenommen, sondern auch einen lohnenswerten Blick in die verwinkelteren Ecken des Deutschen Fernsehens geworfen hat, zeigt beispielsweise auch die Nominierung einer Comedyserie wie "Warten auf'n Bus", die im RBB Fernsehen lief, wo sie vielen noch nicht aufgefallen sein dürfte. Für viele eine Überraschung ist wohl auch "Think Big!": Auf Sat.1 war die Comedyserie ein Flop - aber Quote sagt ja bekanntlich nichts über Qualität aus. Dafür fehlten andere Produktionen wie beispielsweise die improvisierte TNT-Comedy-Serie "Andere Eltern", die für den Grimme-Preis nominiert worden war. Oder auch "Pastewka" - einen Farewell-Preis zum Abschied dieser langlaufenden deutschen Comedy gibt's also nicht. Ganz ohne Fernsehpreis-Weihen ist die Serie aber nicht, schon für die erste Staffel gab's 2006 einen Preis als beste Sitcom - damals setzte sich "Pastewka" übrigens gegen "Stromberg" durch, das erst ein Jahr später ausgezeichnet wurde.

Für einige erstaunte Gesichter sorgte auch der Blick auf die Liste der meistnominierten Formate in der Unterhaltung. Gleichauf mit "The Masked Singer", dem erfolgreichsten Show-Neustart seit vielen Jahren, liegt hier mit ebenfalls drei Nominierungen nämlich "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus". Selbst Fans des Trash-Genres dürften die diesjährige Staffel, trotz des noch immer sehr großen Erfolges, wohl eher nicht als prägendstes Reality-Format des Jahres wahrgenommen haben. Es ist auch nicht in der Reality-Kategorie selbst nominiert, möglich werden die drei Nominierungen durch die Einführung von Personen-Kategorien in der Unterhaltung eben durch Autoren-, Moderations- und Cutter-Leistung ein.

Dass der jüngste Reality-Hit der letzten Monate fehlt, ist hingegen weniger überraschend: "Promis unter Palmen" hat sich spätestens durch die Mobbing-Folge selbst seiner Chancen beraubt. Auch dass "Late Night Berlin" hat sich seine Chancen dadurch zunichte gemacht, dass bei Einspielfilmen mit Schauspielern nachgeholfen wurde, obwohl man den Zuschauern das Ganze als echt verkauft hat. Vor den Grimme-Nominierungen war das noch nicht bekannt, dort hatte es die ProSieben-Show noch unter die Nominierungen geschafft. Und dann ist da noch eine Nominierung in der Kategorie Sport die aufhorchen lässt: Als beste Sportsendung ist dort nämlich eine eSport-Übertragung der FIFA eWorld Cup Grand Final 19 bei Sport1 nominiert - etwas, das bis vor gar nicht allzu langer Zeit im klassischen Free-TV  noch kaum denkbar schien.