Um kurz nach 13 Uhr war es soweit. Als die Diskussion nach knapp zwei Stunden beim Transfer-Poker um den Dortmunder Spieler Ousmane Dembélé angekommen war, verwies "Doppelpass"-Moderator Thomas Helmer auf die Kollegen von Sky. Denen hatte BVB-Chef Hans-Joachim Watzke nämlich erzählt, dass er die Transfer-Wahrscheinlichkeit des Stürmers bei "unter 50 Prozent" sieht. Mit den Kollegen von Sky war freilich vor allem einer gemeint: Jörg Wontorra, der zehn Jahre lang selbst den Fußball-Talk bei Sport1 präsentierte und jetzt seinen Ruhestand beendet hat, um seine Fragen beim Konkurrenten Sky Sport News HD im Bordeaux-farbenen Sky-Einheits-Hemd zu stellen.

Es nimmt daher schon einigermaßen groteske Züge an, wenn sich nun in einer Sendung auf die andere bezogen wird. Dass das ab sofort regelmäßig auf der Tagesordnung stehen dürfte, konnte man zuvor auch schon bei "Wontorra" beobachten. Dort erinnerte sich Watzke nämlich an einen Auftritt "bei einem ähnlichen Format" und jeder wusste in diesem Moment natürlich, welches er damit meinte. Diese beiden Momente zeigen ganz gut, wie groß die Schnittmenge beider Talks ist, auch wenn Jörg Wontorra im Vorfeld seiner Sky-Premiere damit trommelte, dass bei ihm "kein Doppelpass, sondern Steilpass" gespielt werde. Klappern gehört eben auch mit 68 noch zum Handwerk.

Streng genommen war Wontorras erste Sendung übrigens schon vor einer Woche ausgestrahlt worden, als er Bayern-Boss Uli Hoeneß einen Solo-Auftritt ohne Publikum gewährte. Dessen Kollege aus Dortmund bekam solche Extra-Würste nicht und musste nun neben dem Sky-Experten Dietmar Hamann und den beiden Springer-Journalisten Tobias Holtkamp und Carli Underberg Platz nehmen – stets vor Augen: Ein rotes Telefon, das künftig immer dann klingeln soll, wenn sich ein Vereins-Funktionär vom Sofa aus zu Wort melden möchte. Das antiquierte Gerät soll damit vermutlich eine Art Gegengewicht zum legendären Phrasenschwein der Konkurrenz darstellen.

Doch während Watzke über Dembélé und Mario Götze sprach und sich über die "Transfer-Scheiße" echauffierte, blieb das Telefon stumm. Unterhaltsam war es aber auch ohne Anrufe, was vor allem daran liegt, dass der Chef der Borussia ein Mann klarer Worte ist. Nur als es um die Entlassung von Trainer Thomas Tuchel ging, gab sich Watzke bei Wonti plötzlich auffällig zurückhaltend. "Ich könnte euch jetzt Sachen erzählen, dann würdet ihr sagen: Ach, jetzt verstehe ich das endlich", sprach er und schob zur Ernüchterung aller Beteiligten hinterher: "Mach ich aber nicht."

Schnell war klar, dass er lieber über die neue Saison sprechen möchte. "Stattdessen wollt ihr die ganze Zeit in der Vergangenheit kramen", stänkerte der BVB-Boss. "Es wäre toll, wenn wir irgendwann dazu kommen." Beim "Doppelpass" waren sie zu diesem Zeitpunkt schon weiter. Hier diskutierte Thomas Strunz gerade unter anderem mit Leipzigs Sportdirektor Ralf Rangnick über die Niederlage seines Klubs gegen Schalke und was er davon hält, dass das Bild seines Schwalben-Manns Timo Werner bei der Vorstellung aller Spieler von den Schalkern geschwärzt worden war.

"Ich bin ja gewohnt, dass auf Schalke zu Saison-Beginn einige Dinge gern mal schiefgehen", erklärte Rangnick mit einem Augenzwinkern und erhielt Unterstützung von HSV-Boss Heribert Bruchhagen, der ironisch anmerkte, dass das fehlende Foto die Bundesliga "in ihren Grundfesten erschüttert". Humorvoll gab sich Bruchhagen auch, als es um die missglückte Premiere des Video-Schiedsrichters ging. Ob er die Leitung gekappt habe, wollte Helmer von ihm wissen, woraufhin Bruchhagen in seiner ihm eigenen Art entgegnete: "Wir kappen nichts und haben auch nichts zu kappen – das ist die Aufgabe anderer."

Doppelpass© Screenshot Sport1

Dass überhaupt so viel über die Schiri-Entscheidungen gesprochen wurde, dürfte die Verantwortlichen vom "Doppelpass" beruhigen, schließlich stand im Vorfeld zu befürchten, dass es mit dem Einsatz von Video-Schiedsrichtern weniger strittige Szenen geben würde, über die man breit debattieren kann. Zumindest an diesem Sonntag war das anders. Und da zeigte sich dann auch der vielleicht größte Trumph des Sport1-Klassikers: Anders als "Wontorra" darf Sport1 nämlich Spielszenen zeigen – von diskutablen Elfmeter-Situationen über Abseitsstellungen bis hin zum unglücklichen Tor-Jubel des Hamburgers Nicolai Müller.

Das hatte der Altmeister bei Sky Sport News HD nicht zu bieten. Der machte indes zwar ebenfalls eine launige Sendung, profitierte aber ohne Zweifel auch von der Strahlkraft eines Hans-Joachim Watzke. Als er den BVB-Chef am Ende auf Jürgen Klopp ansprach, drückte Watzke dem Moderator sogar noch einen guten Spruch rein. Klopp könne alles, schwärmte er und sagte: "Er könnte sogar diese Sendung mindestens genauso gut moderieren." Die Lacher hatte der erfahrene Fußball-Funktionär damit auf seiner Seite.

Zuvor zeigte sich aber auch Wontorra in guter Form. Als Watzke sagte, dass die Wahnsinns-Ablöse für Dembéle nicht die Summe sei, die aktuell überall geschrieben werde, schaltete Wontorra schnell und fragte zielsicher: "Höher?" Im direkten Duell zwischen ihm und Watzke stand es an diesem Sonntag somit Unentschieden. Nur auf einen Anruf beim roten Telefon wartete Jörg Wontorra vergeblich. "Bisher hat's noch nicht geklingelt", stellte er zum Schluss ernüchtert fest. Keine Frage, das Phrasenschwein brachte in der Vergangenheit mehr Schwung in seine Sendungen.

Und ob sich der Hashtag zur Sendung durchsetzen wird, bleibt vorerst auch abzuwarten. Der lautet nämlich #SkyOneT. Denken Sie mal darüber nach.

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