"Hier ist ordentlich Zunder drin", ruft Detlef Soost gleich zu Beginn seiner neuen Sendung und kündigt ein "extrem heißes" Thema an: "Ich bin zu geil für diese Welt" heißt es und sein erster Gast zeigt gleich mal, was er darunter versteht. "Ich bin frauenfixiert", sagt Robert. Eifrig erzählt der muskelbepackte Glatzkopf von seiner guten Quote beim Disco-Flirt mit den Mädels, wenn er ihnen ins Ohr flüstert, sie "um 3 Uhr auf Toilette" treffen zu wollen. Seine letzte Beziehung ging nach einem halben Jahr in die Brüche, berichtet der 24-Jährige. Seine Begründung: "Die wurde mir echt zu langweilig." Die dazu passende Einblendung: "Meine zukünftige Frau muss genauso geil sein wie ich."

So sieht es also aus, das Comeback der Daily-Talkshow, an dem sich RTL II neuerdings versucht, um seinem quotenschwachen Nachmittag möglichst neuen Schwung zu verleihen. Das Kalkül des Senders klingt plausibel: Weil die junge Zielgruppe die alte Talkshow-Garde gar nicht kennt, könnte ein neuer Anlauf auf hohes Interesse stoßen. Und so steht Ex-"Popstars"-Choreograph Detlef Soost, der das "D!" im Namen offenbar abgeschüttelt hat, an einem Holztisch inmitten eines Studios, das den Charme eines im Keller gelegenen Box-Clubs versprüht. Optisch fügt sich der Fragensteller also ziemlich treffend in die Räumlichkeiten ein.

Viel wichtiger ist jedoch freilich die Frage, ob Soost auch als Moderator eine gute Figur macht. Und tatsächlich: Erstaunlich schnell findet er in seine Rolle und ist dabei stets mehr Kumpel als Oberlehrer, auch wenn er zwischendurch kurz an die Regeln erinnern muss. "Das Besondere an der Sendung", sagt er, "hier wird keiner verurteilt, wir stellen keinen bloß." Da stellt sich unweigerlich die Frage, wie tief das Nachmittags-Fernsehen zwischenzeitlich gesunken sein mag, damit vermeintlich Selbstverständlich heute schon als Besonderheit herausgestellt werden muss.

Soost hält allerdings, was er verspricht, denn obwohl RTL II nach einer Stunde ein kleines Kuriositätenkabinett am Holztisch versammelt hat, gerät die Sendung erstaunlich wenig krawallig. Sicher, da ist der "bergische Hugh Hefner", der – bekleidet mit etwas zu groß geratenem Goldkettchen – gerne mal Pool-Partys mit leicht bekleideten Damen veranstaltet und sich von Salvatore anhören muss, dass er ihn wegen seines Lebensstils am liebsten "wie ein Hühnchen rupfen" würde. Doch das war dann auch schon die größtmögliche Provokation dieses Nachmittags.

Der 18-jährige Roberto wiederum meint, die Frauen mit seinem dünnen Stimmchen gesanglich beeindrucken zu können, wird vom Rest allerdings eher belächelt als bewundert. Dafür überzeugt er mit philosophischen Weisheiten, wie man sie vermutlich seit Zlatkos Shakespeare-Erzählungen nicht mehr bei RTL II zu hören bekam. Angesprochen darauf, welche Rolle Geld für ihn im Leben spielt, sagt er ohne nachzudenken den Satz des Tages: "Die Millionen sind im Herzen." Und einen Flirt-Tipp hat er glücklicherweise auch noch parat: "Gewisse Dinge" müsse man sagen, "'Hallo' zum Beispiel."

Zum Schluss kommt dann auch noch Rachel, die an sich rein gar nichts auszusetzen hat. "Ich find' mich einfach zu perfekt", schwärmt die 22-Jährige, deren Auftritt etwas zu kurz geriet, brachte sie doch mit ihren Sprüchen noch einmal reichlich Schwung in die Show. Beispiel gefällig? Über ihren Job in einer Bäckerei lästert sie: "Die Chefs sind toll, nur die Kunden sind Scheiße." Ob Rachel auch nach der Ausstrahlung noch Brötchen verkaufen darf, bleibt vorerst abzuwarten. Bei Detlef Soost wiederum wird der weitere Lebenslauf vor allem von der Quote der nächsten Tage abhängen. Sicher, RTL II erfindet das Fernsehen mit dem Talk nicht neu, doch angesichts vieler Scripted Realitys der letzten Jahre kommt das zuletzt in Vergessenheit geratene Genre erstaunlich frisch daher.

Stark gemünzt auf die junge Zielgruppe des Senders, hat Constantin Entertainment eine sehr passable Interpretation einer alten TV-Idee auf die Beine gestellt – angepasst an die Stärken des Moderators, der inmitten seiner Gäste gut aufgehoben ist und das Publikum schnell in die Diskussion einbeziehen kann, wenn die Lage es denn erfordert. Dass die Gespräche nicht tiefgründig sind, versteht sich von selbst. Alles andere wäre mit Blick auf Sendezeit und Programmumfeld allerdings auch sicher nicht zielführend gewesen. Als Nebenbei-Fernsehen eignet sich "Detlef Soost" perfekt, zumindest wenn man's denn etwas trashig mag. Der Rest kann ja weiterhin "Bares für Rares" schauen. Oder zur Abwechslung mal wieder ein gutes Buch aus dem Schrank holen.