Er ist gerade 24 und hat schon seine eigenen Shows. Seit rund zwei Jahren ist Philipp Isterewicz inzwischen regelmäßig bei 1Live zu hören, vorwiegend am Sonntagnachmittag sowie am Freitagabend, wo er zusammen mit Larissa Rieß die Wochenendshow "1Live Go" präsentiert. Manche Hörer kennen Rieß vielleicht aus dem Böhmermann-Universum, Isterewicz hingegen dürfte bis zu seinem Wechsel zur jungen Welle des Westdeutschen Rundfunks nur wenigen ein Begriff gewesen sein. Das liegt weniger an seinem Namen, über den man durchaus mal stolpern kann, als vielmehr an der Tatsache, dass der gebürtige Münchner bis dato vorwiegend bei kleineren Sendern arbeitete.

Ihn und Larissa Rieß eint, dass sich beide zusammen mit weiteren jungen Kollegen erst mal bei 1Live Diggi ausprobieren durften, ehe sie auf die breite Masse losgelassen wurden. "1Live Diggi ist ein tolles Testlabor. Wenn man jung ist und, wie ich, vom privaten Formatradio kommt, dann macht man zwar gutes Radio, allerdings mit einem Fokus auf andere Bereiche: schnelles, dynamisches Moderieren, hotte Fahrweise", sagt Isterewicz im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de und vergleicht seine heutige Arbeit mit der aus seiner Zeit beim Privatfunk. "Bei big FM hatte ich 30 Sekunden Zeit für eine Moderation. Da denkt man nicht viel darüber nach, eine Personality aufzubauen, da muss der Break sitzen."

Diggi existiert bereits seit zwölf Jahren, ist in der Musikfarbe jünger als das Hauptprogramm und zielt nicht zuletzt auf netzaffine Hörergruppen. "Es werden fast ausschließlich Inhalte aus dem Hauptprogramm zweitverwertet, allerdings in einer schnelleren und konzentrierten Version", erklärt Jochen Rausch, der neben 1Live inzwischen auch WDR 2 und WDR 4 verantwortet. Und ganz nebenbei bietet der Digitalsender eben die Möglichkeit, junge Talente an das Hauptprogramm heranzuführen. Seit drei Jahren werden vor diesem Hintergrund vier Stunden pro Tag live produziert, die dann in einer Schleife bis zur nächsten Sendung laufen. Klar, dass hier nicht jeder Fehler sofort zur großen Staatsaffäre aufgeblasen wird.

Die Latte liegt hoch

Schon vor einem Jahr, als wir Jochen Rausch in seinem damaligen Büro im 1Live-Haus besuchten, ging es um die Suche nach Nachwuchs für jenen Sender, dessen Programmchef er im Jahr 2000 wurde. Und obwohl es dem Sender streng genommen nie an guten Moderatoren mangelte, habe es nirgends den Platz gegeben, neue Stimmen auszuprobieren. "Wir haben festgestellt, wie schwer es für uns ist, Nachwuchs zu bekommen", sagte er damals. "Für viele jüngere Leute lag die Latte 1Live - ohne arrogant klingen zu wollen - einfach zu hoch auf. Wir haben ein paar Leuten eine Chance gegeben und sie nach einigen Monaten wieder rausgenommen. Das will man eigentlich nicht. Weder für uns noch für die Kollegen ist das gut, weil die hier völlig enttäuscht vom Platz gehen mit dem Gefühl, rausgeworfen worden zu sein."

Jochen Rausch© WDR/Ludolf Dahmen

Eine weitere Ausdehnung der Live-Strecken sei momentan aber nicht geplant, versichert Rausch. Dennoch halten die Privatsender die Entwicklung für fragwürdig. "Der VPRT beurteilt die Ausweitung des digitalen Programmangebots der ARD-Hörfunkwellen mit Blick auf die Wettbewerbsauswirkungen kritisch. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Hauptprogramme um einzelne Programmbestandteile entkernt und mehr und mehr in digitale Spartenangebote ausgelagert werden", sagt ein Sprecher des Privatsenderverbands gegenüber DWDL.de. Zuletzt machte 1Live von seinem digitalen Ableger aber zumindest reichlich Gebrauch und holte nach bestandener Probezeit viele Stimmen ins Hauptprogramm, nachdem sich der Abschied langjähriger Stars wie Michael Dietz, Christian Terhoeven oder Sabine Heinrich abzeichnete.

Auf diese Weise ist inzwischen etwa Benni Bauerdick regelmäßig bei 1Live zu hören, nachdem der frühere Moderator von Radio Siegen vor genau einem Jahr seinen Diggi-Einstand gab. Und auch Maike Greine gehört mittlerweile zum Moderatoren-Team beider Radiosender. Sie hat einen eher ungewöhnlichen Werdegang hinter sich, weil sie zuvor schon als Autorin für die junge WDR-Welle tätig war. Sie hatte während ihres Wirtschaftsstudiums in Friedrichshafen mitgeholfen, ein kleines Online-Radio aufzubauen und wurde vor fünf Jahren von einem Dozenten von 1Live gefragt, ob sie sich eine Hospitanz vorstellen könne. Sie konnte - und pendelte im letzten Semester wöchentlich rund 500 Kilometer zwischen Uni und Sender. Ungewöhnlich ist ihr Weg auch, weil sie mit ihrem Studium "genauso gut zur Post oder Telekom ins Controlling hätte gehen können", scherzt Greine.