Darth Vader ist tot und das Imperium hatte vor dem Ende von "Die Rückkehr der Jedi-Ritter" auch schon mal glorreichere Zeiten erlebt. Das zeigen vor allem die aufgespießten Stumrtruppler-Köpfe, die weite Teile von "The Mandalorian" dekorieren. Fünf Jahre, nachdem Luke Skywalker mit seinen Freunden und den Machtgeistern von Obi-Wan, Yoda und seinem Vater Anakin den Sieg über die Terrorherrschaft Palpatines feierte, kreucht noch immer genügend Abschaum durchs Weltall, dass ein namenloser mandalorianischer Kopfgeldjäger seine Brötchen mit Auftragsarbeit verdienen kann. Auf ProSieben und ab dem 24. März in voller Länge auf Disney+, startet nun sein ganz eigenes Abenteuer, fernab der laser-beschwingten Helden, die man sonst aus dem "Star Wars"-Universum kennt. Eine Reise, die sich wie "Star Wars" anfühlt, wie seit den 80er-Jahren nicht mehr. 

Diese Aussage vermutet bereits ein "back to basic". Ein Erinnern an die Werte, die das Franchise einst groß gemacht haben. Was in der ursprünglichen Trilogie noch für den gewissen Zauber sorgte, hat man in der Letzten beinahe komplett links liegen lassen: Fantasienreichtum, der sich nicht dadurch definiert, krude von Storypunkt zu Storypunkt zu springen, ohne dabei darauf Rücksicht zu nehmen, wie viel Luft ein Charakter zum Atmen bekommt. "The Mandalorian" besinnt sich zurück auf diese Tugend und wirkt dadurch im ersten Moment mächtig machtlos: Von Prophezeiungen ist weit und breit nichts zu sehen, ebenso wie von rasanten Weltraumverfolgungsjagden und epischen Lichtschwertduellen. Letzteres ist ein bisschen traurig.

Aber auch nur, weil das Lichtschwert das eingebrannte Symbol von "Star Wars" ist. Nicht, weil es wirklich fehlt. Ob es in "The Mandalorian" dennoch im Laufe der ersten Staffel zum Zuge kommt, wird an dieser Stelle nicht verraten. 

Wenn genauer darüber nachgedacht wird, ist es absurd, wie lange es gedauert hat, bis es zu einer "Star Wars"-Realserie gekommen ist. Die Liste der bereits länger existierenden "Star Wars"-Serien liest sich durchaus beachtlich: "Resistance", "Die Mächte des Schicksals", Rebels", "The Clone Wars" oder auch das zu Unrecht vergessene, an "Die Glücksbärchis" erinnernde "Die Ewoks" aus den 80er-Jahren. Natürlich handelt es sich bei all diesen Serien um Animationen, deren Aufmachungen das Konzept von "Star Wars" fürs Fernsehen noch deutlich umsetzbarer haben erscheinen lassen. Nun, 43 Jahre nachdem mit "Eine neue Hoffnung" der erste "Star Wars"-Film in die Kinos kam, bekommen wir also die erste Serie mit echten Darstellern - und “Baby Yoda". 

Es handelt sich übrigens nicht wirklich um Baby Yoda. Das ist, als ob man jeden kleinen Menschen plötzlich "Baby Torben" nennen würde, nur weil Torben der erste Mensch war, der einem über den Weg gelaufen ist. Tatsächlich gehört der Schnuffel zur gleichen Spezies wie Yoda, ist aber ein ganz eigenes Individuum. Noch zum Vergleich: Yoda war in den Filmen knapp 900 Jahre alt. Die kleine, grüne Spezies aus "The Mandalorian" bringt es gerade einmal auf fitte 50 Jahre. Fun fact Ende.

The Mandalorian

Ein Mandalorian und sein 50-jährigs Baby.

