Ein britisches Kostümdrama. Nach einer bekannten Romanvorlage, in den 70ern bereits erfolgreich verfilmt. Mit Aidan Turner in der Hauptrolle. Und in Großbritannien im vergangenen Jahr begeistert gefeiert. Was kann da schon schiefgehen? "Stolz und Vorurteil" in den 90er-Jahren und "Downton Abbey" oder "Peaky Blinders" sind nur drei Beispiele für großartige britische Historien-Serien. Aidan Turner hat in der Mystery-Serien-Überraschung "Being Human" überzeugt, danach in der "Hobbit"-Reihe mitgespielt.

Jetzt also die BBC-Serie "Poldark". Die Geschichte eines jungen Mannes, Ross Poldark (gespielt von Aidan Turner), der 1783 aus dem Unabhängigkeitskrieg in Nord-Amerika in seine Heimat Cornwall zurückkehrt. Doch die Dinge sind nicht, wie er sie erwartet hatte: Sein Vater, kurz vor Poldarks Rückkehr gestorben, hat das Anwesen der Familie heruntergewirtschaftet, die familieneigene Mine musste geschlossen werden. Und Elizabeth, die Frau, die Poldark liebt, hat sich in seiner Abwesenheit mit seinem reichen Cousin verlobt, weil sie nicht wusste, ob Poldark noch lebt. Ross Poldark nimmt den Kampf um sein Anwesen auf - aber nicht um die Frau, die er liebt. Und er legt sich mit seiner Klasse an, den Landbesitzern und reichen Familien, weil er sich um seine Arbeiter kümmert, mit ihnen Hand in Hand arbeitet. Revolutionär - und in den Augen der Aristokraten eine Schande.

Der Funke, er glimmt also. Doch mit dem Überspringen will es anfangs nicht so recht klappen. Die Kamera verweilt ein bisschen zu oft auf Cornwalls herrlichen, sonnenbeschienenen Wiesen, über die Poldark immer wieder reitet und auf den malerischen Steilhängen, an denen Poldark steht und über das Meer schaut. Die Musik drängt sich zu sehr in den Vordergrund und verleiht bestimmten Szenen einen kitschigen Ton. Und die Charaktere verhalten sich anfangs nur ihrem Klischee entsprechend: Poldark hadert und ist grummelig. Elizabeth ist zurückhaltend und liebreizend. Der Cousin ist weich und verwöhnt. Die zwei Hausangestellten Poldarks sind versoffen und faul. Das von Poldark vor Gewalt und Armut gerettete Küchenmädchen Delmelza staunt und ist seltsam. 

Doch mitten in Folge drei endlich entfacht der Funke das Feuer: Die Entwicklungen sind nicht mehr vorhersehbar, die Charaktere brechen aus ihren Klischees aus. Und sogar die Musik wirkt weniger aufdringlich. Ab da ist "Poldark" mehr nur als ein Genuss für die Augen wegen der wunderbaren Landschaft und der gelungenen Ausstattung: Die Serie wird interessant, unterhaltsam, überraschend und relevant. Denn die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen im 18. Jahrhundert, die thematisiert werden, sind unerwartet aktuell: Wie gehen die Habenden mit ihrer Verantwortung für diejenigen um, die fast nichts haben? Zu "Poldarks" Zeit waren das die Arbeiter, die darunter zu leiden hatten, dass das britische Empire mehrere Kriege verloren hatte und die wirtschaftliche Situation schlecht war. Die Arbeiterklasse hungerte, während die Aristokratie dekadente Feste feierte und täglich ausgiebige, mehrgängige Mahlzeiten zu sich nahm.

Die Mischung funktioniert und endlich kann ich verstehen, warum Millionen Briten nun hinfiebern auf Staffel zwei, die Anfang September in Großbritannien laufen soll. Hinzu kommt ein Aspekt, der zwar mit gesellschaftlicher Relevanz nichts zu tun hat, dafür so manches Fan-Herz höher schlagen lässt: In Großbritannien ist Aidan Turners Ross Poldark nämlich kurz davor, eine echte Konkurrenz für Colin Firths Mr. Darcy zu werden. Seine Mit-nacktem-Oberkörper-Gras-mähen-Szene hat bei Publikum und Kritikern eine ähnliche Begeisterung ausgelöst wie die Mr.Darcy-steigt-zum-Abkühlen-in-den-See-Szene aus der mehrteiligen "Stolz und Vorurteil"-Verfilmung der 90er-Jahre. Und weil es so schön war, gibt es zum Abschluss beide Szenen zum Vergleichen.  

Mr. Darcy nimmt ein Bad: 

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Ross Poldark greift zur Sense: 

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"Poldark" ist ab 26. Juli dienstags in Doppelfolgen beim Pay-Sender Sony Entertainment TV zu sehen, bisher ist die Serie bei keinem Streaminganbieter verfügbar. Wer mal reinschnuppern möchte: Die erste Folge gibt's gratis für alle unter www.poldark.de.