Seit der Arbeitskreis Pay-TV im Privatsender-Verband VPRT vor drei Jahren die Tradition begonnen hat, immer im Juli bei einem Pressegespräch in München über die Erfolge des deutschen Bezahlfernsehens zu berichten, ist das Wachstum der Gattung munter weitergegangen. Um über 30 Prozent seien die Umsätze mit Pay-TV und Paid-Video-on-Demand seit Beginn der VPRT-Erhebung im Jahr 2012 gestiegen, lautet die Botschaft von Frank Giersberg, der in der VPRT-Geschäftsleitung für Markt- und Geschäftsentwicklung zuständig ist.

2015 kletterten die Umsätze des Branchenzweigs demnach um 12 Prozent von 2,22 auf 2,49 Milliarden Euro. Für 2016 prognostiziert der VPRT einen weiteren Anstieg um 8 bis 11 Prozent auf etwa 2,8 Milliarden Euro. Dabei dürfte das lineare Pay-TV um 6 bis 8 Prozent wachsen, die Umsätze mit kostenpflichtigem VoD um mehr als 20 Prozent.



Die Zahl der Pay-TV-Abonnenten in Deutschland ist 2015 laut VPRT-Erhebung um rund 6 Prozent auf 7,4 Millionen gestiegen, im gesamten deutschsprachigen Raum auf 8,2 Millionen. Die durchschnittliche kumulierte Monatsreichweite aller deutschen Bezahlsender wuchs von 10,31 Millionen Zuschauern im Jahr 2014 auf 11,73 Millionen in 2015. Im ersten Halbjahr 2016 waren es laut Giersberg sogar schon 12,42 Millionen Zuseher. "Die Reichweiten der AGF liefern uns einen ganz guten Gegencheck, bilden aber bislang die Pay-TV-Nutzung noch nicht vollständig ab", so Giersberg. Nach Marktanteilen kam das Pay-TV 2015 gemäß AGF auf 2,8 Prozent bei allen Zuschauern, auf 4,1 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Betrachtet man nur die Pay-TV-Haushalte, so lagen die Marktanteile bei 17,1 Prozent (alle) bzw. 20,5 Prozent (14-49).

Sky-Vorstandschef Carsten Schmidt, zum ersten Mal beim jährlichen VPRT-Gespräch dabei, sprach vor allem über das nicht ganz einfache Verhältnis zur AGF – und über den Aufbau des neuen 15K-Panels, für das die Pay-TV-Plattform bis Frühjahr 2017 in Deutschland 12.000 und in Österreich 3.000 Sky-Haushalte rekrutieren will, deren Nutzung dann direkt von den Set-Top-Boxen erfasst wird (DWDL.de berichtete). "Wir investieren mehr in Programmqualität, aber wir tun auch mehr dafür, ihre Auswirkungen messbar zu machen", so Schmidt. Die Vermarktungstochter Sky Media werde einen mittleren siebenstelligen Betrag in Messtechnik und Infrastruktur investieren.

"Das ist keine Gegenveranstaltung zur AGF", so Schmidt weiter. "Wir sind weiterhin miteinander im Gespräch – konstruktiv, dialogorientiert, na ja, freundschaftlich wäre ein bisschen zu viel gesagt." Die Zusammenarbeit der jüngeren Vergangenheit sei von immer wieder neuen Anläufen geprägt gewesen, die für die Pay-TV-Seite jedoch noch kein zufriedenstellendes Ergebnis gebracht haben. Im Vergleich zur gegenwärtigen Quotenmessung "mit sage und schreibe 440 Sky-Haushalten im AGF-Panel" (O-Ton Schmidt) erhofft sich der Pay-TV-Boss vom eigenen 15K-Panel eine "viel fairere Abbildung unserer Leistung, eine Minimierung der Schwankungsbreiten" sowie als Folge eine höhere Werbeauslastung und eine "bessere Aussteuerung von Akquisitionen, Paketierung und Pricing".

Klare Trennung von Pay- und Free-TV?

