Im Rahmen der winterlichen Pressewoche der amerikanischen Television Critics Association, bei der sich traditionell kommende wie etablierte Fernsehproduktionen den Fragen der Fernsehkritiker und Medienjournalisten stellen, präsentierte sich Anfang der Woche auch das Team von „The Weekly“, einem kommenden Nachrichtenmagazin beim Kabelsender FX, der bislang in erster Linie durch seine lange Historie gefeierter Fernsehserien punktete. FX zeigte in der Vergangenheit Serien wie „The Shield“, „Nip/Tuck“, „It’s always sunny in Philadelphia“, „Damages“, „Sons of Anarchy“ oder „The Americans“ und punktet aktuell u.a. mit „Fargo“, „American Horror Story“, „Atlanta“ und „Pose“. Zusammen mit Konkurrent AMC begründete der Sender vor etwa zehn Jahren den Serienhype, auf den später die Streamingdienste aufbauten.



Nun ist FX beim nächsten Trend im US-Fernsehen dabei: Reine Unterhaltungsprogramme wollen mit Nachrichtenprogrammen Relevanz gewinnen. Als „The Weekly“ im vergangenen Jahr erstmals angekündigt wurde, war die Aufmerksamkeit auf Anhieb groß: Für das wöchentliche Nachrichtenmagazin hat der Kabelsender FX einen namhaften Partner gefunden: Die „New York Times“ wagt sich erstmals ins Fernsehen vor. Bei der Pressewoche der Television Critics Association in Pasadena, einem Vorort von Los Angeles, wurden jetzt Details genannt. Starten wird das Magazin im Juni, zunächst sind 30 Ausgaben geplant. Nach der Erstausstrahlung bei FX wird die Sendung digital via FX und Hulu abrufbar sein.

Im Fokus der halbstündigen Folgen steht jeweils eine Reporterin bzw. ein Reporter der „New York Times“. Man sehe in Zeiten von Fake News-Vorwürfen die Chance, mit dem Fernsehformat die Kraft von investigativem Journalismus einem größeren, weiteren Publikum zugänglich zu machen, erklärte Sam Dolnick, Assistant Managing Editor der „Times“ und Executive Producer der Sendung in Pasadena. Anders als der Titel es vielleicht nahe legt, soll es nicht um die wichtigsten Schlagzeilen der Woche gehen. Viel mehr will man eigene Themen setzen und sich auch mit mehr beschäftigen als nur den Ereignissen im Weißen Haus. „Wir wollen jede Woche mit einem anderen Thema mitreißen, so wie es auch das ‚The Times Magazine‘ macht, bei dem man auch nie weiß, was man zu erwarten hat“, erklärt Ken Druckerman. Er ist Executive Producer der Sendung und Gründer der New Yorker Produktionsfirma Left/Right Productions, die die Sendung realisieren.

ProSiebenSat.1 punktet international weitgehend unbemerkt

Ein Aspekt, der in den USA nicht weiter interessiert und auch in Deutschland kaum einer weiß: Schon seit 2012 ist das Unternehmen eine Tochter der ProSiebenSat.1 Media SE. Konkret ist es Red Arrow Studios, der Produktionsarm des Unterföhringer Medienkonzerns, der die Mehrheit an Left/Right Productions hält. Es war 2010 als ProSiebenSat.1 seine internationalen Aktivitäten, sowohl Produktion wie auch Distribution, in einer neuen Einheit bündelte. Unter Führung von Jan Frouman wurde massiv expandiert und durch Übernahmen ein internationales Netzwerk von Produktionsfirmen gebildet, die erklärtermaßen als unabhängige Unternehmen auftreten sollen. Anders als oft üblich, sind die Führungskräfte und Gründer nach dem Einstieg "der Deutschen" an Bord geblieben. Umso seltener werden Erfolge der Töchter in den USA, Großbritannien oder Skandinavien der ProSiebenSat.1 Media SE zugerechnet. Dabei gibt es durchaus bemerkenswerte Produktionen.

