Es ist nicht einmal ein Jahr her, da traf DWDL.de Produzent Frank Spotnitz in London zum Gespräch über die von ihm für Amazon produzierte Serie "The Man in the High Castle". Er war Feuer und Flamme für das Projekt - und schwärmte von Amazon als Partner. Mitten in der Produktion von Staffel 2 stieg Spotnitz dann überraschend und kurzfristig aus. Warum, wurde nicht näher erklärt. Bei der MIPCOM in Cannes wird einerseits sein Period Drama "Medici" verkauft - und auch die Krimiserie "Ransom" über einen Spezialisten für Geiselnahme und Entführungen. Ein Procedural mit abgeschlossener Handlung pro Folge.

Die Serie, eine Koproduktion von RTL, TF1, CBS und dem kanadischen Sender Global, wird in Cannes von Distributor Entertainment One angeboten. Um für die Produktion die Werbetrommel zu rühren, ist neben Produzent Frank Spotnitz auch der Cast bei der MIPCOM. Wir haben kurz mit Spotnitz und Hauptdarsteller Luke Roberts ("Game of Thrones", "Wolf Hall") gesprochen. Über die Serie, die 2017 auch bei RTL laufen soll. Der Versuch, etwas über die Trennung von "The Man in the High Castle" zu erfahren, misslang. Auch wenn zwischen den Zeilen Einiges mitschwingt...

Frank, Sie haben mit „The Man in The High Castle“ und „Medici“ zwei komplexe durcherzählte High-Concept-Serials produziert. „Ransom“ wiederum ist ein Procedural fürs werbefinanzierte Fernsehen. Worin liegt der Reiz, dies zu tun?

Frank Spotnitz: Nun, wir leben derzeit in der besten Zeit, die das Fernsehen je gesehen hat. Es ist toll, dass es Serien wie "The Man in the High Castle" gibt. Ich habe aber auch mal "Akte X" gemacht und liebe ebenfalls episodische Network-Dramas. Mir gefällt das Konzept, jede Woche einsteigen zu können, ohne erst einmal 24 Stunden lang die bisherigen Folgen aufholen zu müssen, um zu verstehen um was es geht. Procedurals sind Entertainment mit wöchentlicher Befriedigung. Und das gekonnt umzusetzen braucht eine Disziplin und Klarheit, die man bei durchgehend erzählten Serien nicht hat.

Luke, sie haben zuletzt in zahlreichen Period Drama mitgespielt, auch in „Game of Thrones“. Was hat Sie an der Rolle des Eric Beaumont gereizt?

Luke Roberts: Frank hat es bereits gut ausgedrückt. “Ransom" bietet kleine in sich abgeschlossene Geschichten, in die man als Zuschauer leicht einsteigen kann, ohne etliche Vorstaffeln kennen zu müssen. Das passt sehr gut zu den heutigen Entertainment-Bedürfnissen, weil es unmittelbar - am Ende der Folge - das befriedigende Gefühl einer abgeschlossenen Geschichte hat. Ich möchte damit gar nicht sagen, dass es besser ist als durchgehend erzählte Geschichten. Aber mir persönlich gefällt das Episodische sehr gut. Es ist eine sehr willkommene Abwechslung.

Vielleicht noch ein Wort über Ihre Rolle…

Luke Roberts: Mein Charakter Eric Beaumont hat als Experte für Geiselnahmen und Verhandlungssituationen so viele Facetten - das ist immer ein dankbares Geschenk für einen Schauspieler. Er wurde von einer echten Person und ihrem Wirken inspiriert. Und zur Abwechslung ist es auch mal schön einen Charakter zu spielen, der im hier und jetzt lebt (lacht). Das war spannend.

Wo wurde „Ransom“ gedreht?

Luke Roberts: Die ersten acht Episoden wurden in Toronto und einigen weiteren Locations in Kanada und Nordamerika gedreht. Die letzten fünf Folgen der ersten Staffel haben wir in Nizza produziert, sowie an weiteren Locations in Frankreich, Italien und Spanien.

Es wäre wohl auch schwierig dem Publikum jede Woche eine dramatische Geiselnahme in der gleichen Stadt zu präsentieren.

