In der ProSiebenSat.1-Zentrale in Unterföhring haben die Mitarbeiter bewegte Wochen hinter sich: Nachdem die Schwächen des nach wie vor wichtigen, klassischen TV-Geschäfts immer offensichtlicher wurden, musste man die Umsatz- und Ergebnisprognosen für das laufende Jahr nach unten schrauben. Schließlich kündigte Konzernchef Thomas Ebeling einen massiven Konzernumbau an - dieser wird künftig aber ohne ihn stattfinden. Nach seinen abfälligen Bemerkungen über die Zuschauer seiner Sender wird er Anfang des kommenden Jahres gehen.

An diesem Mittwoch wird er dennoch die Eröffnungs-Keynote beim Capital Markets Day von ProSiebenSat.1 halten und wohl auch einen Ausblick darauf gehen, wohin es mit dem Unternehmen künftig gehen soll. Angekündigt wurde bereits ein Umbau des Konzerns auf drei Säulen. So soll unter anderem der Bereich Digital Entertainment mit dem TV-Geschäft zusammengeführt werden - als eine Art große Entertainment-Unit. Darüber hinaus will man sich Investoren für das gut laufende Commerce-Geschäft suchen. Beide Vorhaben sind vom Aufsichtsrat abgenickt und sollen wohl auch künftig, ohne Ebeling, vorangetrieben werden.

Spannend wird sein, was Ebeling und seine Vorstandskollegen am Mittwoch zum klassischen TV-Geschäft sagen werden. Das ist es schließlich, was ProSiebenSat.1 und seinen Anlegern derzeit am meisten Kopfzerbrechen bereitet. Sah es bis Mitte des Jahres so aus, als würde die Sendergruppe 2017 hier leicht wachsen, so offenbarten sich ab dem Sommer die großen Probleme: Weil man die Flaggschiffe ProSieben und Sat.1 inhaltlich lange vernachlässigte, rauschten die Quoten in den Keller - und die Werbeerlöse gleich mit.

Durch den angekündigten Umbau wolle man "mittelfristig nennenswerte Kostensynergien" erzielen, ließ der Konzern damals mitteilen. Dem Umbau könnten also auch einige Jobs in Unterföhring zum Opfer fallen. Die Stimmung in der Sendezentrale ist jedenfalls seit der Ankündigung gedrückt, Mitarbeiter verunsichert. Thomas Ebeling könnte am Mittwoch Klarheit ins Dunkle bringen: Wie stellt er sich den Umbau vor - und wie viele Mitarbeiter wird das voraussichtlich den Job kosten?

Für Thomas Ebeling selbst ist der Capital Markets Day eine der letzten Möglichkeiten, um sich als visionärer Unternehmenslenker zu präsentieren. Lange wuchs der Konzern unter ihm vor allem deshalb, weil er Investitionen in Digitalunternehmen forcierte. Das brachte ihm viel Lob ein, zuletzt aber auch Kritik. Zwar verkaufte er den Online-Reiseanbieter Etraveli mit einem satten Gewinn, doch eigentlich lief der Bereich sehr gut. Es stellt sich die Frage, wie nachhaltig die Investitionen sind, wenn ProSiebenSat.1 sie nach wenigen Jahren schon wieder verkauft. Sowas kennt man eigentlich nur von Beteiligungsgesellschaften. Zuletzt investierte der Konzern unter anderem in Jochen Schweizer, Aboalarm und das Social-Advertising-Unternehmen esome.

Das schwächelnde TV-Geschäft und die unklare Digitalstrategie brachten Ebeling schon zuvor in die Defensive. Als dann auch noch bekannt wurde, dass er die Zuschauer seiner Sender als "ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm" bezeichnete, war das Fass übergelaufen. Ebeling einigte sich mit dem Aufsichtsrat auf einen vorzeitigen Abgang im kommenden Februar. Er wird noch die Geschäftszahlen für das Jahr 2017 verkünden und den Konzern dann verlassen.

Die Aktionäre schienen schon etwas länger das Vertrauen in den CEO zu verlieren. Der Kurs der ProSiebenSat.1-Aktie hat sich in den vergangenen Monaten fast halbiert. Erst als Ebelings Abschied bekannt wurde, erholte sich der Aktienkurs. Wohl auch nur wegen dieser leichten Erholung in den vergangenen Wochen darf ProSiebenSat.1 das Jahr im DAX beenden. Zuletzt gab es Spekulationen, die Aktie könnte aus dem Leitindex fliegen - zu gering war die Marktkapitalisierung. Nun sieht es so aus, als wäre der Platz von ProSiebenSat.1 im DAX zumindest bis Anfang des kommenden Jahres sicher. Aber die möglichen DAX-Newcomer stehen schon in den Startlöchern. Da wäre es wichtig für ProSiebenSat.1, das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen und zu zeigen, dass man einen konkreten Plan für die Zukunft hat. Der Capital Markets Day kann ein erster Schritt in diese Richtung sein.

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