Dass sich Betrugsfälle im Journalismus nicht nur auf das gedruckte Wort beschränken, hat bereits vor Wochen RTL bewiesen, das einen Betrüger in den eigenen Reihen einräumte (DWDL.de berichtete). Nach dem Fall Relotius beim "Spiegel" ist nun die gesamte Branche deutlich sensibler, wenn es um Fälschungen geht - und nun ist auch das Radio betroffen. Wie "Übermedien" berichtet, hat ein Mitarbeiter von Deutschlandradio in den vergangenen Monaten O-Töne verwendet, die nicht von ihm selbst waren. 

In seinen Stücken hat der Reporter allerdings den Eindruck erweckt, er sei bei den Reportagen persönlich vor Ort gewesen. Deutschlandradio hat den Fall gegenüber "Übermedien" bereits eingeräumt, auch der betroffene Journalist bestätigte den Fall. Er selbst erklärte, er habe seinen Wohnort aus persönlichen Gründen für die Reportagen nicht verlassen können. Er habe aus einer "persönlichen Notlage" heraus gehandelt, das entschuldige aber nichts. 

Der Sender hat die Zusammenarbeit mit dem Journalisten, der rund 20 Jahre für das Deutschlandradio arbeitete, inzwischen beendet. Beim Sender hat man den Fall nach eigenen Angaben geprüft und geht davon aus, dass die Fakten in den Reportagen stimmten. Das Material stammte nur eben aus anderen Medien und das wurde nicht transparent gemacht - im Gegenteil. 

"Der Fall ist kein zweiter Relotius", sagt Deutschlandfunk-Chefredakteurin Birgit Wentzien bei "Übermedien". Es sei klar, dass ein Auslandskorrespondent nicht immer in der Lage sein könne, selbst alle O-Töne einzuholen. "Das ist eine Schwäche, aber damit gehen wir offen um, indem wir die Herkunft des Materials benennen." In diesem Fall ist das aber mehrmals nicht geschehen. Beim Deutschlandradio will man nun an den internen Regeln und Arbeitsabläufen schrauben. So könnte es künftig Recherche-Protokolle geben. Reporter müssten darin Kontaktdaten ihrer Gesprächspartner festhalten oder auch Fotos beifügen. Auch eine Ombudsperson, die Zweifeln nachgeht, ist derzeit im Gespräch.