Aus Dick Wolfs Original "Law & Order"-Serie entstanden einige Spin-Offs. Als wirklich sehenswert stellten sich diese meist dann heraus, wenn sie sich aus dem klassischen Procedual-Muster lösten, welches die Mutter-Serie vorgegeben hatte. So gab es beispielsweise die "Special Victims Unit", die sich 18 Staffeln lang damit beschäftigte, nicht nur die Hintergrundgeschichten der Opfer zu ergründen, sondern auch die der ermittelnden Detektive. "Criminal Intent" begab sich in die Köpfe der Verbrecher und "Trial By Jury" zeigte den Zuschauern, wie Fälle aus der Sicht des Gerichts entschieden werden. Nun also "True Crime: The Menendez Murders", die Verfilmung eines tatsächlich geschehenen Verbrechens und dessen Ermittlungen. "American Crime Story: The People Vs. O.J." lässt grüßen.

Angesichts des Erfolges von Ryan Murphys Anthology-Reihe könnten sich die "True Crime"-Showrunner Dick Wolf und Rene Balcer freuen, wenn "The Menendez Murders" nicht nur auf den ersten Klang an die Emmy-ausgezeichnete Serie über den ehemaligen American-Football-Spieler erinnert. Von Folge zu Folge kommt aber die Bestätigung: Nach einem vielversprechendem Piloten lässt "True Crime: The Menendez Murders" viel von den durchdachten Details vermissen, die "American Crime Story" so extravagant werden ließen.

In der acht Episoden langen ersten Staffel werden die Morde an Jose (Carlos Gómez) und Kitty (Lolita Davidovich) Menendez im Jahre 1989 beleuchtet. Verantwortlich gemacht werden dafür recht schnell die beiden Söhne Lyle (Miles Gaston Villanueva) und Erik (Gus Halper), die ihre Eltern augenscheinlich im Wohnzimmer mit der Schrottflinte gerichtet haben. Als reiche Familie, die sich das edle Beverly Hills zum zu Hause gemacht hat, war das Motiv schnell klar: Das Erbe in Höhe von 14 Millionen Dollar. Doch war der Fall besonders, weil nicht alle Beteiligten davon überzeugt waren, dass diese Morde durch Habgier entstanden sind. Der Vorwurf, dass der Vater seine Kinder psychisch und physisch misshandelt hätte, kam auf. Jedoch wurde in der richtigen Gerichtsverhandlung nie wirklich darauf eingegangen. Hier setzt "The Menendez Murders" an.

Erik und Lyle werden nämlich nicht nur als ruchlose Killer inszeniert, die schnell an noch mehr Geld kommen wollten. Die Rich Kids werden als Menschen charakterisiert, die durch ihre falsche Erziehung zu dieser Tat gedrängt wurden. Dieser Punkt wurde auch von "American Crime Story" mit Bravour gelöst, als O.J. Simpson von allen Seiten beleuchtet wurde, und nicht nur von einer.

"The Menendez Murders" verfolgt dennoch nicht die gleichen Ambitionen wie "The People Vs. O.J.". Seichte Unterhaltung ohne zu viele Gerichtsszenen, die den Denkvorgang ankurbeln würden, ist das Ziel. Dabei wird immer mal wieder die Perspektive gewechselt, damit auch wirklich keine Frage mehr offen bleibt. Von den Mördern, hin zur Verteidigerin (Edie Falco "Die Sopranos"), übers Gericht bis zu den Detektiven. Smooth weicht eine Szene der anderen, damit "The Menendez Murders" ein Puzzle zum Mitspielen bleibt, bei dem man sich nicht nochmal den Deckel anschauen muss, um auf die Lösung zu kommen.

Dabei vergessen Wolf und sein Team aber keineswegs die Grausamkeit und Absurdität des Verbrechens angemessen zu inszenieren. In dieser Hinsicht wird genau das erreicht, was auch "American Crime Story" in uns Zuschauern ausgelöst hat: Ein Schockgefühl und die Frage, wie so etwas wirklich auf einer wahren Begebenheit beruhen kann. Die Gebrüder Lyle und Erik sind nämlich ein Duo, das ein Autor für solch einen Fall nicht besser hätte erfinden können. Während Lyle der sportliche Feingeist ist, dem alle Mittel recht sind, um aus der Patsche zu kommen, hat Erik insbesondere mit psychischen Problemen zu kämpfen, die oft in Heulkrämpfe ausarten. Beide zusammen kombiniert sorgen für ein einnehmendes Bühnenspiel und die beinahe größte Stärke der Serie.

Größer ist nur Edie Falco, die auf dem Serienplakat zu Recht die dominante Rolle spielt. Nicht nur ist ihre Figur diejenige, die dem Gericht begreiflich machen möchte, dass die Jungs schon immer unter ihrem Vater leiden mussten. Auch präsentiert sie dies so, dass es dem Zuschauer begreiflich wird, wie absurd die Verhandlungen vor dem Richter damals verliefen und was anders hätte laufen müssen. So ist "True Crime: The Menendez Murders" ein Fall, der vor allem uns Nicht-Amerikanern nun auf eine Art näher gebracht wird, die gleichermaßen unterhaltsam wie informativ ist.

"Law & Order True Crime: The Menendez Murders" ist ab dem 19. April immer donnerstags um 21:50 Uhr in Doppelfolgen beim Pay-TV-Sender 13th Street zu sehen.