Herr Hager, Sie zu fragen, ob Funk aus Ihrer Sicht ein Erfolg ist, wäre unsinnig. Aber anders gefragt: Woran machen Sie denn Erfolg fest?

Erfolg ist natürlich eine Definitionssache. Um erstmal auf die Zahlen zu schauen: Es gibt bei funk mittlerweile über 60 Formate, die die Bereiche Information, Orientierung und Unterhaltung bedienen und die steigende Zahlen verzeichnen. So haben sich unsere Abrufe innerhalb des letzten Jahres fast verdreifacht. Insgesamt haben wir in zwei Jahren über 100 Formate an den Start gebracht. Aber Zahlen sind natürlich nicht alles. Es konnten auch Themen und Diskussionen durch das Content-Netzwerk angestoßen werden. Die Dokumentation „Lösch Dich! So organisiert ist der Hate im Netz | Doku über Hater und Trolle“ mit Rayk Anders hat beispielsweise für große Aufmerksamkeit gesorgt und eine rege Berichterstattung nach sich gezogen – auch dank Jan Böhmermann und Bewegung Reconquista Internet. Gleiches gilt es für das Satire-Video “Volksfest in Sachsen” vom “Bohemian Browser Ballett”, das erst kürzlich für mediales Aufsehen sorgte. Ansonsten können natürlich auch Preise ein Erfolgsindikator sein – auch wenn man sich nicht darauf ausruhen sollte. So gab es dieses Jahr bereits mehrere Auszeichnungen für verschiedene funk-Formate, beispielsweise den Grimme-Preis für “Germania” oder den Grimme Online Preis für “maiLab”. Das hat uns sehr gefreut. Letztendlich messen wir Erfolg vor allem an der Wahrnehmung in unserer Zielgruppe. Eine neue Online-Umfrage hat jetzt gezeigt: rund die Hälfte der 14-29-Jährigen hatte schonmal mit funk bzw. einem der funk Formate Kontakt.


 
Für die, die sich nicht mit Funk auskennen: Welche Programme aus ihrem Content-Netzwerk sollte man kennen oder zumindest mal von ihnen gehört haben?
 
Das kommt ganz drauf an, wer fragt. Wir haben den Auftrag, mit unseren Inhalten 14- bis 29-Jährige zu erreichen. Das heißt, unsere Zielgruppe ist groß und natürlich durch die enorme Altersspanne auch in ihren Interessen sehr unterschiedlich. Für Fans von Reportagen und Dokumentationen gibt es gleich eine Vielzahl von spannenden Formaten: vom “Y-Kollektiv” bis “follow me.reports”. Und auch in der Rubrik “Unterhaltung” können wir eine breite Palette anbieten: So richtet sich “WUMMS” beispielsweise an Fußball-Fans, “Das schaffst du nie!” zeigt Extrem-Challenges und im Format “die wohngemeinschaft” kommen Fans der früheren “Die Mädchen-WG” und “Die Jungs-WG" vom KiKa auf ihre Kosten. In einer Kölner Wohnung trafen sich ehemalige WG-Bewohner wieder. Aber das Portfolio ist natürlich noch größer: Im “Kliemannsland” kann man auf Heimwerkerkönig Fynn Kliemann treffen, gesellschaftskritische Satire gibt es beim Format “Datteltäter”. Spannende Einblicke in die deutsche Politik zeigt Eva Schulz jede Woche in “Deutschland3000”. Und nicht zuletzt gab es Mitte September ein spannendes Projekt gemeinsam mit dem Kleinen Fernsehspiel vom ZDF: Kim Franks Debütfilm “Wach”. Letztendlich zeigt die Auswahl: Wir haben das Ziel, jedem User und jeder Userin zielgruppengerechte Angebote zu bieten. Und daran arbeiten wir kontinuierlich. 
 
Vor einem Jahr haben Sie gesagt, dass das zweite Jahr ein Jahr der Konsolidierung wird. Hat sich Funk nun gefunden?

