Wenn es Sommer wird im deutschen Fernsehen, schicken die Sender gerne Karawanen mit Promis in die Hitze und hoffen, dass sich die Davongeflogenen zur Unterhaltung der Daheimgebliebenen in der ungewohnten Umgebung gegenseitig richtig einheizen. Beim „Sommerhaus der Stars“ hat das für RTL im vergangenen Jahr ganz gut funktioniert, andere Versuche wie „Wild Girls“ und „Reality Queens auf Safari“ sind dagegen längst in der Quotenhitze zerschmolzen. ProSieben wagt an diesem Donnerstag einen neuen Anlauf. Und verspricht gleich zu Beginn – genau das, was so ziemlich alle Reality-Shows versprechen, wenn sie ihr Zoffpersonal in der Wildnis abgesetzt haben: „An den entlegensten Plätzen dieser Welt gehen acht Prominente an ihre Grenzen!“

Och, schon wieder? Ja, schon wieder. Allerdings mit dem entscheidenden Unterschied, dass sich „Global Gladiators“ richtig ins Zeug legt, die so ziemlich beste Kulisse zu liefern, die sommerliche Promistreits im deutschen Fernsehen bislang vorweisen konnten.

Dafür hat ProSieben einen zum Blechcamp umgerüsteten Frachtcontainer mit 26 Kameras ausgestattet und in die Wüste Namibias gestellt, um die insgesamt acht Kandidaten dort nicht nur für vier Wochen zusammenwohnen zu lassen. Sondern auch, um sie 4000 Kilometer über den Kontinent zu schleppen, damit sie in Mutproben gegeneinander antreten können.

Dabei sind unter anderem TV-Großmaul Oliver Pocher, Model und Boris-Becker-Gattin Lilly Becker, Ex-„Topmodel“-Nervensäge Larissa Marolt, DSDS-Gewinner Pietro Lombardi und die Ex-Profi-Fußballer Nadine Angerer und Ulf Kirsten. Dass der Krawall da nicht lange auf sich warten lässt, versteht sich eigentlich von selbst. Überraschenderweise hat er aber seinen Kumpel mit in die afrikanische Steppe gebracht: die gute Laune.

Global Gladiators© ProSieben / Richard Hübner

Die sorgt dafür, dass der Gladiator-Trupp zwischen Streits und Spielen ziemlich großen Spaß hat, sich durch ihr Strapazen-Camp zu giggeln. Zum Beispiel wenn Soap-Darsteller Raúl Richter die Team-Anweisung vorliest, das Wasser aus dem Container-Tank auf keinen Fall zum Kochen zu verwenden – und Lilly Becker nebendran im selben Moment den gerade aus dem Topf gelöffelten Reis ausprustet. Oder wenn Model Mario Galla, der eine Beinprothese trägt, in die Toilette hineinfragt, ob die (unsichtbare) Produktion sein Ersatzbein gesehen hat, sich alle schlapp lachen und Galla grinsend erwidert: „Wisst ihr, wie krass das ist, wenn ihr ’nen Behinderten im TV auslacht?“

Eine weiß die gute Laune mit kontinuierlichem Rededurchfall aber locker zu bremsen: Larissa. „Von oben ist ja alles höher“, philosophiert die 24-Jährige. „Denkt immer an die Astronauten, die haben’s auch nicht viel größer“, versucht sie, dem engen Container Positives abzugewinnen. Als sie an den um die Behausung gespannten Elektrozaun fasst und eine gewischt kriegt, hofft sie: „Vielleicht bin ich jetzt hochintelligent!“ Und bilanziert: „Die größte Gefahr in Afrika bin wahrscheinlich ich selbst.“ Zwischendurch muss Mitstreiter Oliver Pocher zugeben: „Auf so’n Scheiß komm selbst ich nicht.“ Dafür aber auf ausreichend anderen.

Global Gladiators© ProSieben

Pocher hat ohnehin die vielleicht interessanteste Rolle in „Global Gladiators“. Weil er bei der letzten Reality-Show mit seiner Beteiligung noch auf der anderen Seite der Produktion stand: als Moderator. Und es mit seiner TV-Karriere im Anschuss steil bergab ging.

