Fast acht Millionen Zuschauer verzeichnete das ZDF in der zurückliegenden Saison mit seinen Champions-League-Übertragungen, beim Halbfinale der Bayern gegen Real Madrid schalteten sogar mehr als 13 Millionen Fußballfans ein. Zahlen wie diese dürften von dieser Woche kaum noch zu erwarten sein, denn was in anderen Ländern schon üblich ist, passiert nun auch in Deutschland: Mit Beginn der neuen Saison verschwindet die Champions League komplett im Pay-TV. Bei Sky, wo man sich die Rechte fortan mit DAZN teilt, gibt man sich optimistisch. Von großem Potenzial sprach Sportchef Roman Steuer gerade im DWDL.de-Interview. "Wir glauben, wir können einiges davon heben."

Man muss allerdings kein Hellsehen sein, um zu erahnen, dass Reichweiten, wie sie das ZDF in den zurückliegenden Jahren verzeichnete, vorerst in weiter Ferne liegen. "Das wird den Markt verändern, ganz ohne Frage", sagte ZDF-Intendant Thomas Bellut schon vor einem Jahr voraus und führte zum Beleg zwei Champions-League-Spiele des FC Bayern München an. Während das Hinspiel damals im ZDF mehr als zehn Millionen Zuschauer erreichte, verzeichnete Sky mit dem Rückspiel nicht mal eineinhalb Millionen.

Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Karten auf dem Free-TV-Markt am Mittwochabend perspektivisch neu gemischt werden könnten. War der dritte Abend der Woche bislang für die meisten Sender stets ein undankbarer Sendeplatz, auf dem es vor allem serielle Formate zunehmend schwer hatten, so birgt die bald fehlende Fußball-Konkurrenz die Chance, die Zuschauer besser an einzelne Formate zu binden. Dennoch geben sich die Sender, angesprochen auf mögliche Auswirkungen der neuen Fußball-Situation, zunächst zurückhaltend.

"Es wird spannend, bleibt aber erstmal abzuwarten, wie die Champions-League-Angebote im Pay-Bereich angenommen werden", sagt Sat.1-Sprecherin Diana Schardt gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. Sat.1 hatte bis vor sechs Jahren die Champions League gezeigt und setzt inzwischen vor allem auf Unterhaltungsformate. Daran wird sich vorerst auch nichts ändern. "Der Mittwoch ist in Sat.1 klar aufgestellt", so Schardt. "Wir werden weiterhin auf die erfolgreichen Farben Dokutainment, Entertainment und Reality setzen."

Dazu zählt etwa "The Taste", das im Oktober bereits in die sechste Staffel geht, aber "Das große Promibacken" und "Plötzlich arm, plötzlich reich" sollen fortgesetzt werden. Daneben arbeite man "weiter intensiv an Neuentwicklungen", heißt es aus Unterföhring. Auch bei RTL will man an der grundsätzlichen Ausrichtung nichts verändern – allerdings soll hier durchaus mehr Geld fließen. "Für den Mittwochabend planen wir zusätzliche Investitionen in Reality- und Light-Entertainment-Formate, halten aber grundsätzlich an unserem erfolgreichen Programm-Mix fest", betont RTL-Sprecherin Anke Eickmeyer.

ZDF will mehr Filme und "XY" zeigen

Ganz nebenbei wird man in Köln hoffen, dass die Europa League an Attraktivität gewinnt. "Die Hauptveränderung für uns ist, dass wir jetzt mit Nitro der einzige Free-TV-Sender in Deutschland sind, der mit der Europa League noch gratis europäischen Spitzenfußball zeigt", so Eickmeyer weiter. Gut möglich, dass mancher Fußball-Fan in Zukunft auch mal beim kleinen Bruder der Champions League reinschauen wird, der im Übrigen hin und wieder auch bei RTL gesendet werden soll.

Die größte Herausforderung hat allerdings das ZDF zu meistern, schließlich gilt es, viele Programmflächen zu füllen, die man bislang erfolgreich mit Fußball bespielte. "Es ist nicht ungewöhnlich, dass die mittel- und langfristige Programmplanung durch Veränderungen bei den Sportrechten beeinflusst wird", erklärte ZDF-Sprecher Rainer Stumpf auf DWDL.de-Nachfrage. "Diese werden durch flexible Anpassungen bei der Programm- und Rechtebeschaffung ausgeglichen."

Konkret will der Sender den Wegfall der Champions-League-Rechte an erster Stelle mit fiktionalen Programmen und einer Erhöhung der Folgenzahl des Quoten-Hits "Aktenzeichen XY... ungelöst" kompensieren. Gleich am ersten Spieltag der Vorrunde wird das ZDF die Verbrecherjagd mit Rudi Cerne auf Sendung schicken. Auf der Spätschiene sollen etwa das "Auslandsjournal" und die Dokumentations-Reihe "ZDFzoom" mehr Sendeplätze erhalten.

Mehr zum Thema