Der Rundfunkstaatsvertrag wurde 1991 geschaffen - also in einer Zeit, in der vom Internet allenfalls in Fachkreisen die Rede war und sich kaum jemand vorzustellen vermochte, wie beispielsweise YouTube, Facebook & Co. mal die Mediennutzung entscheidend verändern würden. Daher wird schon seit längerem an einem neuen "Medienstaatsvertrag" gearbeitet, dessen Regelungen nun an die aktuelle digitale Welt angepasst sind. Die Ministerpräsidenten haben sich darauf nun im Grundsatz geeinigt, nun müssen aber zunächst die Landtage unterrichtet und der Text der Europäischen Kommission vorgelegt werden. In Kraft treten könnte er voraussichtlich im Herbst 2020.

Neu geregelt wird unter anderem die Zulassungspflicht für Rundfunkangebote. Bislang gab es die Regelung, dass bereits Angebote, die von mehr als 500 Zuschauern gleichzeitig genutzt werden, eine Rundfunklizenz benötigten - was beispielsweise Anbietern wie "Bild.de" ebenso Ärger einbrachte wie manchem YouTuber. Künftig liegt die Grenze erheblich höher: Programme, die im Durchschnitt der letzten sechs Monate weniger als 20.000 gleichzeitige Nutzer erreichten, sind demnach dann zulassungsfrei. Erstmals eingeführt wird der Begriff "Intermediäre", womit Plattformen gemeint sind, über die andere ihre Inhalte weiter verbreiten - Facebook etwa oder Google, aber auch Sprachassistenten und smarte Lautsprecher. Für sie gelten künftig bestimmte Transparenz-Pflichten, etwa nach welchen Kriterien Inhalte präsentiert werden.

Auch sollen Medien vor Diskriminierung durch einzelne Plattformen geschützt werden. So heißt es in einem Absatz: "Zur Sicherung der Meinungsvielfalt dürfen Medienintermediäre journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote, auf deren Wahrnehmbarkeit sie potentiell besonders hohen Einfluss haben, weder mittelbar noch unmittelbar unbillig behindern oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unterschiedlich behandeln." Diese Regelung wird von den Verleger-Verbänden BDZV und VDZ begrüßt, sie bezeichnen den Medienstaatsvertrag als "wichtigen ersten Schritt zur Sicherung der Meinungs- und Pressevielfalt im Internet". Zugleich warne man vor einer Aufsicht der Landesmedienanstalten über journalistisch-redaktionelle Telemedien. "Auch wenn die Digitalangebote von Zeitungen und Zeitschriften hiervon zunächst wohl nicht betroffen sein dürften, könnten gefährliche Präzedenzfälle für eine staatliche Presseaufsicht entstehen. Alle Beteiligten sind dazu aufgerufen, dies von Anfang an zu verhindern."

Der ARD-Vorsitzende Ulrich Wilhelm zeigte sich zufrieden: "Aus Sicht der ARD ist der heute beschlossene Medienstaatsvertrag ein echter Meilenstein, der den Anforderungen des digitalen Medienwandels Rechnung trägt. Besonders erfreulich für die föderale ARD ist, dass der must-carry-Status für die Dritten Programme auch außerhalb des jeweils eigenen Sendegebiets grundsätzlich erhalten bleibt. Die Dritten Programme leisten einen maßgeblichen Beitrag zur regionalen Vielfalt in unserem Land und sind gleichzeitig von der Allgemeinheit finanziert. Ausdrücklich begrüßen wir zudem die Festlegungen zur Plattformregulierung. So werden unter anderem ein diskriminierungsfreier Zugang zu Plattformen aller Art und die privilegierte Auffindbarkeit vielfaltsrelevanter Inhalte sichergestellt."

Der Privatsender-Verband VAUNET spricht von einem "guten und längst überfäligen Schritt". Hans Demmel: "Der heutige Beschluss eröffnet eine zeitgemäße Regulierung, die der neuen Medienwirklichkeit mit ihren konvergenten Angeboten, Plattformen und Verbreitungswegen gerecht wird. Der Staatsvertrag berücksichtigt in zahlreichen Punkten die Anliegen des privaten Rundfunks. Der VAUNET und seine Mitgliedsunternehmen erkennen das Vorgehen der Länder, wichtige Weichen für eine Modernisierung der Medienordnung zu stellen, deshalb ausdrücklich an." Hinsichtlich Zulassungsfragen oder der Frage öffentlich-rechtlicher Werbeverbote im TV sieht er aber noch offene Themen, die man nun angehen will.