Eins steht fest: Als Content-Netzwerk lebt funk in einer schnelllebigen Umwelt. Mediennutzungsverhalten wie auch Plattformen ändern sich von Tag zu Tag. Daher werden wir auch niemals mit unserem Auftrag “fertig” sein, sondern uns passend zu äußeren Einflüssen permanent weiterentwickeln. Eine Art dauerhafte Schleife. Dennoch haben wir uns im zweiten Jahr von funk weiter professionalisiert, um im Regelbetrieb die Formate stetig zu optimieren und anzupassen. 
 
Welche Genres funktionieren, welche haben sie durch die gesammelten Erfahrungen hintenangestellt?

Besonders Unterhaltungsformate funktionieren auf den Drittplattformen natürlich sehr gut. Was uns positiv überrascht hat, ist die Entwicklung der Informations-Formate. Auch Dokumentationen und Reportagen haben auf den sozialen Netzwerken Fuß gefasst und werden von den Nutzer*innen gut angenommen. Diese Entwicklung ist definitiv nicht selbstverständlich. Dazu hat mit Sicherheit auch der Netzwerk-Gedanken von funk beigetragen – denn immer mehr Formate arbeiten zusammen, woraus spannende Crossovers entstehen.
 
Sie haben die in Skandinavien sehr erfolgreiche Webserie „Skam“ für Deutschland adaptiert. Ein großer Erfolg ist mir entgangen. Woran lag es? 

Das liegt wohl in der bewusst eingesetzten Strategie der Serie. Unsere Adaption “Druck” ist ein Projekt, das darauf ausgelegt ist, dass die Zielgruppe das Produkt selbst entdeckt. Um der Authentizität der Serie keinen Abbruch zu tun, haben wir daher fast komplett auf Werbung verzichtet. Doch all das das heißt nicht, dass die Serie kein Erfolg war. Im Gegenteil, in der gewünschten Zielgruppe hat “DRUCK” eine große und treue Fanbase geschaffen. Der Kanal zählt bis dato über 3 Mio. Abrufe, es entstanden unzählige, von funk unabhängige, Fan-Accounts. Erfolg zeigt sich für uns vor allem durch die Wahrnehmung in der Zielgruppe. Und die war bei “DRUCK” sehr positiv.
 
YouTube setzt mit YouTube Premium nun auch auf professionalisierten Content der YouTube-Generation. Gut oder schlecht für Funk?

Das hat auf funk keine Auswirkung. funk ist eher ein Problem für YouTube Premium.
 
Funk wurde im Vorfeld intensiv vorbereitet, so dass sie schon mehr als drei Jahre an dem Projekt arbeiten. Welche Veränderungen in dem Markt und Umfeld, in dem sie agieren, haben Funk in diesen drei Jahren am meisten beeinflusst?

Für uns spielt natürlich die Entwicklung der Drittplattformen eine große Rolle – denn sie sind neben unserer WebApp die primären Ausspielungsorte. Wir versuchen diesen Entwicklungen gerecht zu werden, um so bestmögliche Inhalte anzubieten. Das zeigt sich nicht zuletzt durch das Beispiele Instagram. Ein immer größer werdender Anteil der Zielgruppe ist dort unterwegs. Als wir angefangen haben, war die Hochzeit der Multi-Channel-Netzwerke, von denen es heute nur noch wenige gibt. Auch die Webvideobranche verändert sich stark. 
 
Bis jetzt konnten sie weitgehend frei experimentieren. Funk braucht viel Aufbauarbeit, das war klar. Wann wollen Sie sich denn messen lassen, ob die Idee des Content-Netzwerks letztlich funktioniert?

Grundsätzlich gibt es im dezentralen Internet und in unserer heterogenen Zielgruppe nur eine Form, erfolgreich zu sein: über eine Netzwerkstruktur, in der sich die Formate sich gegenseitig unterstützen. An dieser Stelle wird die Arbeit nie zu Ende sein. Denn unser Netzwerk verändert sich kontinuierlich: Formate gehen, neue Formate kommen. Aufgrund dieser stetigen Veränderung innerhalb des funk-Netzwerks kann es daher nie einen finalen Zeitpunkt geben, an dem wir sagen können: jetzt ist funk fertig, wir sind angekommen. Die steigenden Zahlen verraten uns, dass wir auf einem guten Weg sind – aber Luft nach oben besteht natürlich auch noch nach zwei Jahren.

Herr Hager, herzlichen Dank.