Jetzt ist es also endlich soweit, bei ProSiebenSat.1 beginnt zum Monatswechsel eine neue Ära. Nachdem sich Vorstandschef Thomas Ebeling im Februar nach der Vorlage der Geschäftszahlen für 2017 verabschiedet hatte, wurde der Medienkonzern vorübergehend von Conrad Albert geleitet. Nun übernimmt mit Max Conze ein Manager, der zuvor noch nicht im Medienbereich gearbeitet hat. Das muss kein Nachteil sein, in jedem Fall warten auf Conze eine Reihe von Baustellen, ProSiebenSat.1 hat schwierige Monate hinter sich, 2018 wird wohl ein Übergangsjahr.

Wohin die Reise geht, hat Conze bereits vor wenigen Wochen auf der Hauptversammlung von ProSiebenSat.1 angedeutet. Dort gab er sich betont anders als sein Vorgänger Ebeling und erklärte, der Erfolg des Unternehmens führe nur über die Zuschauer. Man müsse das Publikum unterhalten und informieren, um dann die Werbekunden zu begeistern. "Ich glaube daran, dass es wichtig ist, unsere Zuschauer und Kunden in den Mittelpunkt zu stellen", sagte Conze. "Ist der Kunde glücklich, sind wir es auch." Der neue CEO besuchte vor seinem Amtsantritt schon verschiedene Abteilungen im Unternehmen und verbrachte sogar einen Tag mit ganz normalen Zuschauern, um deren Lebenswirklichkeit kennenzulernen.

Thomas Ebeling dagegen lästerte zuletzt über die Zuschauer der Sendergruppe. Diese seien "ein bisschen fettleibig, ein bisschen arm" - das und die 2017 schwierige Geschäftsentwicklung kosteten ihm letztendlich den Job. Ebeling baute das Commerce-Geschäft stark aus, das ließ Umsatz und Gewinn steigen. Darunter hatten aber unter anderem die TV-Sender der Gruppe zu leiden. Und weil das TV-Geschäft immer noch die Hälfte des Umsatzes und rund drei Viertel des Gewinns ausmacht, geriet der Konzern 2017 in Schieflage. Der Werbemarkt entwickelte sich schlechter als gedacht, die Prognosen mussten gleich zweimal nach unten korrigiert werden. Der Aktienkurs brach daraufhin ein, ProSiebenSat.1 flog schließlich aus dem DAX.

"Kreativität ist die wichtigste Ressource von ProSiebenSat.1."

Max Conze

Der Fokus auf digitale Angebote und das Commerce-Geschäft hatte auch Auswirkungen auf die Mitarbeiter: Die Stimmung bei den Kreativen in Unterföhring war unter Ebeling zuletzt schlecht wie selten zuvor. Nun will man wieder verstärkt in Inhalte investieren - sogar Investitionen in Nachrichten scheinen nicht ausgeschlossen, das stellte Aufsichtsratschef Werner Brandt zuletzt in Aussicht. Auch Conze sieht das ganz offensichtlich so. Er sagt, man müsse mutiger und leidenschaftlicher werden. Ihm sei aber bewusst, dass das gelebt werden müsse. Leidenschaft könne man nicht von oben verordnen. Gleichzeitig gehe es darum, in Kreativität zu investieren. "Kreativität ist die wichtigste Ressource von ProSiebenSat.1", so der neue CEO.

In seiner Anfangszeit wird Conze voraussichtlich einen Großteil seiner Arbeit darauf verwenden, die neue Drei-Säulen-Struktur des Konzerns umzusetzen. ProSiebenSat.1 will sich in der Zukunft bekanntlich auf die drei Felder Entertainment (inkl. TV), Produktion und Commerce konzentrieren. Das ist die bislang größte Umbaumaßnahme in der Geschichte des Unternehmens. Die Verhandlungen dazu laufen schon seit Wochen. Es geht darum, wer welchen Posten bekommt und wie viele Mitarbeiter ihren Job verlieren werden. Es wird keine leichte Aufgabe, die Conze gleich zum Start lösen muss, bevor er sich ans Inhaltliche wagen kann. Schon kurz nach seinem Amtsantritt will er verkünden, wie es konkret weitergeht. 

Stellenstreichungen stehen im Raum

Und so herrscht in Unterföhring derzeit Aufbruchsstimmung gepaart mit der Ungewissheit, wie es konkret weiter geht. "Reorganisationen von Unternehmensbereichen, Umverteilung von Verantwortungszuständigkeiten und auch mögliche Stellenstreichungen stehen dabei im Raum", sagt der Betriebsratsvorsitzende Peter Pilnei gegenüber DWDL.de über die die Verhandlungen, die man derzeit mit der Unternehmensleitung führt. "Als Mitarbeitervertreter ist unser größtes Anliegen, die Einschnitte für die Belegschaft so gering wie möglich zu halten. Doch darüber hinaus versuchen wir auch, die Arbeitgeberseite zu überzeugen, nur Veränderungen durchzuführen, die auch in den Augen des Betriebsrates sinnstiftend sind." Im Detail will sich Pilnei nicht zu den anstehenden Veränderungen äußern. 

Dass Conze durchaus anpacken kann, bewies er zuletzt beim Staubsauger-Hersteller Dyson. Während seiner Zeit dort hat sich der Umsatz auf rund vier Milliarden Euro vervierfacht - so viel wie etwas ProSiebenSat.1 jetzt verdient. Er ging das etwas dröge klingende Thema "Staubsauger" mit Verve an: Unter ihm wurden unter anderem ein kabelloser Staubsauger und ein Hightech-Föhn entwickelt. Conze hat Dyson wieder sexy gemacht. Das muss ihm jetzt auch bei ProSiebenSat.1 gelingen, der Konzern muss wieder attraktiv werden: Für die Aktionäre, die Zuschauer, aber auch für die Kreativen.

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