Frank Spotnitz: Richtig. Das macht es zwar schön, aber auch hart. Denn so haben wir keine Standing Sets, die wir immer wieder nutzen können, sondern müssen immer wieder neu aufbauen. Außerdem wurde die gesamte Serie on location gedreht, was das Ganze nochmal teurer und aufwändiger macht. Aber das ist eben möglich mit so starken Partnern.

„Ransom“ erzählt die Ermittlung in Fällen von Entführung und Geiselnahme. Wie sieht es mit dem Verhältnis von Action und Psychologie aus? Wie würden Sie die Serie beschreiben?

Luke Roberts: Es gibt auf jeden Fall eine Menge Action, aber es ist sicher eher ein Drama. Es gibt kaum dramatischere Situationen in Kriminalgeschichten als Geiselnahmen. Das kann einem beim Zuschauern schon an die Nieren gehen. Dynamisch und temporeich ist die Serie aber dennoch. Ich bin wirklich eine Menge durch Toronto gelaufen (lacht). Und es knallt auch hin und wieder. Ich hoffe, die Zuschauer mögen, was wir aus beiden Aspekten gemacht haben.

Ransom© DWDL.de


„Ransom“ ist eine Koproduktion von RTL, TF1, CBS und dem kanadischen Sender Global. Welchen Vorteil bringt dies mit sich? Normalerweise verderben doch viele Köche den Brei…

Frank Spotnitz: Es sichert der Serie schon in der Planungsphase eine große Zuschauerschaft und natürlich mehr Ressourcen. Es ist aber natürlich auch herausfordernd, weil man mehr Stimmen zu koordinieren hat, die alle ihre Meinung einbringen wollen. Ein großer Vorteil ist aber die kulturelle Bereicherung durch den Input, die unsere Serie zu etwas besonderem formt. Jede Zuschauerschaft ist bei anderen Themen sensibel. Die deutsche tickt nicht unbedingt so wie französische und die französische nicht unbedingt so wie amerikanische. Dass muss man als Filmemacher akzeptieren und bereit sein, seine Vorstellungen anzupassen, um ein besseres Storytelling hinzubekommen.

Also kein Grund zur Sorge, dass nur der kleinste gemeinsame Nenner übrig bleibt, wenn jeder seinen Senf dazu gibt?

Frank Spotnitz: Es ist immer noch sehr schwer. Der Druck innerhalb der eigenen Reihen ist enorm, doch wenn man vernünftig miteinander umgeht, ist das möglich. Man muss sagen können, was man machen möchte, gleichzeitig aber ein offenes Ohr für andere Vorschläge haben und verstehen, dass nicht nur die eigene Sichtweise die einzig richtige ist. Jeder an Bord muss aber ausdrücklich und klar sagen, was erreicht werden soll, damit nichts unter den Tisch fällt. Diese Vertrautheit, von der ich rede, muss jedoch verdient werden. Am Anfang ist jeder etwas skeptisch, da man vielleicht noch nie zusammengearbeitet hat. Doch wenn man zeigt, dass man etwas kann, verdient man sich Vertrauen und das ist für solch eine umfassende Produktion sehr wichtig. Ich kann also nicht sagen, dass es heutzutage einfacher ist, als damals. Man muss die Balance zwischen Standhaftigkeit und Offenheit finden.

Ist es einfacher für gleich vier Partner zu arbeiten als für Amazon?

Frank Spotnitz: (lacht). Netter Versuch. Man muss ganz grundsätzlich gemeinsam, egal mit wie vielen Partnern, eine klare kreative Vision für eine Serie besitzen. Das macht die Produktion dann deutlich einfacher. Es müssen alle im selben Boot sitzen und von einer kreativen Richtung überzeugt sein. Diese Überzeugungsarbeit dauert meist auch noch während der Produktion der ersten Staffel an.

Und manchmal wird dann die zweite Staffel zur größten Herausforderung, weil plötzlich jeder eine Meinung hat…

Frank Spotnitz: Die erste Staffel legt die Basis, auf der man aufbaut. Es geht dann nicht darum etwas komplett anders zu machen, aber zu schauen, was weniger gut funktioniert hat und was gut war und man ausbauen sollte. So stelle ich es mir jedenfall vor.

Frank, Luke, herzlichen Dank für das Gespräch.