Der Grund, warum es so lange gedauert hat, bis "Star Wars" auch mit einer Realserie vertreten ist, lässt sich simpel auf vier Buchstaben herunterbrechen: Geld. Vor Disney+ muss es der Weltkonzern einfach nicht eingesehen haben, eine solch absurd teure Serie in Auftrag zu geben, die beim linearen Disney Channel wohl völlig untergegangen wäre. Ein eigener Streamingdienst in Zeiten, in denen die Zielgruppe beinahe ausschließlich hochwertigen Streamingcontent konsumiert, klingt da schon deutlich attraktiver. 100 Millionen Dollar hat die erste Staffel nun gekostet, das sind knapp 12,5 Millionen pro Episode. Zum Vergleich: In der letzten Staffel von "Game of Thrones" kostete eine Folge 15 Millionen Dollar.

Dass in der gleichen Liga gespielt wird, zeigt, wie ernst man es meint. Disney+ poliert seine Prestigeserie mit dem höchsten Anspruch und lädt in eine Welt ein, die so immersiv auf den Zuschauer wirkt, dass der Spruch "Serien sind das neue Kino" noch einmal komplett überdacht werden und man sich fragen muss, bei wie vielen Serien diese Phrase in der Vergangenheit zu Unrecht genutzt wurde. 

Disney hat sich die "Star Wars"-Produktionsfirma Lucasfilm vor knapp sieben Jahren einverleibt und schon früh überlegt, wie das Franchise fortgeführt werden kann. Natürlich handelt es sich schlicht um smarte Marketing-Moves, wenn beispielsweise einer der Protagonisten ein kleines, knuffiges, grünes Wesen mit Kulleraugen ist, dass sich hervorragend als verkaufbares Spielzeug macht. Doch auch von der kreativen Seite hat man sich keine Blöße geben wollen und die besten Filmemacher versammelt, die zur Verfügung standen. Jon Favreau, der für Disney-Tochter Marvel bereits zwei kommerziell sehr erfolgreiche “Iron Man”-Filme gedreht hat, wurde als Autor und Regisseur engagiert. Auch Dave Filoni (“Clone Wars”) und Taika Waititi (“Thor: Ragnarok”) haben Teile der ersten Staffel inszeniert. 

In der Auftaktfolge der Serie nimmt der namenlose Mandalorianer seinen an “Boba Fett” erinnernden Helm kein einziges Mal ab. Pedro Pascal, der bereits in "Narcos" brillierte, braucht seine Mimik also weniger, überzeugt aber sowieso mit einer Körpersprache, die jederzeit vermuten lässt, wie ernst oder überrascht er in den jeweiligen Situationen dreinblicken muss.

Dass man sein Gesicht als Zuschauer nicht zu sehen bekommt, fasst in einem wunderschönen Bild zusammen, warum "The Mandalorian" ein absoluter Hit wurde. Das "Star Wars"-Universum war schon immer so breit und farbenfroh, dass die Aufmerksamkeit, die man den Film-Protagonisten geschenkt hat, gerne mal abgedriftet ist. "Ha, die Cantinaband da im Hintergrund sieht aber cool aus, und der Ohrwum ist ja noch besser!" oder "Wie konnte Jabba the Hut mit seiner Physis überhaupt zum Don der Unterwelt aufsteigen?" sind nur ein paar meiner Gedanken, die währenddessen aufgetaucht sind. Kurz: "The Mandalorian" macht sich ein Universum zu Eigen, das so viel mehr zu bieten hat, als es Kinofilme je zeigen könnten. Das Schönste ist, dass anfangs kaum klar wird, in welche Richtung sich diese Serie entwickelt. Es gibt noch kein klares Ziel und vor allem keine Hektik. Nur einen Mann, sein 50-jähriges Baby und eine vielversprechende Reise durch eine weit, weit entfernte Galaxy.

Die erste Episode von "The Mandalorian" ist am Sonntag um 20:15 Uhr frei empfangbar bei ProSieben zu sehen. Die gesamte erste Staffel steht ab dem 24. März bei Disney+ zur Verfügung. ProSieben strahlt im Anschluss an die Pilotfolge außerdem "Star Wars: Die letzten Jedi" aus, den zweiten Film der neuesten Trilogie.