Der Gladiatorenkampf könnte Pochers Chance sein, das nochmal zu ändern. Oder wenigstens einen Schritt aus dem Klatschspaltensumpf hinaus zu waten, der ihm zuletzt die größte Aufmerksamkeit bescherte. Das weiß er ganz genau – und strengt sich deshalb besonders an, an seine Kernkompetenz anzuknüpfen: das Geläster über andere Promis. Nur dass er deren Reaktionen diesmal unmittelbar mitbekommt, weil sie ja direkt daneben stehen.

Zwischendurch traut er sich auch leisere Töne, erzählt seinen Mitreisenden von der Kindheit bei den Zeugen Jehovas und wirkt fast schon sympathisch, weil er für einen Moment mal nicht pathologisch ironisch sein muss – sondern bloß ernst und persönlich. (Wobei nicht ganz klar ist, ob auch diese Ernsthaftigkeit womöglich nur zur kalkulierten Selbstinszenierung gehört.)

„Global Gladiators“ rangiert irgendwo zwischen „Big Brother“ und Abenteuerspielplatz; und die Promis wechseln zwischen Zoff und Lebensbeichte. Die Komponenten der ProSieben-Show mögen alle bekannt sein. Aber zumindest in der Auftaktfolge ist die Kombination tatsächlich ganz gut gelungen.

Das liegt, außer an der guten Besetzung, auch am flotten Schnitt: Anstatt jeden Gag und jedes Gezeter minutenlang auszuwalzen, zappt „Gladiators“ mit ordentlichem Tempo von einer Szene zur nächsten – und wer nicht aufpasst, verpasst womöglich was. (Zum Beispiel „Spielleiter“ Maurice Gajda, Ex-joiz, der zum Start nicht wirklich viel zu tun hat.)

Dazu kommt die gelungene Inszenierung: Wie der LKW mit dem Container durch die afrikanische Steppe donnert, mitten in der Nacht überschwemmte Straßen überqueren muss und die Kandidaten am nächsten Morgen vor beeindruckenden Naturkulissen wieder ausspuckt, sieht schon ziemlich fantastisch aus. Und wird durch die aus zahlreichen Kameraperspektiven aufgenommenen Spiele, die im Verlauf der Show immer bombastischer werden, noch gesteigert.

Global Gladiators© ProSieben / Richard Hübner

Beim rasanten „Quad Polo“ steigt hinter den Teilnehmern auf ihren PS-starken Geländefahrzeugen die Kameradrohne in den Himmel und liefert aus der Luft Bilder von den Fast-Zusammenstößen. Beim „Helidarts“ hat man das Gefühl, mit den Promis auf der Hubschrauberkufe zu stehen. Und für das erste Schlussspiel, „Spidernet Boule“, durfte das Team der Produktionsfirma FischWillWurm Media passenderweise eine Spidercam über den imposanten Fish River Canyon spannen, damit sich die Promis darunter ins Netz stürzen können.

Global Gladiators© ProSieben / Richard Hübner

Beim Dreh im Januar war die Produktion in zwei Gruppen unterwegs, die sich im Wechsel um Aufbau und Tests der jeweiligen Herausforderung am nächsten Spielort kümmerten. Bei den Mutproben waren Stuntprofis involviert, die ProSieben schon vom „Duell um die Welt“ kannte. Über ein Jahr Entwicklungszeit hat der Sender in seine Eigenentwicklung investiert. Nur von der ursprünglichen Idee, die Promis in der ersten Staffel gleich um den ganzen Globus zu schicken, ist man aus Vernunftgründen wieder abgerückt.

Der Aufwand hat sich gelohnt. „Global Gladiators“ ist Quatschfernsehen – aber eines, das sich für den Quatsch sehr große Mühe gibt und nicht bloß Sendezeit rumkriegen will. Das ist, wenn es Sommer wird im deutschen Fernsehen, gewiss keine Selbstverständlichkeit.

ProSieben zeigt sechs Folgen von „Global Gladiators“ immer donnerstags um 20.15 Uhr.