Natürlich musste sich Schmidt die Frage anhören, ob er künftig mehr Free-TV machen wolle – kein Wunder nach der jüngsten Ankündigung aus Unterföhring, mit dem Sender Sky Sport News HD zum Jahresende vom Pay-TV ins frei empfangbare Fernsehen zu wechsen (DWDL.de berichtete). Seine Antwort: ein klares Nein. Nicht so klar fiel hingegen die Antwort von Marco de Ruiter, Geschäftsführer der Fox Networks Group Germany, auf dieselbe Frage aus. "Wir haben das nicht in den nächsten drei Monaten vor, würden es aber auch nicht ausschließen", so de Ruiter. Man müsse den Bewegtbildmarkt heute ganzheitlicher betrachten und dürfe keine zu hohen Trennmauern nur aus Prinzip ziehen. Als Beispiel verwies der Fox-Chef auf die steigenden HD-Plus-Erlöse der großen Free-TV-Sender.

Dass die Frage durchaus heikel ist, zeigte sich am vehementen Widerspruch von Turner-Mittel- und Osteuropa-Chef Hannes Heyelmann, zugleich Vorsitzender des VPRT-Arbeitskreises Pay-TV, sowie von NBCUniversal-Deutschland-Chefin Katharina Behrends. "Ich halte eine klare Trennung von Pay- und Free-TV für enorm wichtig – schon allein, um die Kunden nicht noch mehr zu verwirren und um jedem Sender eine klar erkennbare Ausrichtung zu geben", so Heyelmann. NBCUniversal habe sich vor Jahren bewusst aus dem Free-TV verabschiedet, um sich auf die deutlich höheren Wachstumsraten im Pay-TV zu konzentrieren, sekundierte Behrends. Dieser Weg habe sich als der einzig richtige erwiesen. 

Große Einigkeit bei den anwesenden Pay-TV-Managern – neben Schmidt, Heyelmann, Behrends und de Ruiter waren auch Disney-Channel-Boss Lars Wagner und Mainstream-Media-Vorstandschef Gottfried Zmeck dabei – herrschte dann wiederum, als es um die verstärkten Investitionen in Eigenproduktionen ging. Sky-Chef Schmidt erzählte begeistert von einem kürzlichen Ausflug seines gesamten Managements ans Set von "Babylon Berlin" in Potsdam-Babelsberg, wo das erste Drittel der historischen Mammutserie abgedreht ist.

Turner-Chef Heyelmann wiederum berichtete von näheren Details zur bereits angekündigten Dramaserie "4 Blocks", die Wiedemann & Berg Television für TNT Serie produziert. Die Dreharbeiten haben gerade in Berlin-Neukölln begonnen, in den Hauptrollen stehen Frederick Lau ("Victoria"), Kida Khodr Ramadan ("Unter Feinden"), der Rapper Veysel und Almila Bagriacik ("Mitten in Deutschland: NSU") vor der Kamera. Weitere Rollen spielen Maryam Zaree ("Shahada"), Oliver Masucci ("Er ist wieder da"), Ronald Zehrfeld ("Im Angesicht des Verbrechens"), Ludwig Trepte ("Deutschland 83") oder der Rapper Taha alias Massiv. In sechs Folgen – geschrieben vom Autoren-Trio Hanno Hackfort, Bob Konrad und Richard Kropf, von dem auch Matthias Schweighöfers Amazon-Serie "You are Wanted" stammt – wird die Geschichte eines arabischen Clans in Neukölln rund um Freundschaft und Familie, Verrat und Schuld erzählt.

"In '4 Blocks' investieren wir noch mehr als in frühere Produktionen und wir übernehmen erstmals auch den Weltvertrieb einer Eigenproduktion selbst", so Heyelmann. Für die Produktion sind 50 Drehtage und ein Budget von mehr als vier Millionen Euro veranschlagt, wovon Turner über 85 Prozent trägt. Der Rest stammt aus den Förderungen des FFF Bayern und des Medienboard Berlin-Brandenburg sowie aus Eigenmitteln von Wiedemann & Berg. Die Nachfolgeserie zu den bisherigen TNT-Serie-Eigenproduktionen "Add a Friend" und "Weinberg" soll im Frühjahr 2017 auf den Bildschirm kommen.