Man ist schnell dabei, wenn es um Superlative geht. Doch wenn am Freitag das "ARD-Mittagsmagazin" ausgestrahlt wird, dann wird tatsächlich eine Ära enden. 28 Jahre lang produzierte der Bayerische Rundfunk die Sendung im wöchentlichen Wechsel mit dem ZDF. Doch weil das Geld knapp ist, stellte BR-Intendant Ulrich Wilhelm vor einem Jahr das Ende in Aussicht. "Mit Blick auf unsere immer geringeren finanziellen Spielräume haben wir leider keine andere Wahl, als die Federführung abzugeben", sagte Wilhelm damals. "Der Abschied schmerzt uns sehr." Ein Schritt, der nicht nur Branchenbeobachter verwunderte, sondern auch im Haus kritisch gesehen wird.

"Das kam für uns völlig überraschend", sagt Hannelore Fischer im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de. "Wir waren alle tief getroffen und sehr enttäuscht, dass sich das Haus entschieden hat, unser erfolgreiches ARD-Mittagsmagazin aus München nicht mehr weiterzuführen." Fischer ist von Beginn an das Gesicht der Sendung. Entsprechend enttäuscht klingt die Moderatorin, wenn sie über das Aus spricht. "Auch wenn der BR extrem sparen muss, hätten wir uns doch gewünscht, dass man sagt 'Wir schaffen das'. Das hat man offensichtlich am Ende nicht gewollt. Rein rechnerisch ist das schwer nachzuvollziehen - das ist ARD-Arithmetik."

Tatsächlich wird die Sendung mit dem Rückzug des BR nicht enden, stattdessen gehen die Zuständigkeiten ab der kommenden Woche an den deutlich kleineren RBB über. Um ihre eigene Zukunft mache sie sich keine Sorgen, betont Fischer. "28 Jahre mit gleichem Elan dieselbe Sendung zu moderieren zeigt, wie gern man das gemacht hat und wie gut der Zusammenhalt dieser Redaktion gewesen ist. Jetzt kann ich mich auch mal wieder um andere Projekte kümmern." Doch nicht allen Mitarbeitern ergeht es wie der Moderatorin. "Viele meiner Mima-Kollegen haben bis heute nichts inhaltlich und finanziell Vergleichbares gefunden - das ist bitter und das macht mir Sorgen", räumt Fischer ein.

Ihr erstes "Mittagsmagazin" präsentierte die gebürtige Münchnerin im Herbst 1989, als ARD und ZDF den Entschluss fassten, die Fernsehzuschauer auch zur Mittagszeit mit aktuellen Informationen zu versorgen – eine spannende Zeit, vor allem gesellschaftlich. "Für jeden Journalisten war das ein großes Geschenk, den Mauerfall und das deutsch-deutsche Zusammenwachsen, mit all seinen Herausforderungen und Emotionen, begleiten zu dürfen", erinnert sich Hannelore Fischer. "Das 'Mittagsmagazin' ist damit von Anfang an auf eine politische Schiene gesetzt worden - das ist unser Schwerpunkt all die Jahre geblieben, was ich persönlich als großes Glück empfinde."

Seither sind immens viele Bilder hängen geblieben, sagt sie. "Denken Sie, wie viel passiert ist in drei Jahrzehnten, wieviel sich verändert hat - allein schon in Deutschland von der Wendeeuphorie bis heute. Oft sind es gerade auch die leisen Geschichten, die einen lange begleiten. Ich denke natürlich auch an die großartige Teamarbeit in all den Jahren, die uns selbst schwierigste Sendetage - politische wie auch private - durchstehen ließ." So sendete das "Mittagsmagazin" stundenlang, um über die Folgen des 11. Septembers zu berichten oder über den Todestag von Lady Diana.

"Die große Showtreppe überlasse ich sehr gerne anderen."
Hannelore Fischer

Doch auch die Arbeit hat sich verändert. "Als wir im Oktober 1989 angefangen haben, wurde in den Redaktionen noch in Schreibmaschinen gehackt", erinnert sich Hannelore Fischer, die zusammen mit ihrem Team stets auch darauf geschaut hat, was die ZDF-Kollegen in der sendefreien Wochen machten. "Wir haben, kollegial im Umgang, am gleichen Strang gezogen." Tipps für ihre Nachfolger Jessy Wellmer und Sascha Hingst vom RBB hat Fischer übrigens nicht parat. "Die beiden warten sicher nicht auf Ratschläge aus München - sie wissen, dass diese Sendung Glaubwürdigkeit verlangt. Ich wünsche ihnen, dass sie immer neugierig bleiben, dass sie sich das Vertrauen der Zuschauer verdienen. Und dass sie immer cool bleiben, ohne kalt zu sein."

Für Hannelore Fischer ist der Abschied indes doppelt bitter, denn wegen einer Erkrankung wird sie ausgerechnet die letzten Ausgaben jener Sendung, die sie fast drei Jahrzehnte lang prägte, nicht selbst präsentieren können. Was 2018 kommen wird, sagt sie nicht – ganz sicher aber keine Show, auch wenn sie einst beim BR an der Seite von Günther Jauch und Thomas Gottschalk moderierte. "Die große Showtreppe überlasse ich sehr gerne anderen", betont Fischer. "Seriöse politische Information war immer mein Hauptinteresse, weil ich sie für immens wichtig halte. Erst recht in der Zeit der Twitter-Zwitscherer und der verheerenden Verbreitung von Fake News. Die Kunst der Nachrichtenprofis ist, gründlich und kritisch recherchierte Hintergründe möglichst allgemeinverträglich und locker anzubieten. Das war immer mein Anliegen."

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