Sie haben nicht viel Zeit und wollen dennoch eine neue Serie schauen? Dann sollten Sie es womöglich mal mit "Lobbyistin" versuchen. Gerade mal sechs halbstündige Episoden umfasst die neueste fiktionale Produktion von ZDFneo – früher hätte man daraus also vermutlich einen klassischen Zweiteiler gemacht. Womöglich ist es aber ganz gut, dass der Sender die Serie seinen Zuschauern in kleinen Häppchen serviert. In zu enger Taktung betrachtet, wäre nämlich noch offensichtlicher, in welchem Eiltempo die Polit-Story durchgepeitscht wird.

Im Mittelpunkt steht die idealistische Bundestagsabgeordnete Eva Blumenthal, die durch eine Intrige dazu gezwungen wird, ihr Mandat niederzulegen. Daraufhin wechselt sie die Seiten und lässt sich mir nichts, dir nichts von einer Lobbyagentur anwerben. Auf diese Weise will sie ihre Unschuld unter Beweis stellen, doch anstelle sich auf die Spielregeln der Gegenseite einzulassen, fällt sie immer wieder in alte Muster zurück. Das ist nicht wirklich verständlich und macht die Geschichte schnell ermüdend.

Eigentlich schade, schließlich könnte die Idee, die der Produktion von Cologne Film zugrunde liegt, der Stoff für einen ebenso spannenden wie vielschichtigen Thriller sein. Doch die Geschichte ist letztlich über weite Strecken hinweg viel zu leicht gestrickt, um so etwas wie Nervenkitzel aufkommen zu lassen. Das Versprechen des Senders, Debatten anstoßen und polarisieren zu wollen, kann "Lobbyistin" jedenfalls nicht einhalten. Stattdessen wirkt die Serie vor allem wie ein Lobbyismus-Crashkurs.

Alles andere als unterschwellig wird dem Publikum über die Dialoge zu verstehen gegeben, wie es angeblich so läuft, in der bösen Welt von PR-Agenturen und Politikberatern. Die Figuren scheinen gar nicht miteinander zu reden, sondern für die Zuschauer. Über einen früheren Verkehrspolitiker heißt es etwa: "Er hat damals die Abwrackprämie eingetütet. Übrigens eine Idee der Autobranche." Und ob es der Komplexität des Systems gerecht wird, wenn es Blumenthal mit Stammtisch-Sprüchen gelingt, eine Gesetzesvorlage zu Fall zu bringen, kann auch bezweifelt werden.

Lobbyistin© ZDF/Christoph Assmann

Dazwischen nimmt sich ein Minister das Leben und der Bruder der frisch gebackenenen Lobbyistin taucht mal eben vier Stunden lang die Spree ab ("wo du mal von einem Döner gekotzt hast"), um ihr wenig später ein vollkommen funktionsfähiges Handy in die Hand zu drücken, auf dem sich wichtiges Beweismaterial befindet. Zu viele irre Wendungen in Kombination mit zu vielen Klischees machen "Lobbyistin" nach dem Drehbuch von Regisseur Sven Nagel allenfalls zum Popcorn-Fernsehen, bei dem man eigentlich nur Veronica Ferres als Bundeskanzlerin vermisst.

Auch Hauptdarstellerin Rosalie Thomass und Bernhard Schir, der den neuen Chef der früheren Berufspolitikerin verkörpert, helfen kaum, der Serie die nötige Glaubwürdigkeit zu verleihen. Hinzu kommt die viel zu knapp bemessene Zeit, die es unmöglich macht, mehrschichtige Handlungsstränge in all ihren Facetten zu erzählen, so wie es das Publikum anspruchsvoller Dramaserien heutzutage gewohnt ist. Viel entlarvender war da schon "Eichwald, MdB" – eine Polit-Serie, die ihren Ursprung ebenfalls bei ZDFneo hatte. Davon sind übrigens bislang nur vier halbstündige Folgen entstanden. Vielleicht wollen Sie es ja mal damit versuchen.

ZDFneo zeigt "Lobbyistin" mittwochs um 21:45 Uhr.