Ist die Einigung nur noch eine Frage von Tagen? Die britische Tageszeitung "Daily Telegraph" berichtete am Montag zuerst über den jetzt vermeintlich aber wirklich bevorstehenden Deal. Seither häufen sich die Berichte, bei einigen US-Branchendiensten angereichert durch Informationen aus eigenen Quellen. Demnach könnte die finale Entscheidung und Kommnunikation des Deals schon morgen oder am Donnerstag erfolgen.



Es geht um die Übernahme der Endemol Shine Group, eine der größten unabhängigen Produktionsfirmen im internationalen TV-Geschäft. Bislang halten die Beteiligungsgesellschaft Apollo Global sowie durch die Fox-Übernahme nun Disney jeweils 50 Prozent an der Endemol Shine Group. Die Verkaufsabsichten der beiden Gesellschafter sind kein Geheimnis, machten bereits im vergangenen Herbst Schlagzeilen. Damals hatte es noch mehrere Interessenten gegeben, aber u.a. ITV sowie RTL-Tochter Fremantle hatten abgewunken. All3Media ist später ebenso aus dem Übernahme-Poker ausgestiegen.

Von mehreren potentiellen Käufern, die sich näher mit den Zahlen der Endemol Shine Group (ESG) befassten, kam immer wieder das gleiche Feedback: Zum ursprünglich erwarteten Kaufpreis von vier  Milliarden Euro sei ESG deutlich überbewertet. Das französische Medienhaus Banijay, gegründet von Stéphane Courbit, blieb als einziger potentieller Käufer im Rennen als Anfang November 2018 dann US-Branchendienste übereinstimmend vermeldeten: Apollo Global und 21st Century Fox hätten den Verkaufsprozess zunächst einmal abgebrochen.

Die inzwischen vollzogene Übernahme von Fox durch Disney, hat den Verkaufsabsichten aber seit Anfang 2019 wieder höhere Priorität beschert. Disney verfügt schließlich über genügend eigene und durch Fox unmittelbar zugekaufte Produktionskapazitäten. Die 50-prozentige Beteiligung an der Endemol Shine Group ist daher kein strategisches Asset für die Amerikaner mehr, wie DWDL.de im Februar aus Verhandlungskreisen erfuhr. Zeitgleich meldeten auch britischen Branchendienste: Die Gespräche mit Banijay seien wieder aufgenommen worden. Schon kurz vor der Fernsehmesse MIPTV im April wurde spekuliert, ob eine Einigung kurz bevor stehen könnte.

Stéphane Courbit

Für Stéphane Courbit (Foto) wäre die Übernahme der Endemol Shine Group zweifelsohne der Deal seines Lebens. Dazu muss man die berufliche Karriere des französischen Fernsehmachers kennen, der zwar längst auch in der Energiewirtschaft und Hotelerie sein Geld verdient, aber in der Branche den Ruf hat, sich trotzdem unverändert detailliert für TV-Formate zu interessieren. Seit 1990 arbeitet er beim Fernsehen, gründete in den 90er Jahren seine eigene Produktionsfirma, die 1998 und 2001 in zwei Schritten von Endemol übernommen wurde und ihn zum Geschäftsführer von Endemol France machte.
Anfang 2008 gründete er Banijay Entertainment (heute Banijay Group), übernahm mit der neugegründeten Unternehmung in Deutschland bekanntlich 50 Prozent der Anteile an Brainpool sowie einige andere Produktionsfirmen in Europa.

Die Einkaufstour hielt an. Vorläufiger Höhepunkt in 2015: Die Übernahme des französischen Konkurrenzen Zodiak Media, der die Banijay Group zum größten unabhängigen TV-Produzenten der Welt machte, der nicht einem Medienkonzern gehörte. Jetzt auch noch jene Firma übernehmen zu können, die einst sein erstes Produktionshaus einverleibte und die er 2007 auch aufgrund von unterschiedlichen Auffassungen über die künftige Strategie verließ, hat für Stéphane Courbit ganz sicher einen besonderen Reiz. Banijay-Gesellschafter, der französischen Medienkonzern Vivendi, befürworte laut Berichten einen baldigen Vertragsabschluss.

Der Kaufpreis soll jetzt in der Region von zwei Milliarden Euro liegen. Vom Kaufpreis entfielen jedoch stolze 1,75 Milliarden Euro auf den irrwitzigen Schuldenberg von Endemol Shine, so dass sich Banijay de facto die Produktionsfirmen und den Rechtekatalog von Endemol Shine für einen Gegenwert von etwa 250 Millionen Euro sichert. Die Kollegen vom US-Branchendienst Deadline zitieren Quellen, die in Folge der Übernahme von einem personellen "Blutbad" sprechen. Auf Anfrage des Medienmagazins DWDL.de lehnt Banijay aktuell freundlich, aber bestimmt jegliche Anfragen zu dem Thema ab.

In der Tat ist z.B. auch in Deutschland die Frage besonders spannend wie auch pikant, wie eine Übernahme im deutschen Markt umgesetzt wird. Abzuwarten wäre, wie sich die deutschen Aktivitäten von Endemol Shine in die gerade von CEO Marcus Wolter aufgebaute Banijay Deutschland Gruppe einfügen würden. Endemol Shine Germany ist Wolter natürlich gut bekannt: Er war vor seinem Absprung zu Banijay bekanntlich lange Jahre Geschäftsführer dort. Gerade heute erst (DWDL.de berichtete) wurde mit weiteren Personalien die Struktur einer Produktionsgruppe ausgebaut.

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