In den 90er und Anfang der 00er Jahre hat es im deutschen Privatfernsehen quasi kein Vorbeikommen an Daily-Talks gegeben. Ob "Hans Meiser", "Die Oliver Geissen Show", "Bärbel Schäfer" (alle RTL), "Vera am Mittag", "Franklin - Deine Chance um 11", "Britt - Der Talk um eins" (alle Sat.1) oder auch "Arabella" und "Andreas Türck" (beide ProSieben) - alle Sender, die was auf sich hielten, hatten entsprechende Formate im Programm. Im Ersten talkte zur gleichen Zeit auch Jürgen Fliege, richtete sich mit seiner Sendung aber an ein gänzlich anderes Publikum. 

Heute sind all diese Sendungen aus dem Programm verschwunden, das Genre Daily-Talk gibt es im deutschen Privatfernsehen nicht mehr. Das hat einerseits natürlich mit gesunkenen Quoten zu tun, andererseits aber auch mit einer inhaltlichen Überhitzung. Allein schon durch die Vielzahl der Sendungen wiederholten sich Themen damals immer wieder. Außerdem wurden die Shows im Kampf um die Aufmerksamkeit der Zuschauer irgendwann immer extremer. Sie waren quasi die Vorboten der heutigen Scripted Realities. 

Ein Daily-Talk aus den 90ern aber hat überlebt und feiert nun 20-jähriges Bestehen. Es ist die "Barbara Karlich Show" aus Österreich. Seit dem 27. Oktober 1999 talkt Barbara Karlich in ihrer ORF-Sendung täglich um 16 Uhr mit ihren Gästen und könnte damit, trotz der konzeptuellen Nähe zu "Arabella" & Co. nicht weiter entfernt sein von den Daily-Talks der 90er und 00er Jahre. So diskutiert man über Themen wie Erfolg im Leben, Frühlingsgefühle, rücksichtslose Rentner oder auch das Schicksal. Dabei geht es fast immer gesittet zu, sich ankeifende Gäste oder große Dramen gibt es nicht. Dabei hilft sicherlich auch der Fokus auf eine etwas ältere Zielgruppe, für die es nicht immer höher, schneller und weiter sein muss. 

Der Erfolg gibt den Machern recht. Zwar hat auch die "Barbara Karlich Show" in den vergangenen zwei Jahrzehnten Zuschauer eingebüßt, mit einer durchschnittlichen Reichweite in Höhe von 187.000 im laufenden Jahr ist man aber gut unterwegs. Der Marktanteil der Talkshow liegt bei mehr als 18 Prozent. Das alles ist natürlich kein Vergleich mit den ersten Jahren, als teilweise noch mehr als 40 Prozent erreicht wurden - nach so vielen Jahren im Programm und einem deutlich breiteren Feld an Konkurrenzsendern ist die Talkshow aber nach wie vor ein wichtiger Quotenbringer, auf dem man im ORF nicht verzichten will. Hinzu kommt: Seit 2014 gewinnt die "Barbara Karlich Show" wieder regelmäßig Zuschauer hinzu. Nun feiert der ORF die Sendung: Am 23. Oktober zeigt man um 20:15 Uhr "20 Jahre Barbara Karlich Show", darin spricht die Moderatorin mit prominenten Gästen wie Dirk Stermann und Christoph Grissemann, Waltraut Haas, Semino Rossi, Erik Schinegger und Virginia Ernst über deren persönlichen Bezug zur Sendung. Außerdem blickt man noch einmal zurück auf die Höhepunkte der Sendung. 

Reichweitenentwicklung der "Barbara Karlich Show" seit 2010:

Quoten Karlich Show

Doch warum hat es die "Barbara Karlich Show" als einzige Daily-Talkshow im deutschsprachigen Fernsehen geschafft, auch lange nach dem Boom des Genres noch auf Sendung zu sein? "Wir haben das Genre Talkshow nicht neu erfunden, wir haben es nur mit Respekt behandelt. Der Zugang zum Produkt ist ein demütiger und freudiger", sagt Moderatorin Barbara Karlich im Gespräch mit DWDL.de. Man schätze die Menschen, die ins Studio kommen und behandele sie zuvorkommend. "Ich persönlich lache mit den Gästen, aber nicht über sie."

