Dr. Johannes Wimmer ist in diesen Tagen ein gefragter Mann. Der Arzt gehört zu den gern gesehenen Gästen in Fernseh- und Radiosendungen, weil er in verständlicher Weise erklärt, was die Ausbreitung des Coronavirus für uns alle bedeutet. Entsprechend glücklich kann man sich in Sat.1 schätzen, den telegenen Mediziner für eine eigene Sendung gewonnen zu haben, die seit dieser Woche täglich nach dem "Frühstücksfernsehen" läuft. 

Es gibt nur einen Haken: Aufgezeichnet wurde "Die Dr. Wimmer Show" lange bevor das Coronavirus das Land in einen Ausnahmezustand versetzte. Das ist schade, weil das Format bestens dazu geeignet wäre, die Fragen der Zuschauer verständlich zu beantworten, steht doch der Servicecharakter erkennbar im Vordergrund.


"Hier gibt es nur eine Diagnose und die heißt: Klartext", tönt der Off-Sprecher zu Beginn und Wimmer selbst verspricht, dass hier keiner raus geht, "ohne dass er verstanden hat, worum es eigentlich geht in der Medizin". Blöd nur, dass es in der Premieren-Ausgabe eben nicht um Corona geht, sondern um den weiblichen Orgasmus. Dem zumindest nähern sich Wimmer und sein Gast, eine "Top-Gynäkologin", wie er sagt, sehr anschaulich. 

Auch diesmal meldet sich der Sprecher wieder zu Wort. "Holen Sie sich Ihren Orgasmus zurück", kündigt dieser an, ehe es im Studio um die vier Orgasmus-Phasen geht. Dabei kommt es auch zum amüsantesten Dialog der Sendung: "Kann ich das sehen?", will der Doktor von der Frauenärztin hinsichtlich des Orgasmus wissen, worauf hin diese mit einem prägnanten "Nein" antwortet. Wimmers etwas doppeldeutige Reaktion: "Das ist hart."

Später lernen die Zuschauer, dass sich Vagina ebenso zusammenzieht wie der Enddarm und dass es auf den Tunnelblick ankommt. "Männer, nicht das, was ihr jetzt denkt", mahnt Dr. Wimmer schließlich. Und dann wird auch noch erklärt, dass die Klitoris mehr als 8.000 Nervenenden besitzt, während die Eichel des Penis gerade mal 400 besitzt. Ein Fakt, den die Gynäkologin regelrecht in Ekstase versetzt: "Ich finde, das braucht einen Applaus für die Klitoris", ruft sie freudig in Richtung des Publikums.

Doch das war noch nicht alles. Mehrere Schwämme sollen im weiteren Verlauf der "Dr. Wimmer Show" verdeutlichen, dass sich die Feuchtigkeit der Frau im Laufe des Jahres so sehr verändert, dass sich der Sex mitunter so anfühlt als befinde sich eine Socke über dem Penis. Von Happy Socks kann da wohl keine Rede sein. Mithilfe von Luftballons und einer Hängematte gibt’s später sogar noch Nachhilfe in Sachen Beckenboden – da ist doch für jeden was dabei.

Wem das zu viel "Untenrum"-Details waren, dem sei versichert, dass sich in der neuen Sat.1-Sendung auch Platz für andere Themen findet: Eine Frau erzählte sehr eindringlich, wie seit seit Jahrzehnten mit Migräne lebt. Kurz vor Schluss war noch kurz Platz für Tipps zur gesunden Ernährung. Man solle "dem Göttergatten mal eine gesunde Nuss unterjubeln", rät Dr. Wimmer den Zuschauerinnen seines Medizin-Talks, der durchaus das Potenzial besitzt, sich im Vormittagsprogramm zu etablieren.

Mit Johannes Wimmer hat Sat.1 jedenfalls einen Mann verpflichtet, der sich äußerst souverän vor der Kamera bewegt und den Spagat zwischen Oberlehrerhaftigkeit und ernsthaftem Interesse gut meistert. Nur über Corona muss der TV-Arzt vorerst wohl an anderer Stelle sprechen.