Es bleibt alles, wie es ist, und damit wird alles schlimmer. Das lineare Fernsehen, so wie wir es kennen, wird sich im anstehenden Jahr allenfalls drei bis vier Millimeter bewegen, bestenfalls in alle Richtungen, was nicht ausschließt, dass es minimal besser werden könnte, aber auch die Möglichkeit einer Verschlechterung ist einkalkuliert und sogar sehr wahrscheinlich.

Die Verschlechterung ergibt sich aus der unausgesprochenen Weigerung, wirklich besser werden zu wollen. Niemand im deutschen Fernsehen will mehr besser werden. Alle verharren wie die ängstlichen Kaninchen auf dem Status Quo und denken, dass der, der sich zuerst bewegt, zuerst abgeschossen wird.

Man schaue nur mal auf das Angebot der Privatsender, das in großen Teilen aus Formaten besteht, die schon Fred Feuerstein in seiner Steinzeithöhle angeschaut haben dürfte. Alles wiederholt sich, obwohl ständig behauptet wird, dass alles immer wieder neu und frisch serviert wird. Aber nichts ist frisch im deutschen Fernsehen. Es werden lediglich die Gerichte von gestern zum x-ten Male aufgekocht, was sie nicht unbedingt bekömmlicher macht.

Da hilft auch die Würzung mit einer neuen Serie hier oder einem Showversuch dort nicht weiter. Es bleibt der gleiche Mischmasch, fad, sehnig und zigmal durchgekaut. So etwas hätte man früher nicht einmal an das Vieh verfüttert, heute dient es zur Massenspeisung. Die 384. Ausgabe des Dschungelcamps wird genau so absehbar öde wie die 86. Ausgabe des Bachelors, von gammeligen Vorgesternfrischprodukten wie Supertalent oder DSDS will man da gar nicht reden. Selbst relativ neue Kreationen wie jene aus der „The Voice of irgendwas“-Kategorie wirken schon bei der Auslieferung irgendwie gräulich.

Allein die Tatsache, dass die „Big Bang Theory“ immer noch in Dauerschleife läuft, erzählt mehr über die Innovationskraft des deutschen Linearangebots als es alle Analysen überteuerter Beratungsfirmen jemals könnten. Alle gehen auf Nummer sicher und scheuen das Wagnis, weil das vom inzwischen auf Minimalkonsens herunter geköchelten Kunden nicht honoriert wird.

Die Sender bekommen nun die Quittung für ihre jahrelange Anspruchsreduktion, mit der sie ihre Zuschauer derart an visuelles Fadfood gewöhnt haben, dass diese inzwischen schon Angeschimmeltes aufgrund der etwas anderen Färbung für Haute Cuisine halten. Im Gegenzug reagiert die Kundschaft nun allerdings allergisch auf fast alles, was den Stempel „Neu“ trägt. Wer immer nur mit überzuckerten Lebensmitteln bei Laune gehalten wurde, weiß halt irgendwann mit feinen Geschmacksnuancen nichts mehr anzufangen.

Noch schlimmer sieht es bei den öffentlich-rechtlichen Sendern aus. Die sind gefangen in einem Netz aus lauter Sparzwängen, untauglichen Restrukturierungsversuchen und Einigung auf den kleinsten gemeinsamen Niveaunenner. Natürlich gibt es immer noch tolle Sendungen wie diverse Politmagazine, hier und da mal eine sehenswerte Doku und ab und an mal eine tolle Fiktionsproduktion, von deren depressiver Stimmung man nicht sofort in den Suizid getrieben wird. Aber das sind versinkende Leuchttürme in einem ständig steigenden Meer aus Beliebigkeit und Anspruchsarmut.

Menschen mit Mut kann man in den Anstalten inzwischen mit der Lupe suchen. Wer Mut beweist, ein Risiko eingeht und den Kopf über die Wasseroberfläche hebt, wird schnell mal eben um just diesen kürzer gemacht. Darüber können auch Prestigeproduktionen wie „Babylon Berlin“ nicht hinwegtäuschen.

Zudem werden sich die Sender 2019 in einer endlosen Gebührendiskussion verheddern. Daran tragen sie nicht einmal selbst die Schuld, denn das haben ihnen die unentschlossenen Ministerpräsidenten eingebrockt, die nicht in der Lage sind, sich auf klare Verhältnisse zu einigen. Selbst wenn sie es irgendwann im nächsten Jahr mal schaffen sollten, den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Fernsehens neu zu definieren und die leidige Beitragsfrage zu regeln, wird die Diskussion darum lange nicht verebben und ewig den Betrieb lähmen.

Kurz gesagt: Man kann das deutsche Fernsehen eigentlich vergessen, in die Tonne kloppen und sich damit abfinden, dass man seine 17,50 Euro und bald ein bisschen mehr für nichts bezahlt. Vielleicht muss man es ja sehen wie bei der Feuerwehr, die man auch finanziert, bei der man aber froh ist, wenn man sie nicht braucht, obwohl man doch für sie bezahlt hat.

Es sind keine schönen Aussichten fürs neue Jahr. Es wird schwer für alle Fernsehmacher. Es wird aber auch schwer für alle Zuschauer, die nicht einmal mehr in die sprichwörtliche Röhre gucken können, weil die ja lange schon den allmächtigen LED-Partikeln gewichen ist. Nichts ist mehr wie es war. Aber alles bleibt wie es ist. Wo das hinführt, weiß derzeit keiner. Und um ganz ehrlich zu sein: Wirklich wissen will das auch niemand.