Natürlich, irgendwann müssen auch junge Medienmacher einmal anfangen. Wenn sie nach der Schule oder dem Studium dann einen festen Job wollen, sind erste praktische Erfahrungen in der Branche essentiell, um die Personalverantwortlichen in den Unternehmen zu überzeugen. Heute würde es aber immer vermehrt auch solche Bewerber geben, die noch keine oder nur sehr wenig Berufserfahrung hätten - das hat DWDL.de in den Gesprächen mit den Personalchefs verschiedener Unternehmen zuletzt mehrfach gehört.

Auch Claudia Bienefeld, Head of HR bei ITV Studios Germany, berichtet ähnliches und sagt auch gleich dazu, dass die Bewerber dafür eigentlich nichts können. "Der straffe Studienplan bei den Bachelorstudiengängen lässt heute keinen Spielraum mehr, um erste Erfahrungen im Arbeitsalltag zu sammeln. Bei uns melden sich perfekt ausgebildete Fachkräfte, die ihren Job aber leider nur theoretisch umsetzen können", so die Personalchefin der Produktionsfirma. Viele junge Bewerber könnten sich zudem nicht richtig einschätzen, außerdem fehle es manchmal an "Lernbereitschaft, die über die Arbeitszeit hinausgeht", sagt Bienefeld.

Auch die ITV-Personalchefin kann, wie viele andere in der Branche, ein Lied davon singen, dass jungen Menschen heute ganz andere Dinge wichtiger sind als früher. "Gehalt und Leistung sind ihnen zwar durchaus wichtig, aber nicht auf Kosten ihrer persönlichen Freizeitinteressen." Große Themen seien etwa Arbeitszeiten, Flexibilität und Work-Life-Balance - das sind Dinge, die nicht überall selbstverständlich sind, gerade in der Medienbranche. "Das wünschen wir uns nach vielen Berufsjahren alle, jedoch fordern das viele junge Bewerber von Beginn an ein", sagt Bienefeld. Punkten will ITV als Arbeitgeber mit verschiedenen Zusatzleistung: "Getränke, Englischstunden und Achtsamkeitstraining gehen bei uns aufs Haus. Und wem das zu wenig Action ist, der kann einfach bei unserem Fußballteam mitmachen."

Massenbewerbungen, die so auch an viele andere Unternehmen rausgehen, ärgern Bienefeld. "Besonders, wenn noch ein Ansprechpartner eines Mitbewerbers in der Anrede zu finden ist." Außerdem setzt sie voraus, dass die Bewerber sich im Vorfeld mit ITV beschäftigt haben und auch einige Formate kennen, die das Unternehmen produziert. "Wenn Bewerber nicht wissen, welche Formate wir produzieren, dann spricht es nicht für sie. Auch Standardantworten, die wie auswendig gelernt nach Bewerbungsratgeber klingen, finde ich eher unpassend." Ein weiteres No-Go sei Unpünktlichkeit.

Aktuell, sagt sie, würde man bemerken, dass "Bewerber oft tagelang nicht erreichbar sind, obwohl diese eigentlich damit rechnen können, dass wir auf ihre Bewerbung reagieren". Interesse kann man bei der ITV-Personalchefin wecken, wenn man Fragen hat, die über die üblichen Standards hinausgehen. "Ehrlichkeit und Authentizität sind hierbei auch wichtige Punkte, die man nicht ignorieren sollte."

Viele Bewerber sind bei ersten Gesprächen oft sehr nervös. "Die meisten Bewerber machen sich da gewiss zu viele Gedanken. Sicherlich ist das auch ein Grund für die Aufregung bei einem solchen Gespräch", sagt Bienefeld. Ein bisschen Aufregung gehöre aber auch immer dazu. Bemerkt sie, dass ein Bewerber extrem nervös ist, versucht sie es zunächst mit ein bisschen Smalltalk, um die Stimmung aufzulockern. Und ein bisschen aufgeregt ist bei einem Vorstellungsgespräch vermutlich jeder - egal ob mit oder ohne Berufserfahrung.