So produziert eine andere Tochter von Red Arrow Studios, Fabrik Entertainment in Los Angeles, die erfolgreichste und langlebigste Drama-Serie für Amazon Prime Video. In diesem Jahr wird bereits die fünfte Staffel der auf den Romanen von Michael Connelly basierenden Krimiserie „Bosch“ veröffentlicht. Noch bevor diese fertig produziert war, verlängerte Amazon die Serie mit Titus Welliver in der Hauptrolle um eine sechste Staffel, die 2020 folgen wird. Die erfolgreichste Serie von ProSiebenSat.1 läuft bei Amazon Prime Video - und ab März auch im deutschen Pay-TV bei TNT Serie. Die dänische Produktionstochter Snowman Productions wiederum entwickelte das TV-Format „Married at first sight“, was dann als „Hochzeit auf den ersten Blick“ auch nach Deutschland kam und von Red Arrow Studios International auf den Fernsehmessen der Welt als TV-Format vertrieben und in den USA z.B. von Kinetic Content, einer weiteren US-Tochter von ProSiebenSat.1, realisiert wurde. Red Arrow Studios vermeldet beinahe wöchentlich Format-Verkäufe und Produktionen irgendwo auf der Welt - mit Schwerpunkt im Factual Entertainment.

Nach Jahren der Expansion: Wohin steuert Red Arrow Studios?

Während die RTL Group mit Fremantle bzw. FremantleMedia schon lange im Markt der internationalen Produktion und Distribution agierte, holte ProSiebenSat.1 mit Red Arrow erst spät aber sportlich auf. Die dezentrale Strategie machte das jedoch selten sichtbar. Heute steht Red Arrow Studios mit seinen drei Säulen aus Produktion, Distribution und Studio71 (dem digitalen Multiplattform-Network) vor einer ungewissen Zukunft: Jan Frouman, Architekt des internationalen Erfolgs, verlässt ProSiebenSat.1 Ende des Monats nach mehr als 15 Jahren. Sein Nachfolger wurde intern gefunden: James Baker, bislang Chief Operating Officer, rückt auf. Doch er wird es nicht leicht haben, denn der Abschied von Frouman hat Gründe, denen nun Baker gegenüber steht: In Unterföhring hat man keinen Plan für Red Arrow Studios. Es fehle an Rückendeckung, bemängelt mancher.

Mit Leidenschaft widmete sich der neue ProSiebenSat.1-Vorstandsvorsitzende Max Conze bereits dem Digitalgeschäft und der deutschen Sendergruppe. Zum internationalen Geschäft des Medienkonzerns fehlt bislang ein Bekenntnis. Schon seit Jahren wird spekuliert, dass ProSiebenSat.1 sich auch einen Verkauf seiner Produktionsaktivitäten vorstellen könne. Doch niemand wollte die Preise zahlen, die man sich in Unterföhring vorstellt, um überhaupt weitere Gespräche zu führen. Damit steckt Red Arrow Studios nach Jahren der Expansion in einer Sackgasse - eine Situation, auf die Jan Frouman offenbar keine Lust mehr hatte. Mit Blick auf den deutschen Markt forderte Conze eine stärkere vertikale Integration im Konzern. Sender und die hiesige Produktionstochter Redseven Entertainment sollen enger zusammenrücken; es soll mehr inhouse produziert werden.

Das besorgt bei Red Arrow Studios: Vom emanzipierten, internationalen Produzenten-Netzwerk zurück zum Programmzulieferer für die eigenen Programme? Von deutschen Programmen kann die Distributionsschwester Red Arrow Studios International aber nicht leben: Trotz aller Euphorie über gut verkaufte Leuchtturm-Projekte im Seriellen sind deutsche Fernsehideen im Non-Fiktionalen weiterhin kein Selbstläufer im internationalen Verkauf. Das Konstrukt Red Arrow Studios fußt auf der lange geförderten und rasanten internationalen Expansion. Nun fehlt aber schon länger eine Ansage, welche Ziele der Konzern mit seiner Produktionstochter verfolgen will.

Noch hat die fehlende Rückendeckung aus Unterföhring nur vereinzelt Konsequenzen auf das operative Geschäft in den diversen Märkten, in denen Red Arrow Studios aktiv ist. Letzte Woche kündigte Abby Greensfelder, Geschäftsführerin der Red Arrow-Tochter Half Yard Productions ihren Abschied an, um sich selbstständig zu machen. Sollten von Ungewissheit und fehlender Perspektive weitere Kreative abgeschreckt werden, wird es knifflig. Viel Zeit bleibt ProSiebenSat.1-Vorstandschef Max Conze nicht mehr, um zu entscheiden, was er machen will mit dem internationalen Geschäft von Red Arrow Studios. Sollte erst einmal ein kreatives Ausbluten einsetzen, wäre es für einen Verkauf zu spät. Neue Partnerschaften für Wachstum unter eigener Flagge oder ein zügiger Verkauf des internationalen Geschäfts? Die nächsten Monate werden es zeigen.