Tankstellen sind nicht gerade als ein Arbeitsplatz bekannt, an dem man eine große Karriere starten kann. Studenten verdienen sich hier oft ein paar Euros hinzu, die Einstiegshürden sind eher niedrig. Dennoch ist Georg (Stefan Haschke) ein motivierter Mitarbeiter, wirklich geschickt stellt er sich bei der Arbeit aber nicht an. Er zog oft den Unmut seiner Chefs auf sich, sodass diese ihn schließlich vom Leiter der Tag- zum Leiter der Nachtschicht degradierten. Dort will er beweisen, was er kann und sich schnell wieder nach oben arbeiten. Dass das aber gar nicht so einfach ist, können interessierte Zuschauer ab sofort in der neuen ZDFneo-Sitcom "Tanken - mehr als Super" sehen.

Georg ist gemeinhin das, was man als ein empathieloses Arschloch bezeichnet. Der Profit steht für ihn über allem, Regeln sind ihm heilig - sehr zum Leidwesen von Kunden und Kollegen. Der Einstieg in die neue ZDFneo-Serie ist dabei durchaus flott und zeigt den Zuschauern sofort, wohin die Reise geht. Als ein kleines Kind darum bittet, die Toilette der Tankstelle zu nutzen, weist Georg ihn so lange darauf hin, dass diese nur für Kunden sei, bis sich der Junge in die Hosen macht. "Sie sind ein Vorschrifts-Nazi", keift die Oma des Jungen ihn schließlich an. Nein, Georg hat es nicht so mit anderen Menschen.

Als er kurze Zeit später im Büro einen Kollegen ohne Puls vermutet, will er sofort einen Luftröhrenschnitt machen - mit einem Kugelschreiber. Keine Frage, Georg fühlt sich zu etwas höherem berufen. "Was reizt Sie an einer Karriere in der Öl- und Dienstleistungsindustrie?", fragt er den jungen Bewerber Daniel (Ludwig Trepte), der von der Konzernzentrale eigentlich schon längst eingestellt wurde. Olaf (Daniel Zillmann) arbeitet schon länger in der Nachtschicht. Georg will nun für steigende Umsätze sorgen - doch seine beiden jungen Mitarbeiter wollen lieber eine entspannte Arbeit ohne viel Stress. Daniel scheint zunächst der einzige "normale" Mitarbeiter zu sein, doch neben seines ausgeprägten Wissens in Medizin-Fragen taucht schon bald seine Freundin auf, die für Furore sorgt.

Im Mittelpunkt der Sitcom steht aber Georg. Die Regisseure Marc Schlegel, Joseph Orr und Martina Plura setzen alles daran, um ihn so unsympathisch wie möglich aussehen zu lassen, was ihnen freilich sehr schnell gelingt. Der degradierte Nachtschicht-Leiter glaubt nicht nur, er sei etwas besseres, er lässt es seine Mitarbeiter auch spüren. Georg spricht ständig von "Management Abilities" und fordert "character, structure und performance". Eine Tankstelle als DAX-Konzern.

Tanken© ZDF/Marion von der Mehden
Nachtschichtleiter Georg (Stefan Haschke) simuliert einen Überfall.

"Tanken", produziert von der Studio-Hamburg-Tochter Letterbox, kommt mit der ersten Folge aber auch zeitweise sehr aktuell daher. Zwar wurde die Serie weit vor der aktuellen Rassismus-Debatte rund um Mesut Özil gedreht, Thema ist es zum Auftakt dennoch. Als eine junge Frau mit Kopftuch zahlen will, das aber nicht kann, weil die Kasse spinnt, wird sie von Georg zum Warten verdonnert und in der Tankstelle eingesperrt. Georg lässt sie auch schnell wissen, was er von "Personen wie ihnen" hält: "Ihre Dönerbude kann warten", herrscht er sie an, nur um sie dann zu fragen, woher sie überhaupt komme. Als sie dann schließlich "aus Kiel" antwortet, weiß der Tankstellen-Chef plötzlich gar nicht mehr so genau, was er dazu sagen soll. Als die Kundin schließlich mit fuchtelnden Armen um Hilfe ruft, meint ein anderer Kunde, darin eine Geiselnahme zu erkennen und ruft die Polizei. Die rückt sofort mit einem Sondereinsatzkommando an und nimmt die völlig verzweifelte Frau fest. "Die schicken wir wieder dahin, wo sie hergekommen ist", sagt der Leiter der Einheit. Erst Jana LeLeur (Christina Petersen), die neue Leiterin der Tagschicht, kann das Missverständnis aufklären. Es ist eine herrlich absurde Szene, die erschreckend aktuell ist und dabei auf Alltags-Rassismus aufmerksam macht.

Jana ist die ewige Gegenspielerin von Georg - sie hat ihm aus seinen Augen schließlich den Job geklaut. Seine Versuche, ihre Flecken auf der vermeintlich weißen Weste zu finden, ziehen sich wie ein roter Faden durch die Serie. Das ist mal mehr, mal weniger unterhaltsam. Stefan Haschke jedenfalls macht seine Sache richtig gut und verkörpert den Unsympath Georg mit so viel Herzblut, dass man nie einen Zweifel daran hat, dass sich dieser zu etwas höherem berufen fühlt. Leider verlaufen die restlichen Folgen von "Tanken" dann aber nach Schema F und so weiß man relativ schnell, wie das nächste von Georg verursachte Chaos endet. Hier täte der Serie etwas mehr Tiefgang gut, sowohl bei den Figuren als auch bei der Story. 

Die Produktion von "Tanken" war relativ aufwendig, so wurde die Tankstelle extra für die Dreharbeiten gebaut und komplett mit Fantasieprodukten ausgestattet. Das hat durchaus seinen Charme und ist angemessen angesichts der Tatsache, dass die Serie die ganze Zeit an eben dieser Tankstelle spielt. Ewig lässt sich das Konzept mit Sicherheit nicht weiterspinnen. Für den Anfang ist es durchaus unterhaltsam, den unsympathischen Georg dabei zu beobachten, wie er aus der Nachtschicht einen hocheffizienten Betrieb machen will. Leider erschöpft sich dieses Konzept nur allzu schnell, sodass man schon ein großer Fan sein muss, um alle 12 Folgen durchzuhalten. 

ZDFneo zeigt "Tanken - mehr als Super" ab sofort immer dienstags ab 22:45 Uhr. Zum Start sind sechs der insgesamt zwölf Folgen in der ZDF-Mediathek zum Abruf verfügbar.