Der WDR will sich beim russischen Botschafter beschweren. Es geht um einen Bericht des russischen Fernsehsenders TW Zentr. Darin war kürzlich behauptet worden, dass der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, daran gehindert worden sei, im stark alkoholisierten Zustand in Kiew eine Passiermaschine nach Moskau zu nehmen, um mit Russlands Präsident Wladimir Putin zu sprechen. Zuvor hatte eine russische Boulevardzeitung über den angeblichen Vorfall berichtet, woraufhin TW Zentrum mit einem TV-Beitrag nachzog. Der Fernsehsender berief sich in seiner Berichterstattung auf die WDR-Hörfunkkorrespondentin Christina Nagel, die sich sich demnach live auf WDR 5 zu dem angeblichen Vorfall geäußert haben soll.

TV Zentr© tvc.ru

Das entspricht allerdings gar nicht der Wahrheit, wie Nagel gegenüber dem Deutschlandradio Kultur erklärte. "Das, was an dieser Geschichte stimmt, ist im Prinzip: Es gibt mich, und es gibt Herrn Poroschenko, aber das ist wirklich alles. Es gab weder einen Anruf von einer angeblich vertrauenswürdigen Quelle, noch so einen Bericht bei uns, weder von mir noch von irgendeinem anderen", sagte Nagel, die mehrere Jahre lang aus Moskau berichtete und inzwischen in Berlin arbeitet. In dem Bericht von TW Zentr ist die Korrespondentin gar nicht zu hören, sondern lediglich ein nachgesprochener Text.

Im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur verweist die Korrespondentin zugleich auf Logikfehler in der verbreiteten Meldung: "Selbst wenn Herr Poroschenko sich entschlossen hätte, spontan nach Moskau zu fliegen, warum sollte er eine Passagiermaschine nutzen und nicht die Regierungsmaschine? Wo sind die Handyfilmchen, wo sind die Augenzeugenberichte? Das sind eigentlich alles Punkte, die dafür sprechen, dass diese Geschichte einfach, sagen wir es mal ganz platt, erstunken und erlogen ist."

Beim WDR zeigt man sich - freundlich formuliert - verwundert über die Geschichte, die von zahlreichen weiteren russischen Medien aufgegriffen worden war. "WDR-Intendant Tom Buhrow wird einen Beschwerdebrief an den russischen Botschafter schicken und der ukrainischen Botschaft eine Richtigstellung übermitteln", sagte WDR-Sprecherin Ingrid Schmitz gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. "Darüber hinaus arbeitet der Sender auf unterschiedlichen Ebenen daran, den Sachverhalt richtig zu stellen. Der WDR schätzt und unterstützt die journalistische Arbeit seiner Korrespondentinnen und Korrespondenten in Moskau ohne Wenn und Aber. Das war immer so und das wird auch so bleiben."