Frau Amani, was haben Sie über das Fernsehen gelernt?

Ich habe einen dreijährigen Medien-Crashkurs hinter mir und musste in kürzester Zeit sehr viel besser werden. Vor allem habe ich etwas über mich gelernt und beispielsweise die Überheblichkeit, die man manchmal dem Fernsehen gegenüber hat, abgelegt. Wenn du selbst vor der Kamera stehst, merkst du plötzlich, dass das doch ein erheblicher Unterschied zum Stand-Up ist. Das hängt ein Stück weit auch mit dem Publikum zusammen.

Wie meinen Sie das?

In England oder den USA bringt das Publikum eine andere Lockerheit mit. Wenn in Amerika ein unbekannter Comedian auf die Bühne kommt, dann stehen die Amis auf und flippen aus. Er wird also erst mal gefeiert und nicht kritisch beäugt. In Deutschland sitzen dagegen viele erst mal mit verschränkten Armen dort und haben die Haltung: "Na, vielleicht wird’s ja ganz nett." Dieses Kritische ist eine sehr deutsche Haltung, die ich im Übrigen auch in mir selbst trage. Aber es ist dadurch erst mal schwieriger, das Eis zu brechen. Bei mir wird das noch verstärkt, weil ich bei Menschen ein sehr starkes Schubladen-Denken hervorrufe.

Die Leute haben einen falschen Eindruck von Ihnen?

Ja. Ich habe Migrationshintergrund und bin eine Frau – noch dazu eine, die sich gerne schminkt und lange Fingernägel hat. Da geht sofort eine Schublade auf, in der ich mich aber sehr ungern sehe. Dass ich in der Pubertät plötzlich eine große Oberweite bekam, hat mir eher Steine in den Weg gelegt, weil das den Eindruck einer Tussi noch verstärkt hat. Ich hätte lieber kleinere Brüste gehabt, mir waren sie immer zu groß, aber ich feiere meinen Arsch... das bitte nicht schreiben (lacht).

In welchen Momenten macht sich dieses Missverständnis denn konkret bemerkbar?

Die Frauen, mit denen ich die stärksten Gemeinsamkeiten habe, bringen die Leute leider überhaupt nicht mit mir in Verbindung. Nora Tschirner ist ein gutes Beispiel. Viele denken, Nora sei in meiner neuen Sendung nur auf Senderwunsch dabei aber sie ist eben auch eine Freundin von mir und hatte Lust mich in der neuen Sendung zu unterstützen.

'nissa - Geschichten aus dem Leben© ProSieben / Willi Weber

Waren Sie von den Reaktionen nach Ihrer ersten Sendung im Frühjahr überrascht?

Ich war schon alleine deshalb überrascht, weil ich nicht unhöflich und provokant bin, sondern eigentlich sehr weich. Ich bin kein Somuncu. Aber ganz offensichtlich ist es so, dass viele Menschen mich in ihrer Schublade nicht mit dem zusammenbekommen, was ich sagen möchte.

Was unternehmen Sie gegen den falschen Eindruck?

Anfangs habe noch mit den Vorurteilen gespielt, aber inzwischen weiß ich, dass ich das hart leugnen muss. Ich dachte, dass man automatisch versteht, dass ich alles andere als eine Tussi bin, wenn ich damit kokettiere. Kürzlich saß ich in der Talkshow von Bettina Böttinger und habe frei von Ironie über mich gesprochen. Anschließend bekam ich eine Flut an Nachrichten von Menschen, die erkannt haben, dass ich mehr bin als nur die Tussi, die viele in mir sehen. Wenn jemand das verstanden hat, mich aber trotzdem nicht mag, bin ich total glücklich. Wenn aber geschrieben wird, ich sei strohdoof, will nur in den Boulevardblättern stehen und würde dem Playboy direkt zusagen, dann ärgert mich das. Im Übrigen habe ich keine Lust auf Boulevardblätter und dem "Playboy" schon mehrfach abgesagt. Dieses Schubladen-Denken kenne ich aber nicht erst, seit ich beim Fernsehen bin.

Sondern?

Egal welchen Job ich als Aushilfe angefangen habe – ich wurde ich erstmal abgestempelt. Ich war dadurch jedes Mal gezwungen, meine Bildung förmlich auf den Tisch zu legen. In der Pause musste ich früher immer den Dostojewski aufschlagen, damit auch der Letzte verstanden hat, dass da nicht nur Titten sind. Bis ich irgendwann gemerkt habe: Wie arm von dir!