Die Haare grau, die Schlappen kaputt, die Hände gefesselt. Sebastian Kronach, genannt Wastl, stellt sich vor. "Ich bin in eine absolut unglaubliche Geschichte geraten", sagt der Mann, gezeichnet von sieben langen Jahren, die er in einer geschlossenen Psychiatrie verbringen musste; in einem kargen Kellerraum, einem Gefängnis gleichend, weil fragwürdige Expertisen von Gutachtern auftauchten, mit denen er niemals gesprochen hat. "Ich habe nichts mehr, alles wurde vernichtet. Meine Vergangenheit, meine Erinnerungen, das Haus meiner Eltern zwangsversteigert. Meine Person ist ausradiert. Es ist, als hätte ich nie gelebt", erzählt Wastl. "Das, was mir passiert, das kann jedem anderen auch passieren."

Das eindrucksvolle Statement bildet die Klammer des Justizdramas "Gefangen – Der Fall K.", das eine Geschichte erzählt, die kaum zu glauben ist und doch so oder zumindest so ähnlich geschehen ist. Erzählt wird nämlich die Geschichte von Gustl Mollath, obwohl dessen Name in den gesamten 90 Minuten kein einziges Mal fällt – wohl, um einem möglichen Rechtsstreit aus dem Weg zu gehen. Aber auch so ist von den ersten Sekunden an klar, wer dieser Mann ist, den Schauspieler Jan Josef Liefers in beeindruckender Weise verkörpert.

Und so handelt dieser ZDF-Film also von nichts weniger als einem der größten Justizskandale der Bundesrepublik. Kit Hopkins und Hans Steinbichler, der auch Regie führt, haben das Drehbuch nach einer Vorlage von Henriette Piper geschrieben und sehr viele Details des echten Falles in die Handlung einfließen lassen. Hier wie dort geht es um ein zunächst glückliches Paar, dessen Beziehung plötzlich tiefe Risse bekommt, als dem Ehemann dämmert, dass seine Frau bedenkliche Transaktionen für die Bank tätigt, für die sie arbeitet.

Im Film ist es Sebastian Kronach, der Kopien der dubiosen Geschäfte sammelt, mit der Zeit eine beeindruckende Akte ausarbeitet und diese schließlich der Bank übermittelt. Es ist der Anfang vom Ende des Lebens in Freiheit für den einfachen Werkstatt-Besitzer, dem niemand zuhört und der schließlich wegen angeblicher Wahnvorstellungen in die Psychiatrie eingeliefert wird. Der Lebemann, der einst glückselig im alten Porsche über die Berge rauschte, sitzt plötzlich einsam und abgeschottet im Kerker, womöglich bis ans Ende seiner Tage. "Auf Nimmerwiedersehen", wie Kronach sagt. Niemand, so scheint es lange, kann dem Dickkopf, der sich vor Gericht allein auf sich selbst verlässt, mehr helfen.

Gefangen - Der Fall K.© ZDF/Jürgen Olczyk

Neben Liefers glänzt auch Julia Koschitz in der Produktion des Kölner Filmemachers Michael Souvignier. Sie spielt ebenso unscheinbare wie resolute Ehefrau, die ihren Ex-Mann in den Abgrund treibt. Im Unklaren lässt der Film allerdings, was in jener Nacht passierte, in der Wastl sie misshandelt haben soll. Eine Antwort gibt es nicht, stattdessen sieht man am Ende der Szene nur, wie die beiden in den ersten Stock ihres Hauses laufen. Auch die Arbeit mehrerer Journalisten, die den Fall Mollath mit ihren Recherchen ans Tageslicht brachten, findet in dem Drama keinen Raum für eine Erwähnung.

Das ist nicht weiter schlimm, dennoch hätte dem Film etwas mehr Zeit als die üblichen 90 Minuten gutgetan. An manchen Stellen wirkt "Gefangen – Der Fall K." erstaunlich gehetzt, obwohl sich die Handlung doch über so viele Jahre hinwegzieht. Etwas störend auch das Klavier-Geklimper von "Über sieben Brücken musst du geh'n", das ausgerechnet Kronachs Monolog, die zweifelsohne stärkste Szene, heillos überlagert. Im wahren Leben ist die Geschichte an dieser Stelle längst nicht vorbei: In diesem Jahr erhob Gustl Mollath Schadenersatzforderungen gegen den Freistaat Bayern.

Das ZDF zeigt "Gefangen - Der Fall K." am Montag um 20:15 Uhr. Schon jetzt steht der Film in der ZDF-Mediathek zum Abruf bereit.