Am Anfang des Films krakeelt Gaby Köster herum, die echte Gaby Köster. Zu sehen ist, wie sie war in ihren großen Zeiten als lautstarke Komödiantin bei RTL. Ganz am Ende ist sie wieder da, die echte Gaby Köster bei ihren ersten Fernsehauftritten nach dem Schlaganfall, der sie 2007 auf die Bretter schickte. Dazwischen ist ganz viel Anna Schudt zu sehen, wie sie Gaby Köster spielt, wie sie immer mehr verschmilzt mit der Rolle, wie sie es irgendwann schafft, dass man die Schauspielerin Schudt vergisst, weil man glaubt nunmehr die echte Gaby Köster vor Augen zu haben, die im Krankenbett und im Rollstuhl darum kämpft, zurück in jenes Leben zu kommen, das sie führte, bevor sie der Schlag traf.

"Ein Schnupfen hätte auch gereicht" heißt das Buch, das Gaby Köster gemeinsam mit dem wunderbaren Till Hoheneder geschrieben hat. Das Buch ist Ausgangspunkt für den Film, der seine Protagonistin ganz nach unten schickt. Sie ist nicht nur krank und ein Teil ihres Körpers dauerhaft bewegungsunfähig, sie droht auch im Selbstmitleid zu ertrinken, wird harsch und verprellt die Menschen, die ihr helfen wollen.

Es ist eine rührende Geschichte, eine, die lebt von der riesigen Fallhöhe von ganz oben nach ganz unten, die aber vor allem lebt von der grandiosen Leistung der Anna Schudt, bei der man nicht eine Sekunde daran denkt, dass sie doch sonst die Dortmunder "Tatort"-Kommissarin spielt, die sich öfter mal Männer aufs Zimmer bestellt.

Unter der Regie von Christine Hartmann darf Schudt in all die Abgründe, und es entstehen Momente großer Verzweiflung, aber auch solche, in denen die Hoffnung wieder mal durch den Raum zieht, wenn etwa die Köster-Kollegin Hella von Sinnen leibhaftig das Krankenzimmer okkupiert und dort eine lautstarke Karaoke-Party inszeniert. Es ist eine Heldengeschichte, die das Scheitern braucht, um den Weg zur Erlösung zu finden.

Ein Schnupfen hätte auch gereicht© RTL / Wolfgang Ennenbach

Vor allem in jenen Momenten, in denen diese Zeitsprung-Produktion sich um die deprimierende Einsicht dreht, dass im Leben der Gaby Köster nichts mehr so sein wird wie es war, atmet der Film eine große Wahrhaftigkeit und berührt.

Leider aber hat man auf diese Kräfte nicht vertraut und versenkt das Pfund, mit dem man eigentlich wuchern könnte, in der handelsüblichen RTL-Schicksalssoße mit Quatsch drin. Da agiert ein Klinikchef, als sei er bei der letzten Plumpaquatsch-Sitcom übrig geblieben, und die bösen Boulevardschranzen, die mit Kameras vor der Klinik auf Bilder der kranken Köster lauern, werden als Klischee abgehandelt. Die Chance, dieser gewissenlosen Meute einmal ihre professionelle Menschenverachtung unter die Nase zu reiben und ihr übles Tun so wirkungsvoll zu diskreditieren, wird leichtfertig vergeben.

Dazu kommt mangelndes Vertrauen in den Haupterzählstrang. Unbedingt musste noch ein Nebenstrang reingepackt werden, in dem eine wackere Krankengymnastin mit einem Versager als Ehemann und einer prekären Erwerbssituation klarkommen muss. 

Das sind die Augenblicke, in denen der Film weit über sein Ziel hinausschießt, in denen er einreißt, was er vorne so elegant aufgebaut hat. Diese platte Rührseligkeit hätte es nicht gebraucht, dieses Bessser-mal-ein-bisschen-mehr-Verfahren, das im Finale komplett aus dem Ruder läuft, weil da plötzlich Conchitas ESC-Hit "Rise Like A Phoenix" unterlegt wird, auf dass auch der letzte Zuschauer verstehen möge, dass hier eine Auferstehung stattfindet. Und das, zwinker zwinker, schon am Karfreitag.

Diese unnötige Überdosis haben Gaby Köster und Anna Schudt nicht verdient. Man hätte doch mal versuchen können, den RTL-Zuschauern ein ganz kleines bisschen mehr zuzumuten.

"Ein Schnupfen hätte auch gereicht", Karfreitag, 14. April, 20:15 Uhr bei RTL