Doch auch in der "Barbara Karlich Show" hat es Veränderungen gegeben. Neben optischen Neuerungen des noch heute sehr kargen Studios gibt es Themen, über die früher nicht diskutiert wurde. "Wir sind gesellschaftspolitischer geworden, wagen uns auch in Themenbereiche, die früher undenkbar gewesen wäre, wie Geld oder Technologisierung", sagt Karlich, die nach eigenen Angaben nie ans Aufhören gedacht hat. Auf die Frage, wie lange sie die Sendung noch moderieren will, antwortet die 50-Jährige: "Solange der ORF mich haben will, solange die Quoten passen, sprich: solange das Publikum einschaltet." Und was würde Karlich niemals in ihrer Show zulassen? "Gewaltszenen gehen gar nicht, wie man das von amerikanischen Shows kennt. Außerdem lasse ich Respektlosigkeit unter den Gästen,  gerichtet gegen Geschlecht, Rasse, Alter oder Herkunft nicht zu."

"Ich persönlich lache mit den Gästen, aber nicht über sie."
Barbara Karlich

Oliver Auspitz© Petro Domenigg/MR Film
Hinter der "Barbara Karlich Show" steht die Produktionsfirma Talk TV, die zur MR Film Gruppe gehört. Die MR Film produziert auch Serien und Filme wie etwa "Vorstadtweiber", "Schnell ermittelt", "Liebermann" oder auch "Maximilian - Das Spiel von Macht und Liebe". Talk TV zeichnet auch für die Kandidatenauswahl der "Millionenshow" verantwortlich und produziert neuerdings die Late-Night-Show "Gute Nacht Österreich" mit Satiriker Peter Klien. Oliver Auspitz, Geschäftsführer der MR Film Gruppe, sagt im Gespräch mit DWDL.de, die "Barbara Karlich Show" sei aus wirtschaftlicher Sicht ein "wesentliches Standbein". Dieses ermögliche es dem Unternehmen, auch andere Formate eigenständig zu entwickeln und auf eigenes Risiko zu pilotieren. Ob es ohne Barbara Karlich "Gute Nacht Österreich" überhaupt gegeben hätte? Die Bedingungen wären jedenfalls schwieriger gewesen. 

"Erfüllen zu 100 Prozent den öffentlich-rechtlichen Auftrag"

Karlich und die Macher der Talksendung sind aber auch immer wieder Kritik ausgesetzt. Zuletzt machte eine Boulevardzeitung Schlagzeilen mit den angeblichen Kosten rund um die Sendung. So soll der ORF jährlich drei Millionen Euro in die Produktion der Talkshow investieren - der Sender hat diese Zahl nicht dementiert. Daraus machte die Zeitung einen "Gebühren-Skandal". Bei rund 20 Ausgaben im Monat sind das aber gerade einmal 12.500 Euro pro Ausgabe. 

Mit Gebührendiskussionen beschäftige er sich nicht, sagt Oliver Auspitz. "Wir erfüllen zu 100 Prozent den öffentlich-rechtlichen Auftrag des ORF, ansonsten würde es die Sendung nicht erfolgreich 20 Jahre am Sender geben. Einzelne Sendungen gegen andere mittels Gebührendiskussionen zu beurteilen überlasse ich privaten Medien welche ihre eigenen Interessen verfolgen." Man bringe nur wahre Geschichte, die zuvor von einer professionellen Redaktion recherchiert wurden, sagt Auspitz. Einige frühere Mitarbeiter der Talksendung würden heute in leitenden Positionen bei der "Zeit im Bild" oder im Kabinett von Ministern arbeiten. "Mehr Öffentlich-Rechtlich geht glaube ich nicht in der Unterhaltung, die ja Teil des öffentlich-rechtlichen Auftrages ist." Vielleicht ist diese öffentlich-rechtlichen Herangehensweise an das Thema Daily-Talk ja auch der Grund, weshalb es die "Barbara Karlich Show" heute noch gibt, "Hans Meiser" & Co. aber nicht mehr.