Mit Fernsehsendungen verhält es sich manchmal wie mit Lebensmitteln. Wenn man sie zu lange liegen lässt, dann werden sie verderblich. Im Falle seiner Comedy "Achtung, die Dietrichs kommen! - Das Leben der etwas anderen Millionärsfamilie", mit deren etwas lang geratenem Titel RTL II vermutlich ganz gute Chancen auf einen Eintrag im Guiness-Buch der Rekorde haben dürfte, ist das ganz ähnlich. Kurz vor Ablauf des am sinkenden Stern der Geissens bemessenen Verfallsdatums hat der Sender jetzt aber nach langer Suche doch noch einen Sendeplatz gefunden.

Der ist zu allem Überfluss gar nicht mal so glücklich, weil sich RTL II trotz einer nicht von der Hand zu weisenden Nähe zu den Geissens dazu entschieden hat, gegen sämtliche Regeln des Audience-Flows lieber noch eine beliebige Kuppelshow zwischen die beiden Formate zu programmieren. Zumindest Robert & Co. dürften darüber nicht ganz unglücklich sein, nehmen die Dietrichs doch so ziemlich alles aufs Korn nehmen, was man seit Jahren von den Geschichten der echten Millionärsfamilie zu sehen, hören und lesen bekommt. Der Clou ist nämlich, dass es sich bei den Dietrichs, glücklicherweise, bloß um Schauspieler handelt.

Die Comedians Markus Krebs, Christiane Olivier, JayJay Jackpot und Tobias von Freyend verkörpern eine Ruhrpott-Familie, die über Nacht zu einer Menge Kohl kam und nun im Nobelrestaurant ein Verhalten an den Tag legt, das selbst in der Currywurstbude von nebenan als peinlich durchgehen würde. Der nette Restaurant-Chef ahnt freilich nicht, wer da gerade – lautstark und in bekannter Geissens-Manier von Kameras begleitet – sein Lokal betritt. Und so dauert es nicht lange, bis er sich selbst ein Gläschen Schampus genehmigt, um zwischen Handyklingeln und dem vom Clan-Oberhaupt mitgebrachten Käsebrot nicht die Fassung zu verlieren.

Nicht minder genervt wirkt die Immobilienmaklerin, die den Fake-Millionären zuvor eine Luxus-Villa im noblen Kölner Stadtteil Hahnwald verkaufen möchte. Während die verwöhnte Tochter gleich auf drei Zimmer für Schminken, Anziehen und Schlafen pocht ("Das geht doch nicht anders, überleg' doch mal!"), schmiert Papa Jürgen mal eben mit einem Edding ein Rechteck an die Wand, das den künftigen Platz des Flatscreens im Wohnzimmer zeigen soll. Dass er in der zweiten Folge dann auch noch vor den Augen eines Skilehrers vermeintlich in die Skihalle pinkelt ("Jürgen, das ist Scheiße!"), passt da natürlich gut ins Bild. Am Ende, wenn die Opfer die Gesichter hinter den Dietrichs zu sehen bekommen, können aber doch noch alle lachen.

Das alles ist letztlich so wenig überraschend wie es sich liest, birgt aber in jeder Folge einige schöne Momente – besonders wenn die ahnungslosen Makler, Kellner und Autoverkäufer ihren Unmut über die verhaltensauffällige Kundschaft in die Kamera sprechen. Vor allem aber schließt RTL II mit dem neuen Format, das aus der Comedy & Light Entertainment Unit von Endemol Shine stammt, gewissermaßen jenen Kreis, den man vor Jahren mit den Geissens zu zeichnen begann. Mit Blick auf die schwachen Quoten, die man inzwischen mit den echten Millionären verzeichnet, könnten die Dietrichs aber gut und gerne auch einen Schlussstrich unter das Kapitel ziehen. Das Verfallsdatum rückt jedenfalls immer näher.

RTL II zeigt "Achtung, die Dietrichs kommen" jeweils montags um 23:20 Uhr.